Soundmachine II ST

Ab sofort gibt es die »Soundmachine« ST von Tommy Software in neuer Version. Wir testen exklusiv, was »Soundmachine II« seinem Vorgänger voraus hat. Als erstes fällt der gründlich überarbeitete Editor auf. Mit Maus oder 'Tastatur setzen Sie die einzelnen Notenwerte sowie Pausen, Vorzeichen etc. Neu sind 1/32 Noten und Triolen. Über Tastenkombinationen blättern Sie durch die drei Notenzeilen, die zusammen maximal 14000 Zeichen aufnehmen. Für größere Operationen sind jetzt auch Blockkommandos vorhanden. Der Tastaturpuffer läuft leider immer noch nach und macht das Blättern bei längeren Passagen zum Geduldspiel. Trotzdem erweist sich das Arbeiten mit dem Editor insgesamt als problemlos und komfortabel. Allerdings vermissen wir eine Funktion zum Ansteuern des Programms per MIDI-Instrument. So kommen Sie nicht umhin, alle Noten per Hand einzugeben.

Neben den üblichen Notenzeichen gibt es Steuercodes, die den Musikablauf kontrollieren. Dadurch springt das Programm beispielsweise zu Labels oder Unterroutinen. Sogar bedingte Verzweigungen sind erlaubt. Über die Steuercodes erzeugen Sie musikalische Effekte, die sonst nur sehr schwer zu verwirklichen wären. Ein »T« etwa transponiert die Notenhöhen eines Tonkanals, ein »P« bewirkt ein Portamento - dabei erreicht ein Klang nicht sofort seine Soll-Tonhöhe, sondern nähert sich dieser erst langsam.

Wie sein Vorgänger stellt Soundmachine II drei Stimmen zur Verfügung. Es erzeugt die Klänge nicht direkt mit dem Soundchip, sondern mit Hilfe digitalisierter Sounds, sogenannter Samples: Im Lieferumfang enthalten sind 50 Samples für unterschiedliche Instrumente, vom Cembalo bis zum Schlagzeug. Bis zu 16 davon können Sie in einem Musikstück verwenden, selbstverständlich in allen Tonhöhen. Mehrere Samples lassen sich in einer Ablaufliste zusammenfassen, Shapelist genannt. In diesen Shapes arrangieren Sie den Einsatz der Instrumente. Für die Shapelists existiert ein eigener Editor, der allerdings die Nerven durch seinen ständig blinkenden Mauszeiger beansprucht. Hier geben Sie für jeden Taktschritt die aktiven Samples an. Auf Wunsch verschieben Sie auch die Tonfrequenz - so erzeugen Sie beispielsweise Vibratos. Durch Kombination verschiedener Klänge erreichen Sie besondere Effekte und rufen diese im Notenblatt durch Angabe eines Steuercodes auf.

Pro Kanal erklingt immer nur ein Shape. Um trotzdem zu mehr als drei Stimmen zu gelangen, enthalten einige Samples bereits Dur- und Moll-Akkorde, die die Begleitung übernehmen. Einen weiteren Weg, Klänge zu mixen, eröffnet das mitgelieferte Drumcomputer-Programm »Beatmachine«. Mit der Beatmachine kombinieren Sie bis zu sieben Instrumente zu einem Kit. Als Parameter bestimmen Sie das Spieltempo in bpm (beats per minute) sowie die Anzahl der Taktschläge. In einem Raster legen Sie mit der Maus fest, welches Instrument wann und wie laut loslegt. Soundmachine speichert das Kit in Form eines Arrangements und verarbeitet es wieder als einzelnen Sample. Fetzige Rhythmen lassen sich so sehr einfach programmieren. Wem die mitgelieferten Instrumente nicht reichen, der erwirbt eine zusätzliche Soundlibrary, die weitere 50 Samples enthält. Billiger ist es jedoch, sich die digitalen Klänge selbst herzustellen. Dazu brauchen Sie einen 8-Bit-Soundsampler, der seine Samples im Byteformat ablegt. Mit Hilfe eines Konvertierungsprogramms übernehmen Sie die Pattern in die Soundmachine. Allerdings dürfen die Sounds nicht zu lang sein: Mehr als 32 KByte für einen Sample verkraftet das Programm nicht.

