Kleben mit der Maus: Schaltungsentflechtung mit dem PCB-Editor

Der Computer soll dem Menschen Arbeit abnehmen und erleichtern. Im Falle der elektronischen Schaltungsentflechtung erlaubt er dem Anwender, die langwierige Zeichen- und Klebearbeit von der Folie auf den Computerbildschirm zu übertragen. Daß viele Systeme die Entflechtung per Autorouter übernehmen, ist eine altbekannte, aber auch kritisierte Weisheit.

Speziell bei den Low-Cost-Routsystemen widersprechen die durch den Computer gerouteten Leiterbahnen den primitivsten Forderungen nach effizienter, hochfrequenztauglicher Leiterbahnführung. Ebenso steigt die Anzahl der Durchkontaktierungen — im Vergleich zu »Hand gerouteten« — durchschnittlich um das Eineinhalbfache. Doch gibt es mittlerweile auch hervorragende Layoutsysteme, die ohne weiteres die geforderten Eigenschaften erfüllen. Der Anwender muß allerdings ein kleines Übel in Kauf nehmen: Ein solches Programm ist unter einem vierstelligen Betrag nicht zu haben. Diese Programme (z.B. PCDS von HP) arbeiten bei der Gestaltung der Platine mit speziellen Rout-Algorithmen.

Die Konkurrenz bietet viel

Für die MS-DOS-kompatiblen Rechner gibt es schon seit geraumer Zeit relativ gute Layout-Programme in der unteren Preisklasse (bis ca. 900 Mark). Erwähnt seien nur die bekanntesten: »Ardiane« (mit Autorouter) und Boardstar (Autorouter im Zusatzpaket).

Bis vor kurzem fanden Sie für den Atari ST außer dem von Data-Becker vertriebenen Programm »Platine-ST« und dem etwa 3000 Mark teuren »Habacad« kein Layout-Programm auf dem Markt. Doch nachdem sich das Ansehen des ST zu wandeln beginnt (siehe DTP etc.), ist plötzlich auch hier mehr semiprofessionelle Software erschwinglich geworden.

Zu unserem Testprogramm...

Der MPK Printed Circuit Board-Editor (PCB-Editor) von Marek Petrik stand uns in seiner Version 4.2F-Standard zur Verfügung. Preislich hält sich dieses CAD-Programm mit 275 Mark für die Standardversion in der unteren Preisklasse dieses Softwarezweiges auf. Für die »Long-Version« (Leiterplatten bis zu einer Größe von 135 x 358 mm), die speziell für Entwickler von PC-, XT-, AT-Einschubkarten gedacht ist, müssen Sie einen Betrag von 346 Mark auf den Tisch legen. Das Softwarepaket besteht aus Handbuch und einer (bei der Standard-Version) oder zwei doppelseitigen Disketten, Registrierkarte und Lizenzvereinbarung. Der Hersteller verzichtete auf einen Kopierschutz. Auf der Diskette befinden sich das Layoutprogramm, das Druckprogramm, eine Demoplatine, verschiedene Public Domain- Zusatzprogramme sowie einige Beispielprogramme mit Source-Code zur Gestaltung eigener Hilfssoftware. Der PCB-Editor arbeitet interaktiv, das heißt ohne Autorouter. Bei diversen Anwendungen (z.B. Digitaltechnik im niederfrequenten Bereich) erhöht das Fehlen des Autorouters mit Sicherheit den Arbeitsaufwand. Doch sollten Sie geschwindigkeitskritische und analoge Schaltungen, die in den Bereich der Hochfrequenz hineinreichen, sowie Aufbauten, die hohe Ströme benötigen, ja ohnehin per Maus routen. Für den Preis dieses Programmes wäre ein guter Autorouter zuviel verlangt. In unserer Standardversion können Sie doppelseitige Leiterplatten bis zu einer Größe von 203 x 240 mm bearbeiten.

Bild 1. Leider erzeugt der PCB-Editor solche Ausdrucke nur mit einem 24-Nadel-Drucker
Bild 2. So sieht der typische Arbeitsbildschirm des PCB-Editors aus

Grundsätzliches zum PCB-Editor

Bevor wir mit der Programmbeschreibung beginnen, noch einige grundsätzliche Daten zu dieser CAE-Software. Das Programm arbeitet voll Maus-gesteuert in der hohen Monitorauflösung. Es setzt einen ST voraus, der über mindestens 1 MByte Speicherplatz verfügt und das Betriebssystem in ROMs besitzt. Der Ausdruck erfolgt ausschließlich über 24-Nadel-Drucker. Die maximale Auflösung beträgt 180/Inch. Bei der Verlegung der Leiterbahnen wählen Sie zwischen drei verschiedenen Stärken sowie unterschiedlichen Winkeln. Auch stehen drei verschiedene Formen der Lötaugen zur Verfügung. Auf Wunsch füllt das Programm die Lötaugenmittelpunkte aus und druckt einen Bohrplan aus.

