Tabellenkalkulation K-Spread: Zahlenfresser mit kleinen Schwächen

Die britische Tabellenkalkulation »K-Spread« präsentiert sich mit neuem Gesicht. Wir wollten wissen, ob das längst fällige Update 4.0 des Erfolgsprogramms den gewachsenen Ansprüchen der ST-Anwender auch wirklich gerecht wird.

Tabellenkalkulationen gehörten zu den ersten Programmen, die es für den ST gab. Zeitgleich mit »VIP-Professional« aus den USA erschien Anfang 1986 K-Spread. Beide sind Lotus-kompatibel doch im Gegensatz zum amerikanischen Produkt war K-Spread bereits damals vollständig in GEM eingebunden und damit der Konkurrenz um Längen voraus.

Doch in den letzten Jahren wurde es etwas still um das britische Softwarehaus Kuma. Die Versionen K-Spread 2 und 3 erweiterten das Produkt zwar um wichtige Funktionen, wie z.B. einen wunderschönen Busineßgrafikteil, aber dann war erst mal Pause. Schließlich hatte man ja schon eine Menge vorgelegt: So bot K-Spread 3 bereits anwenderdefinierte Funktionen und vieles mehr: Beliebig viele Tabellen können sich gleichzeitig im Speicher befinden, Tabellen darf man beliebig miteinander verknüpfen und ein ausgeklügelter Paßwortschutz sorgt bei sensiblen Daten für die nötige Sicherheit. Eine integrierte Datenbank kann auch heute noch nicht jeder Konkurrent bieten und die Stringauswertung mit mehrstufigen Sortiermöglichkeiten war schon damals vorbildlich.

Diverse Fenster

Das neue K-Spread 4 ist immer noch eine echte GEM-Applikation. Da es komprimiert gespeichert ist, belegt das Programm auf der Festplatte nur 275 KByte. Nach dem Start entpackt es sich selbst — eine sinnvolle Einrichtung, wenn jemand keine Platte hat. Wie es sich für ein sauberes GEM-Programm gehört, kommt das Programm mit allen Auflösungen zurecht. Vier Icons für Diskettenlaufwerk, Drucker, Klemmbrett und Papierkorb erleichtern die Bedienung. Ähnlich, wie bei Wordplus gibt es am unteren Bildschirmrand eine Leiste, in der Funktionstasten sowie deren Zweck dargestellt sind. K-Spread arbeitet mit zwei Zellzeigern, die leider nicht synchron laufen. Dadurch ist der Umgang mit dem Programm etwas gewöhnungsbedürftig. Eine Tabelle darf maximal 8192

Zeilen lang sein und jeweils 256 Spalten umfassen. Der Zahlenbereich erstreckt sich von -1 * 10308 bis 10308. Damit können auch sehr große Tabellen mit praktisch beliebigen Beträgen verarbeitet werden. Die Rechengeschwindigkeit ist beeindruckend. Große Tabellen mit rekursiven Formeln berechnet er schneller als der Konkurrent LDW-Powercalc. Der 68882-Coprozessor im TT würde die Rechenzeit wahrscheinlich gegen Null sinken lassen, den aber unterstützt K-SPREAD nicht.

Wichtige Funktionen, wie das Einfügen von Spalten und Zeilen, können sofort im Fenster vorgenommen werden. Blöcke markiert man mit der Maus, genau wie es auch in anderen Tabellenkalkulationen üblich ist. Auch der Funktionsumfang von K-Spread 4 ist bemerkenswert. Neben den Grundrechenarten bietet K-Spread 137 Funktionen an. Wie jede moderne Tabellenkalkulation kennt auch K-Spread eine eigene Programmiersprache: die Makroverwaltung. Im Gegensatz zu anderen Programmen verwaltet K-Spread Makros in einem eigenen Fenster und in eigenen Dateien. Damit sind universelle Programme möglich, die auf alle Tabellen angewendet werden können.

So lassen sich die Geschäfte eines Jahres darstellen

Zur Präsentation stehen mehrere Fonts zur Verfügung

Viele Makros

Makros entstehen entweder über einen eingebauten Makrorecorder oder man gibt sie bei komplizierten Aufgaben direkt in eine Makrotabelle ein. Dazu stehen wiederum 148 Kommandos zur Verfügung.

