PD-Grafik: Kreislaufstörungen

»Störe meine Kreise nicht«, soll Archimedes (287 bis 212 v. Ch.) dem römischen Soldaten zugerufen haben, der bei der Eroberung von Syrakus in seinen Garten eindrang, wo der Mathematiker gerade über geometrische Probleme nachdachte.

Archimedes verdanken wir eine Menge physikalischer und mathematischer Erkenntnisse. Darunter zum Beispiel auch einen Näherungswert für pi oder Berechnungen zu Kreisfläche und -umfang. Oft ringen die im Mathematikunterricht trocken verabreichten Formeln dem mathematisch wenig Interessierten Aufmerksamkeit ab. Doch aus dem Bereich der komplexen Zahlen stammt eine einfache Formel, die selbst solche Leute reizen könnte. Mit ihr lassen sich problemlos die einzelnen Koordinaten eines Kreises berechnen; in Basic könnte man so formulieren:

FOR I = -pi TO +pi STEP 0,05
X = Radius * SIN(I) + X-Mitte 
Y = Radius * COS(I) + Y-Mitte 
DRAWX,Y
NEXT I

Fantasie gefragt

Auf den ersten Blick kann man damit niemanden hinter dem Ofen hervorlocken, denn ein CIRCLE-Befehl schafft dies spielend mit nur drei Parametern genauso. Das entscheidende ist aber, daߟ eben die einzelnen Koordinaten zur Verfügung stehen, so daߟ sich viele Möglichkeiten zu wunderbaren Kreislaufstörungen bieten. In einer Schleife, die in dem Beispiel immerhin 125mal durchlaufen werden muߟ, kann ja zwischendurch einiges passieren. So können sich die Radien ändern oder die Kreismittelpunkte verschieben. — Die Abbildung zeigt eine von unendlich vielen Möglichkeiten. [SPI-RO_0]

Wer so gar keinen Draht zum Selberprogrammieren hat, findet in diesem Zusammenhang vielleicht Spaߟ an »Spirograph« von Wolfgang Schindler (ST-PD 423). Er hat sich bei seinem Programm von einer mechanischen Zeichenhilfe und der Fadengrafik inspirieren lassen. Ähnlich wie der Mond um die Erde und die Erde um die Sonne kreist, bewegen sich hier mehrere Scheiben umeinander. Verfolgt man auf der kleineren Scheibe einen Punkt (»Mond«) und markiert dabei seinen Weg, entstehen regelmäߟige Figuren, in denen sich der Kreis als Grundform immer wiederfindet. Wie bei der oben vorgestellten Formel lassen sich die Gebilde selbstverständlich durch Ändern der Parameter beeinflussen. So kann beispielsweise erreicht werden, daߟ eher gerade Linien und keine Spiralen berechnet werden.

Als Aperitif lassen sich 24 Demonstrationsgrafiken aufrufen, deren Parameter angezeigt und variiert werden können. Ein biߟchen störend ist dabei, daߟ die Zeichenfläche durch eine überflüssige Kopfzeile eingeengt wird. Wer die auf diese Weise erzeugten Bilder ausdrucken oder abspeichern möchte, muߟ vorher entsprechende Programme installieren, wenn die eingebaute »Alternate-Help«-Routine nicht das gewünschte Ergebnis liefert. Für einen sauberen 24-Nadel-Ausdruck eignen sich besonders das LQ-800-Accessory (ST-PD 88) oder »BBSP Multitool« (ST-PD 376). Als Datei mit fortlaufender Numerierung erhält man die Kunstwerke mit Hilfe von »James« (ST-PD 356). [2]

Das Experimentieren mit den grafischen Möglichkeiten des Computers sollte nicht als Spielerei abgetan werden. Immerhin gab es bereits 1968 in London eine Ausstellung zum Thema Computerkunst, (mn)



Aus: ST-Magazin 01 / 1992, Seite 18

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