Diskette rein und die Reset-Taste gedrückt. Der Bildschirm meldet sich ungewohnterweise in Weiß-auf-Schwarz-Einstellung. Ein Blick ins Handbuch erläutert, daß dem Programmautor bei längerem Arbeiten diese Darstellungsart augenschonender erscheint. Er weist aber darauf hin, daß mit Hilfe des Control-Accessories die gewohnte Schwarzweiß-Umgebung leicht wiederhergestellt werden kann. Ein Doppelklick startet das MPKPCB42.PRG, und es eröffnet sich zuerst ein Programmautorvermerk und die Versionsnummer des Programmes. Nach einem weiteren Mausklick erscheint der Editor. Der Bildschirm teilt sich nun in zwei Bereiche auf. Auf der rechten Seite finden Sie eine Spalte mit sämtlichen Funktionen und Einstellungen, der Rest des Bildschirmes bildet mit einem Fadenkreuzcursor den Arbeitsbereich. Da Sie im Arbeitsbereich nur immer einen Teil der gerade bearbeiteten Platine sehen, scrollen Sie durch Positionierung des Cursors am entsprechenden Bildschirmrand das Arbeitsfeld. Dies geschieht in annehmbarer Geschwindigkeit.

Umfangreiches Programm-Menü

Alle Einstellungen nehmen Sie mit der Maus vor. Neben dem Hauptmenü steht Ihnen noch das Load-Save-Menü zur Verfügung. Unsere Version verfügt allerdings bereits über ein überarbeitetes Load-und Save-Programm. Sie erreichen dieses Programm durch die Taste < 3 >. Diese Art Erweiterungen zu implementieren, erscheint uns etwas fragwürdig.

Neben Funktionen zum Umschalten zwischen den zu bearbeitenden Platinenseiten bietet das Programm noch einige interessante Fähigkeiten wie etwa die Einblendung verschiedener Raster zur Definition der Bauteile und zur Verlegung der Leiterbahnen. Hier stehen 10/Inch, 20/Inch, 60/Inch und 180/Inch zur Auswahl. Mit einer Help-Funktion zeigt Ihnen das Programm die kritische Distanz zwischen zwei Leiterbahnen an. Maximal können Sie zwei Leiterbahnen zwischen den Lötaugen (2.54 mm Abstand) verlegen.

Die Menüs Options und Setups

In dem Menü Setups legen Sie grundlegende Einstellungen für die Maus- und Bildschirmaktivitäten fest. Die Koordinaten zeigt das Programm wahlweise in relativem oder absolutem Abstand an. Ebenso stellen Sie die Scrollgeschwindigkeit des Arbeitsfensters und die Einblendung eines Rastergitters ein.

Aktivieren Sie die Zoomfunktion, so sehen Sie bei allen Arbeiten in einem kleinen Seitenfenster ein vergrößertes Umfeld des Cursorbereiches. Als letzte Einstellung definieren Sie hier die Sichtbarkeit beider Platinenseiten. Dieser Menüpunkt funktioniert allerdings nur beim Setzen der Lötaugen.

Das Menü Options bietet Ihnen wichtige Funktionen zur Bildschirmmanipulation. Diese reichen vom ausschnittweisen Kopieren der Löt- oder Bestückungsseite der Platine über Füllfunktionen zur Erzeugung von Masseflächen bis hin zu verschiedenen Löschfunktionen. Hier stellt das Programm auch eine Funktion zur Erzeugung von Makrobibliotheken bereit.

Das Programm stellt zwei zusätzliche Arbeitsbereiche im Screenformat zur Verfügung. In diese beiden Screens können Sie Platinenausschnitte (Bauteildefinitionen) hineinkopieren und wieder auslesen. Als Speicherformat verwendet PCB-Editor das normale Screenformat. Dies erlaubt eine Nachbearbeitung mit anderen Zeichenprogrammen.

