HighWire und Light of Adamas werden ständig weiterentwickelt. Wir haben uns die aktuellen Betas angeschaut.
Das Dilemma, das sich beim Test der beiden Programme stellt, ist deren Versionsnummer, denn sowohl Highwire als auch Adamas werden derzeit als „Betas“, „Release Candidates“ und ähnliches bezeichnet. Dem normalen Atari-Benutzer wird dies vermutlich gleichgültig sein, denn schließlich soll der Atari Online gehen und das möglichst modern.
Nachdem es vor einiger Zeit ein paar neue Browser-Ankündigungen gab, konzentriert sich derzeit dann doch alles auf Highwire und Adamas. „Gulliver“ und „Line of Fire“ sind offiziell nicht veröffentlicht bzw. noch nicht vollständig genug.
Der erste Kandidat ist der Open Source-Browser Highwire. Mittlerweile wird der Browser fast ausschließlich von Ralph Lowinski weiterentwickelt. Wer in der Entwickler-Liste ist, bekommt fast wöchentlich kleinere Updates zugeschickt, das Projekt ist also sehr am Leben.
War anfangs der Fokus darauf gerichtet, eine HTML-Rendering-Engine zu entwickeln, die dann als Basis für einen richtigen Browser dienen soll. Mittlerweile gibt es HighWire aber nur als Browser - wer die Engine für eigene Programme nutzen möchte, muss einiges aus dem Source entfernen. Das ist manchmal etwas mühselig und die zwei Programme, die neben HighWire auf der Engine basieren, sperren deshalb auch eher einige Funktionen, statt sie komplett zu löschen.
HighWire unterstützt seit einiger Zeit sowohl NVDI als auch SpeedoGDOS. Die Fonts werden mit dem Programm Fontlist eingestellt, eine Einstellmöglichkeit im Programm selber wäre sicherlich sinnvoller.
Nach dem Start sieht das Programm schon wie ein richtiger Web-Browser aus. Unter dem Fenstertitel gibt es eine schmale Toolbar, die sechs Icons enthält: Zurück- und Vorwärtsblättern, Neu laden, Öffnen einer Seite, Stoppen des Ladevorgangs und Homepage. In der gleichen Zeile steht auch die URL: ein Klick auf das Feld und eine neue URL kann eingegeben werden.
Ganz unten befindet sich die Statusleiste, in der HighWire die URL des Links anzeigt, über dem sich der Mauszeiger gerade befindet. Außerdem werden dort die Dateien angezeigt, die der Browser gerade lädt. Gleich neben der Statusleiste ist der Resizer. Es gibt nur einen für das ganze Fenster und leider musste das Live-Resizen geopfert werden. Es erscheint statt dessen ein Rahmen. Wird die Maustaste losgelassen, passt HighWire die Seite schnell an die neue Größe an.
HighWire unterstützt derzeit nur den HTML3.2 Standard mit Frames. Letztere können mittlerweile problemlos umgefärbt und verschoben werden, allerdings vergisst Highwire beim verkleinern häufiger, Scrollbalken zu zeigen.
Der Browser kennt auch ein paar einfache CSS-Stylesheet-Angaben. Diese wurden jedoch lediglich eingebaut, weil sie sich bequem auf bekannte HTML-Attribute umlenken lassen.
In den neueren Versionen hat der Browser endlich ein einfaches Cache-Management bekommen. Leider werden Grafiken im Online-Betrieb noch immer nicht angezeigt - daran wird derzeit noch gearbeitet. Immerhin funktionieren schon Hintergrundsounds im Online-Betrieb. Der Inhalt des Caches kann über "about:cache" angezeigt werden.
GIF-Grafiken werden zuverlässig angezeigt und heruntergerechnet. Mittlerweile ist das Programm an die meisten Farbtiefen und Grafikkarten angepasst.
Noch nicht voll funktionsfähig sind Formulare. Selectboxen, Radio- und Checkboxen sowie Buttons funktionieren zwar, aber Eingabefelder sind nach wie vor gesperrt. Damit werden die meisten Formularseiten natürlich ziemlich unbrauchbar.
Neben GIF werden die nächsten Versionen auch JPEG und PNG unterstützen, womit HighWire dann schon fast CAB2.8 erreicht haben sollte. In den Entwicklerversionen wirkt die Einbindung schon vielversprechend. Was Entwickler freuen dürfte: die PureC- und gcc-Version befinden sich auf dem gleichen Stand.
Bei der Internet-Anbindung wurde ebenfalls CAB als Vorbild genommen. HighWire verwendet Overlay-Dateien für die Stack-Anbindung. OVLs gibt es derzeit für STiK/STinG und MiNTNet.
Probleme hat HighWire bei komplexen Tabellenlayouts. So wird etwa SPIEGEL Online nicht richtig angezeigt. Dafür läuft das Programm erstaunlich stabil. Es macht sich hier wohl bezahlt, das verschiedene Programmierer am Code arbeiten und von einigen Testberichte eintreffen.
Eher rudimentär wirken die klassischen Browser-Elemente. Viele Einstellungen müssen noch in der Inf-Datei vorgenommen werden und "Fontlist" zur Einstellung der Schriftarten wirkt auch eher wie eine provisorische Lösung. Die Optionen, die im Programm einstellbar sind, befinden sich alle in den GEM-Menüs. Das ist natürlich alles andere als optimal und vielleicht sollten die Einstellungsdialoge ähnlich wie bei Mozilla mit einer Tag-Sprache generiert werden.