K-Spread dürfte die erste Tabellenkalkulation mit voller G-DOS-Unterstützung sein. Zwar konnte auch schon LDW Powercalc-Grafiken als Metafiles speichern, der Hersteller von K-Spread Kuma geht aber ein paar Schritte weiter. So kann der Zeichensatz eines jeden Fensters beliebig aus den mit G-DOS geladenen Fonts gewählt werden. Dabei ist es egal, ob die Zeichensätze proportional sind oder nicht. Selbst die Formatierung der Fließkommazahlen erscheint sauber auf dem Bildschirm. Interessant wird es, wenn man die Tabellen auf Metafile oder Drucker via G-DOS mit den geladenen Zeichensätzen ausgibt. K-Spread generiert so präsentationsreife Vorlagen — ist damit ein echter Schritt zum Tabellen-Publishing.

Die erzeugten Metafiles sind in der aktuellen Version noch von einer Weiterverarbeitung in anderen Programmen ausgeschlossen. Kein Metafile-kompatibles Programm konnte im Test die Ausgaben von K-Spread so darstellen, wie sie auf dem Drucker erscheinen. Hier ist für Kuma-Programmierer Arbeit angesagt. Unsere Testversion hatte außerdem Fehler in der Font-Verwaltung: Bestimmte Konfigurationen im Dialogfeld »Drucken« stürzen K-Spread in eine Endlosschleife.

Die wichtigste Erweiterung von K-Spread 4 ist der neue Grafikteil. Alle Fähigkeiten von K-Graph 2.0 sind jetzt in K-Spread 4 enthalten. Vier verschiedene Graph-Typen stellt das Programm zur Verfügung: Linien, Balken, Stapel und Tortendiagramm. Stapel-und Balkendiagramme kann man zusätzlich in einer Quasi-3-D-Darstellung zeigen. Bei Grafiken sollte man sich Zeit nehmen und viel probieren. Besonders die Organisation der Daten ist gewöhnungsbedürftig. Das vorliegende englische Handbuch hilft da nur wenig, da dieser Programmteil nur im Anhang kurz behandelt wird. Bei der Beschriftung sind alle G-DOS-Schriften erlaubt — auch freie Texte dürfen eingefügt werden. Die komplette Grafik kann dann mit G-DOS auf Drucker oder in ein Metafile ausgegeben werden. Im Gegensatz zu den Tabellen-Metafiles können hierbei die Grafiken aber auch von anderen Programmen gelesen und verarbeitet werden.

K-Spread 4 hinterläßt gemischte Gefühle. Zum einen ist es ein sehr mächtiges Werkzeug mit einer überzeugenden GEM-Oberfläche.

Start frei!

Die erstklassige G-DOS-Unterstützung, die auch nicht vor dem neuen FSM-G-DOS mit Outline-Schriften halt macht, hat endlich professionellen Stand. Auf der anderen Seite sind Fehler und Ungereimtheiten nicht zu übersehen. Gespräche mit Omikron zeigen, daß Hersteller und Distributor gewillt sind, die Mängel schnellstmöglich abzustellen. Schon die angekündigte deutsche Version wird hoffentlich Wirkung zeigen. In England zumindest, wo die Software entwickelt wurde, erreichte K-Spread eine solche Popularität, daß es die Skala der Beliebtheit in seiner Klasse unangefochten anführt. Hierzulande muß das Programm seine Bewährungsprobe noch bestehen. (mn)

Omikron GmbH, Erlachstr. 15,7534 Birkenfeld 2

K-Spread 4

Hersteller: Kuma

Vorteile: Font-Auswahl über G-DOS; G-DOS-Ausgabe läuft auf allen getesteten Auflösungen und Grafikkarten; umfangreiche Funktionsauswahl für Formeln und Makros; guter Grafikteil; hohe Rechengeschwindigkeit

Einschränkungen: zwei Zellzeiger erschweren die Arbeit; Probleme bei G-DOS-Ausgabe (je nach Konfiguration); Blatt wird bei jeder Eingabe neu aufgebaut

Fazit: Sehr mächtige Tabellenkalkulation mit erstklassiger GEM-Unterstützung und kleinen Schwächen

Es läßt sich komfortabel in mehreren Fenstern arbeiten

Die Tabellen können auch Text und Kürzel enthalten


Michael Bernards
Aus: ST-Magazin 04 / 1991, Seite 60

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