Megabytes im fliegenden Wechsel

44 MByte für 300 Mark — die neuen Massenspeicher-Stars machen’s möglich. Mit einer Wechselplatte bekommt man Datenmengen zu Spottpreisen, allerdings sind noch einige Schwierigkeiten zu meistern.

Hans Hoffmann, Wolfgang Klemme

Festplatten sind out, Wechselplatten sind in. In den letzten zwei Jahren haben die »guten alten« Festplatten mit einer durchschnittlichen Speicherkapazität von 20 bis 30 MByte viele Freunde gefunden. Die ständig fallenden Preise der Original-Atari-Platten, Billiglösungen wie der Selbstbau-OMTI-Controller für PC-Platten am ST oder die seit einiger Zeit stark im Kommen befindlichen SCSI-Platten haben für eine große Verbreitung dieses Mediums gesorgt. Doch wie so oft stoßen viele Anwender jetzt wieder an die Grenzen der Speicherkapazität. Eine zweite, vielleicht größere Festplatte muß her, oder...

Sinnvolle Alternative zur Festplatte

Statt immer mehr Festplatten anzuhäufen, bietet sich dem Datensammler eine sinnvolle Alternative — die Wechselplatte. Die Bedienung ist eine Mischung aus Disketten- und Festplattenbetrieb. Jede Wechselplatte verhält sich wie eine »normale« Festplatte, bietet also in der Größe frei bestimmbare Partitionen. Dazu haben Sie die Gelegenheit, die Kassette bei laufendem Computer zu wechseln und so auf andere Daten zuzugreifen — wie bei einem Diskettenlaufwerk.

Sinnvoll ist der Einsatz von Wechselplatten vor allem als Ergänzung zu einer bereits vorhandenen Festplatte. Sie erweitert die vorhandene Speicherkapazität pro Kassette um 44 MByte und dient gleichzeitig als akzeptables Backup-Medium. Auch die Übertragung großer Datenmengen oder vollständiger Arbeitsumgebungen von einem Computer zum anderen ist via Wechselkassette problemlos zu realisieren. Ist die Wechselplatte als bootfähig eingerichtet, tauschen Sie z.B. bei laufendem Betrieb die Kassette mit den Textverarbeitungen gegen die Calamus-Umgebung, geben einen Reset und finden die neue Arbeitsumgebung vor. Doch auch ohne Reset funktioniert der Zugriff auf die neue Kassette. Allerdings sind dann die Laufwerk-Icons noch mit den alten Namen versehen.

Arbeiten Sie ständig mit mehreren verschiedenen Arbeitsumgebungen, z. B. Programmentwicklung mit Compilern etc. und Grafikstation mit Zeichenprogrammen und DTP, dann ist der alleinige Einsatz einer Wechselplatte ebenfalls sinnvoll. Problematisch ist hier das Täuschen größerer Datenmengen über mehrere Kassetten. Der Umweg über Disketten ist dabei sehr langwierig.

Natürlich ist die Entscheidung »Wechselplatte oder Festplatte« auch eine Kostenfrage. Haben Sie ein ständig steigendes Datenaufkommen, z.B. im Bereich Grafik-, Animations- oder Musikproduktion, dann sind Wechselplatten sicher eine sehr gute Wahl. Es ist ein reines Rechenexempel, den kostengünstigeren Weg zu gehen. Eine Wechselplatte kostet zur Zeit etwa 2000 Mark, dabei ist immer eine Kassette enthalten. Jede weitere Kassette kostet ca. 300 Mark. Zum Vergleich, eine 40-MByte-Festplatte liegt bei etwa 1500 Mark. Spätestens ab der zweiten Kassette ist die Wechselplatte also bereits preiswerter. Dazu sollte man den sicher wieder eintretenden Preisverfall bedenken. Die Festplatten sind auf die Hälfte ihres Preises gefallen, bei den Wechselplatten wird sicher ebenfalls bald eine entsprechende Entwicklung stattfinden. Bedenkt man, daß die original Atari-Wechselplatte, die Megafile 44, offiziell 2400 Mark kostet, ist der Preis der Fremdanbieter mit 2000 Mark bereits deutlich günstiger.