Fertige Songs ertönen entweder über den Monitorlautsprecher oder über einen separat erhältlichen D/A-Wandler. Letzterer verbessert die Tonqualität deutlich. Es gibt aber für die Musik noch einen weiteren Verwendungszweck: Nach einem Klick auf den Menüpunkt »Compile Song« legt Soundmachine die Daten in einem Format ab, das GEM verarbeitet (über dosound(1), XBIOS 32) - ähnlich, wie das auch schon »MUSIX 32« tat. Somit binden Sie die Songs mühelos in eigene Programme ein. Wie das funktioniert, erklärt das Handbuch anhand mehrerer Beispiele für Basic, Pascal und C. Damit die compilierten Songs nicht zuviel Diskettenplatz belegen, staucht sie einen Kompressor auf ca. 30 bis 50 Prozent ihrer ursprünglichen Länge zusammen. Das Entpacken erfolgt dann in Sekundenschnelle. Für Software-Entwickler bietet Tommy-Software übrigens gegen eine geringe Schutzgebühr einen separaten Linker an, der die Einbindung in eigene Programme weiter erleichtert.

Bei der bisherigen Soundmachine bremste die Musik die Programme zum Teil erheblich ab, denn das Abspielen der Samples verbrauchte wertvolle Rechenzeit. Deshalb waren die Songs zwar gut geeignet, um ein Titelbild zu untermalen, für eine ständige Hintergrundmusik, etwa bei Spielen, reichte es aber meist nicht. Anders bei Soundmachine II: Ein mitgeliefertes Programm, das sich hinter dem Namen »Mini-Soundmachine« verbirgt, umgeht dieses Problem. Die Bezeichnung Mini ist dabei ein Understatement, denn das Programm kann fast dasselbe wie sein großer Bruder. Auch die Editoren sind identisch. Der einzige Unterschied liegt in der Methode, die den Sound erzeugt: Die Mini-Soundmachine kennt keine Samples, sondern simuliert deren Klang durch die »normale« Tonausgabe des Soundchips. Den Ablauf legen aber nach wie vor die Shapelists fest. Das Fehlen der Samples erfordert etwas Umdenken beim Anfertigen der Ablaufliste, aber auch daran gewöhnt man sich. Bei geschickter Programmierung ist kein Qualitätsverlust zu hören. Dafür ist aber der Prozessor entlastet, denn er muß sich nicht mehr um die Verwaltung der Samples kümmern. Das Ergebnis: Die Programme laufen trotz Musikbegleitung in ihrer ursprünglichen Geschwindigkeit. Ein mitgeliefertes Demo beweist diesen Effekt sehr eindrucksvoll.

Ebenfalls überarbeitet wurde das Handbuch. Bot es das letzte Mal noch Anlaß zu heftiger Kritik, so haben die Autoren inzwischen dazugelernt: Die Erklärungen sind nun wesentlich ausführlicher, was besonders Einsteigern zugute kommt. Die Autoren erklären die Funktionen des Programms sorgfältig anhand von Beispielen. Viele Tips, mit denen man aus der Soundmachine auch das Letzte herausholt, runden die Beschreibung ab. Daß trotzdem noch einiges nicht auf Anhieb verständlich ist, liegt am etwas konfusen Aufbau. Störend fielen auch die zahlreichen Druckfehler auf.

Auf das Handbuch werden Sie öfters zurückgreifen, denn alle Fehlermeldungen von Soundmachine erscheinen nur als. Zahlencode, deren Klartext Sie erst nachschlagen müssen. Diese Methode soll wohl Raubkopierer abschrecken leider auf Kosten der ehrlichen Kunden. Insgesamt hinterließ Soundmachine II wie sein Vorgänger einen exzellenten Eindruck. Einige Kritikpunkte, die die erste Version noch bot, sind nun beseitigt. Für professionell klingende Soundeffekte und Musikstücke bietet Soundmachine II alle Voraussetzungen. Nicht nur Programmierer haben daran ihre Freude. Soundmachine II kostet 199 Mark, Besitzer der Soundmachine I erhalten für 99 DM ein Update. (tb)

Name: Soundmachine ST II
Preis: 199 Mark
Hersteller: Tommy-Software

Stärken: * viele Sounds werden mitgeliefert komfortabler Noteneditor * vorhandene Samples lassen sich zu neuen kombinieren * im Hintergrund ablaufende Sounds belegen keine Rechenzeit

Schwächen: * Fehlermeldungen nur als Zahlencodes * Tastaturpuffer läuft nach * keine MIDI Ansteuerung

Fazit: Hervorragendes Musikprogramm, mit dem Sie bei geringem Aufwand tolle Ergebnisse erzielen


Marc Kowalsky
Aus: ST-Magazin 10 / 1989, Seite 56

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