Gewöhnungsbedürftige Bauteilebibiiotheken

Zur Beschriftung der Platine ist ein Zeichensatz als Bibliothek vorhanden. Anlaß zur Kritik gibt es dennoch: Zum einen kann es passieren, daß bei einer Nachbearbeitung mit einem anderen Programm (dies ist zumeist notwendig, da Dreh- und Zoomfunktionen hier leider fehlen) die Rastermaße nicht mehr mit denen der Platine übereinstimmen und die Bauteildefinitionen somit nicht mehr in die Platinenrasterung passen. Zum anderen bietet das Programm keine Möglichkeit, einen Bestückungsplan auszugeben. Abhilfe könnte der Hersteller durch eine solide Bibliotheksverwaltung mit implementiertem Zeichenprogramm schaffen. Sinnvoll wäre es auch, die Umrisse der einzelnen Bauteile explizit auf der Platine erkennbar zu machen. Für ein ordentliches Layoutprogramm sollte eine Bauteileverwaltung ebenfalls nicht fehlen. Doch das Programm läßt dem kreativen Anwender ein kleines Türchen offen, denn es erlaubt das nachträgliche Starten von bis zu sieben Zusatzprogrammen. Als Beispiel finden Sie auf der Diskette einige Programme im C-Source-Code.

Was nützt ein Layoutprogramm, wenn der Ausdruck der fertigen Platine keine ausreichende Qualität aufweist? Der PCB-Editior verfügt nur über 24-Nadel-Druckertreiber. Daß die 9-Nadel-Drucker-Besitzer im Abseits bleiben, ist bedauernswert. Ein Druckprogramm, das 9-Nadler unterstützt, wäre wünschenswert — und sei es nur, um einen Ausdruck im Maßstab 2:1 anzufertigen.

Dem Benutzer stehen verschiedene Druckmodi zur Verfügung. Für die schnelle Kontrolle der gerouteten Platine ist der Ausdruck im Maßstab 1:1 mit verminderter Druckqualität praktisch. Für die endgültige Version der Platine erfolgt dann im Maßstab 2:1 oder 1:1 ein Ausdruck in hoher Qualität (siehe Demoplatine Bild 1). Der Druckertreiber ist NEC P6-, P7-kompatibel. Doch weist der Autor im Handbuch ausdrücklich darauf hin, daß bei einem Ausdruck mit dem NEC P2200 Probleme entstehen können. Unser Bild 1 druckte ein NEC P6 aus.

Die auf der Diskette gespeicherten Public Domain-Programme stellen eine große Hilfe für den Anwender dar. Zur Auswahl steht ein Programm zur Konvertierung von Platine-ST-Dateien in das PCB-Format, ein universeller Druckertreiber, der mit allen gängigen 24-Nadel-Druckern arbeiten soll, und ein Programm, das die PCB-Layouts in das Screenformat umwandelt.

Die mitgelieferte Dokumentation ist ausführlich und gibt dem Anwender etliche Tips zur richtigen Platinenentflechtung. Speziell die Handhabung der Druckertreiber erklärt die Beschreibung erschöpfend. Unschön wirkt sich allerdings die Heftung des Handbuches aus. Da es mit der Einführung in die Ursprungsversion beginnt, veranlaßt es den Leser immer wieder mit Verweisen auf spätere Seiten zum lästigen Blättern.

Erweiterte Version: PCB-Editor II

Der PCB-Editor bietet alle nötigen Funktionen, um auch umfangreichere Layoutprojekte ohne Probleme zu gestalten. Inzwischen bietet MPK auch eine erweiterte Version des PCB-Editors unter dem Namen PCB-Editor II zum Preis von 723 Mark an. Der hier vorgestellte PCB-Editor bleibt jedoch weiterhin im Lieferprogramm. Die erweiterte Version bietet unter anderem DIN-gerechte Schaltplanentwicklung und ein verbessertes Druckprogramm. Einen ausführlichen Test dieses eigenständigen Programms finden Sie in einer der nächsten Ausgaben des ST-Magazins. (uw)

Wertung

Name: PCB-Editor
Preis: 276 Mark
Hersteller: MPK

Stärken:
□ doppelseitige Layouts □ verschiedene Raster wählbar □ verschiedene Leiterbahnbreiten und Lötaugen □ Zoomfunktion □ Druckertreiber im Quellcode

Schwächen:
□ unterstützt nur 24-Nadel-Drucker □ Handhabung der Bauteilebibliotheken □ fehlender Autorouter

Fazit:
für semiprofessionelle Ansprüche geeignet

MPK, Marek Petrik, Vogelsbergs tr. 13, 3550 Marburg 7


Hans Hoffmann
Aus: ST-Magazin 06 / 1989, Seite 53

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