Love the Machine: Atari Portfolio

1989 veröffentlichte die britische Firma DIP Research einen kleinen tragbaren Computer namens „Pocket PC“. Der Mini-Computer, ausgeklappt etwa so groß wie eine Din-A4-Seite, war nicht der kleinste seiner Zeit, unterschied sich aber von den Pocket-Computern von Sharp, Psion und anderen Herstellern durch die Wahl seines Betriebssystems: DIP-DOS, ein MS-DOS-kompatibles Betriebssystem. Der DIP Pocket PC wurde tatsächlich verkauft, weite Verbreitung erreichte er aber erst, nachdem DIP den PC noch 1989 an Atari lizenzierte.

Der Atari Portfolio sorgte für Aufsehen, die Happy Computer bildete den PC in Originalgröße und neben einer 5 1/4 Zoll Diskette ab und zeigte sich beeindruckt davon, dass im Portfolio ein kompletter PC steckt, inklusive einem großzügig dimensioniertem 256 KB ROM mit Texteditor, Tabellenkalkulation (kompatibel zu Lotus 1-2-3) und Terminverwaltung. Angesichts des kleinen Displays, das lediglich acht Zeilen Text mit je 40 Zeichen gleichzeitig darstellen kann, bezeichnete Gregor Neumann von der Happy Computer die DOS-Kompatibilität mehr als Marketing-Gag. Ein eigenes Betriebssystem wäre sinnvoller gewesen.

Doch gerade diese DOS-Kompatibilität erwies sich als richtiger Schritt: Mit den üblichen Compilern konnten unter DOS Programme für den Portfolio entwickelt werden, Hobby-Programmierer veröffentlichten eine ganze Reihe speziell an den Portfolio angepasster Software. Hinzu kamen kommerzielle Software, die auf vorbespielten „BeeCards“, ursprünglich von Hudson Soft entwickelten Speicherkarten, ausgeliefert wurden. Leere BeeCards fassen bis zu 128 KB, von Drittherstellern wurden bis zu 4 MB große Karten angeboten, für die aber eine Treibersoftware notwendig war.

Üppig war auch das Zubehörangebot. Von Atari selbst gab es außer einer Speichererweiterung (256 KB), BeeCards und einem parallelen und seriellem Interface noch das Card Drive zum Anschluss an den PC. Doch erst die Dritthersteller holten alles aus dem kleinen Portfolio heraus: CompactFlash-Adapter, Datenlogger, Blutdruck-Messer oder ein Mini-Drucker fanden Anschluss an den „PoFo“. Hinzu kamen Basteleien wie eine Hintergrundbeleuchtung für das Display. Empfehlenswert ist besonders ein Adapter für die auch heute noch erhältlichen CompactFlash-Karten, da sich mit ihnen am komfortabelsten Software auf den Portfolio übertragen lässt. Das Card-Laufwerk von Atari, mit dem die BeeCards direkt gelesen werden, ist keine gute Wahl, da heutige PCs nicht mehr über ISA-Slots verfügen.

Der Portfolio wurde ab 1989 für 800 DM verkauft und war damit deutlich günstiger als der ähnliche, aber ungleich leistungsfähigere Poqet PC. DIP arbeitete weiter an Palmtop-PCs, Atari war jedoch an den Portfolio-Nachfolgern nicht interessiert. Als legitimer „Portfolio 2“ kann der Sharp PC-3000/3100 bezeichnet werden, der wie der Portfolio sein ROM und RAM als Laufwerk verwaltet, mit AA-Batterien betrieben wird und mit dem Organizer-Softwarepaket von DIP ausgestattet ist. Display (volle CGA-Auflösung) und Tastatur wurden deutlich verbessert. Dafür verbrauchte der PC-3000 mehr Strom und war weniger handlich. Auch andere Geräte litten entweder unter ihrem hohen Preis oder geringer Batterielaufzeit.

Wie diverse andere Atari-Hardware fand auch der Portfolio viele neue Besitzer, als es mit der Firma Atari längst vorbei war: Auf den späten Atari-Messen der 90er wurde der Portfolio inklusive Software und Card-Drive verramscht. Die Atari Inside und besonders der Portfolio Club Deutschland unterstützten Alt- und Neu-Besitzer des kleinen PCs.

eBay-Kurs: Der Atari Portfolio ist keine seltene Atari-Hardware und taucht häufig auf eBay auf. Mit 20 Euro ist in etwa für ein Gerät ohne Verpackung und Zubehör zu rechnen, mit Speicherkarten und Zubehör etwas mehr. Zubehör von Drittherstellern wird nur selten auf eBay angeboten.


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 08 / 2014, Seite

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