Light of Adamas ist, wie auch der Rest des Draconis-Pakets, inzwischen Freeware. Damit gibt es auch häufiger Mini-Updates, die bei einem kommerziellen Vertrieb so nicht möglich gewesen wären. Wichtigster Schritt für die Weiterentwicklung soll die Version 1.8 sein, die einen komplett neuen HTML-Renderer integriert. Dieser ist wahrscheinlich auch als Vorbereitung auf CSS und eine bessere JavaScript-Einbindung gedacht.
Zum Test stand die Prerelease Version 24 zur Verfügung. Deren Installation ist etwas kompliziert, da erst die Version 1.7pl5 installiert werden muss, bevor die 1.8 darüber installiert wird. Dummerweise geht das nicht einfach mit Entpacken, denn im 1.8-Archiv trägt der Adamas-Ordner den Namen ada18dev. Der Ordner muss also erst umbenannt werden.
Anders als HighWire ist Adamas ein kompletter Browser - schließlich war das Programm auch als solcher von Anfang an geplant. Folglich gibt es saubere GEM-Dialoge, in denen alle Einstellmöglichkeiten untergebracht sind - und das sind nicht wenige. Default-Farben, externe Programme und die Schriftarten können bequem im Programm eingestellt werden. Die Menüs selber werden dadurch entlastet und wirken aufgeräumt. Das gleiche gilt auch für die Dialoge selber, die zwar keine Ausgeburt an Schönheit sind, aber zumindest übersichtlich. Highlight der Einstellungsmöglichkeiten sind unterschiedliche Skins für die Symbolleiste. Skins gibt es mittlerweile eine ganze Menge, größtenteils wurden sie von anderen Systemen konvertiert.
Die Symbolleiste enthält Icons zum Vor/Zurückblättern, "Öffnen, Neu laden, Suchen, Stoppen und Schließen. Letzteres wirkt etwas sinnlos, da es nur wenig Mausweg spart.
Praktisch ist die in die URL-Zeile integrierte History. Ebenfalls gelungen sind die Lesezeichen (bei Adamas: Hotlist), in der die Lieblingsseiten schön strukturiert werden.
Unbestritten ist, das Adamas von den Atari-Browsern den vollständigsten HTML-Parser und -Renderer hat. So werden auch exotische Tags wie <Marquee> (Laufschrift) interpretiert und dargestellt. Durch die Umstellung des Renderers funktionierten in der Testversion noch nicht alle Attribute, aber das wird Schritt für Schritt umgestellt. Die Frame-Unterstützung ist, bis auf die konzeptionell anderen IFrames, vollständig. Ähnlich wie HighWire "vergisst" auch Adamas ab und zu seine Scrollbalken.
Ein Cache brauchte Adamas natürlich nicht, da schon seit langem einer eingebaut ist und Adamas auch im Online-Betrieb Bilder anzeigt. Am Cache gibt es aber auch eine ärgerliche Sache. So kam es einmal vor, das Adamas den Cache nicht fand und auch keinen neuen anlegen wollte. Das Programm meldete sich mit einer wenig aussagekräftigen Alert-Box mit dem Text "Cache?". Hier sollte der Programmierer endlich aufräumen und alle Alert-Boxen verbannen oder sie zumindest mit ordentlichen Texten versehen.
Als Bildformate unterstützt Adamas GIF und JPEG. Animierte GIFs werden auch dargestellt und das wesentlich flüssig als bei CAB. Einzig das PNG-Format fehlt noch.
Der größte Nachteil war - zumindest bei der Testversion -, die Stabilität. So stürzte Adamas auf dem Testsystem (MagiCPC 6.1, NVDI, keine Hintergrundprogramme) schon bei einem Klick auf die URL-Zeile ab. Leider funktionierte auch die Internet-Verbindung über die neue Erweiterung für MagiCPC. Ähnlich wie beim JPEG-Viewer wird dazu eine kleine Erweiterung in den MagiCPC-Ordner gestellt, die dann Anweisungen an Windows weiterleitet. In diesem Fall wird die aktive Internetverbindung des PCs angesprochen.
Ob sich Adamas auf anderen Systemen genau so verhält, konnte nicht festgestellt werden, ist aber eher unwahrscheinlich.
Light of Adamas ist schneller geworden, aber Highwire ist immer noch etwas schneller. Eigentlich ist dies aber auch gleichgültig, denn die größte Bremse stellt das verwendete System dar. So ist auf einem Milan040 mit 65000 Farben durchaus ein Surfen wie auf einem schnellen PC notwendig, während der Falcon über JPEGs ächzt. Besitzer von klassischen Ataris bleibt daher nichts anderes übrig, als auf Grafiken zu verzichten. Auf schnelleren Systemen ist zwischen den Browsern ein Geschwindigkeitsunterschied nur mit der Stoppuhr feststellbar.
Beide Browser sind noch nicht fertig und so stehen Atari-User mit Internet-Zugang vor einer schweren Entscheidung. Highwire ist schnell und stabil, aber es fehlen viele Funktionen. Adamas wiederum kann von der Leistung (JavaScript, unterstützte Tags) durchaus mit Netscape 3.0 mithalten und erreicht so mehr Webseiten als Highwire. Dafür ist der Browser derzeit noch instabil.
Da beide Browser Freeware sind, empfiehlt sich in jedem Fall ein Herunterladen und ausprobieren.
Highwire: http://highwire.atari-users.net
Light of Adamas: http://draconis.atari.org