Die steigende Verbreitung der Wechselplatten im letzten halben Jahr zeigt deutlich den Trend zu diesem Massenspeicher. Wir wollen Ihnen deshalb in den nächsten Ausgaben immer wieder eine Wechselplatte vorstellen und die Geräte sowie die benötigte Software unter die Lupe nehmen. Dabei möchten wir auch gerne auf Ihre Erfahrungen zurückgreifen. Haben Sie bereits mit einer Wechselplatte, vielleicht nicht nur am ST zu tun gehabt? Wie ist Ihre Meinung über diesen Massenspeicher? Schreiben Sie uns, wir würden uns über eine lebhafte Diskussion zu diesem Thema freuen. Den Anfang unserer Vorstellungsreihe macht die Wechselplatte der Firma Frank Strauß Elektronik. Seit einiger Zeit hat FSE eine neue Serie von Massenspeichern im Angebot. Vom Dis-ketten-Laufwerk bis zur Wechselplatte ist hier alles vertreten. Über einen Zeitraum von fast drei Monaten stand uns eine solche »Sycologic«-Wechselplatte zur Verfügung. Sie hatte zwar noch nicht das endgültige Gehäuse, was dem Betrieb allerdings in keinster Weise Abbruch tat. Inzwischen ist auch das endgültige Gehäuse (siehe Bild) bei uns eingetroffen.

Die 44-MByte-Festplatte der Firma Trinology-Serie von FSE stellt schon rein äußerlich ein konsequent durchkonstruiertes Produkt dar. Ihre Gehäuseabmessungen passen exakt zur Mega ST-Serie und vervollständigen somit den ST-Turm. Unschön wirkt allerdings, daß die Gehäusekanten an der Stirnseite überstehen und somit von der »runden ST-Linie« abweichen.

Das etwas kantige Gehäuse der Syncologic-Wechselplatte von FSE weicht von der »runden ST-Linie« ab, ein Preis der soliden Verarbeitung

Die Wechselplatte ist an der Frontseite zu entnehmen und — wie üblich bei diesem Konzept — über einen Sicherungsknopf und einen Hebel bedienbar. An der Gehäuserückwand befinden sich die gewohnten Schnittstellen DMA-In und ein durchgeschleifter DMA-Out-Bus. Ebenfalls an der Rückwand erreichbar ist der Schalter, über den man die Port-Nummer einstellt. Das SyQuest SQ 555-Laufwerk erreicht nach unserer Messung eine Datenübertragungsrate von 498 KByte bei einer mittleren Zugriffszeit von 41 ms.

Ein Blick unter die Haube bzw. in das Gehäuse offenbart neben dem eigentlichen Wechselplatten-Laufwerk ein relativ groß bemessenes Netzteil und das Interface. Dieses ist — wie man unschwer an der oben befestigten Batterie erkennt — mit einer Echtzeituhr ausgestattet.

Zumindest die Nicht-Mega-ST-Besitzer wissen ein solches Interface bestimmt zu schätzen. Erstaunlich ist jedoch, daß die gesamte Interface-Platine trotz der mittlerweile üblichen PAL- bzw. Galtechnologie immer noch die Ausmaße von ca. 16 x 10 cm hat. Software vom Feinsten packt FSE mit der ICD-Treibersoftware zur Platte. Zwei randvolle (einseitige) Disketten mit Formatier-, Kopier-, Save-und... -Programmen, die durch ihre Qualität überzeugen, erlauben es dem Anwender, seine Platte genau den gewünschten Erfordernissen anzupassen. Probleme gab es mit der Software nicht, alle getesteten Komponenten liefen fehlerfrei. Die mit dieser Software präparierte Kassette ließ sich auch problemlos in einer Atari Megafile 44 betreiben, genau wie umgekehrt eine dort formatierte Kassette im FSE-Laufwerk klaglos seinen Dienst tat.

Alles in allem bietet die Wechselplatte von FSE ein geeignetes Medium für Leute, die (nicht zuletzt wegen der beigefügten »Software-Masse«) leicht und anwenderfreundlich mit großen Datenmengen umgehen wollen. Damit schließen wir unsere Wechselplatten-Vorstel-lung für diesen Monat. Beim nächsten Mal werfen wir einen Blick auf den Sideloader der Firma Vortex. (wk)

Wertung

Name: Syncologic-Wechselplatte
Preis: 1998 Mark
Kapazität: 44 MByte
Datenübertragungsrate: 498 KByte
Länge des DMA-Kabels: 50 cm
Zugriffszeit: 41 ms
Laufwerk: SyQuest SQ 555

Stärken: □ solide Verarbeitung □ durchdachtes Konzept □ sehr gute Software beiliegend □ Echtzeituhr

Schwächen: □ Zugriffszeit □ kantig vorstehende Gehäuseecken

Fazit: die richtige Wechselplatte für alle, die auf flexible Erweiterungen ihrer Speichermedien setzen



Aus: ST-Magazin 02 / 1990, Seite 40

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