MIDI-Mixer: Alles im Griff

Mit Bildschirm und Maus können sich MIDI-Künstler nur schwer anfreunden. Mit Recht: Wie leicht sich Synthesizer nämlich über eine Batterie von Schiebreglern bedienen lassen, zeigen die neuen MIDI-Mixer.

Der Begriff MIDI-Mixer ist freilich etwas unglücklich — weil irreführend. Eigentlich handelt es sich bei Kawais MM-16 und JL Coopers FaderMaster um Mehrzweck MIDI-Prozessoren.

Der MM-16 sieht mit seinen 16 Schiebereglern einem Audiomischpult tatsächlich zum Verwechseln ähnlich. Stutzig wird der Kenner allerdings bei der Suche nach Eingangs- und Ausgangsbuchsen. Außer einem doppelten Satz MIDI-Buchsen ist an der Konsole nämlich nichts zu sehen.

Seinen Platz hat der MIDI-Prozessor zwischen Sequenzer und Klangerzeuger. Statt des Sequenzers kann natürlich auch ein Master-Keyboard das Rohmaterial — also die ursprünglichen MIDI-Informationen — liefern. Denkbar wäre auch die Kombination Sequenzer und Master-Keyboard.

Der Mehrzweck-MIDI-Prozessor kennt mehrere Betriebsmodi und ändert dabei die Funktionen seiner Schieberegler nach Bedarf:

  1. Mega MIX: Nur in dieser Betriebsart rechtfertigt das Gerät den Namen MIDI-Mixer. Alle 16 Fader sind in diesem Mode auf den MIDI-Controller »Volumen« eingestellt. Dabei kontrolliert der Mischpultkanal 1 den MI-DI-Kanal 1, Mischpultkanal 2 den MIDI-Kanal 2 etc. Der 17. Regler wirkt als Summenregler genau wie bei einem normalen Audiomischpult. Der praktische Vorteil liegt hauptsächlich in der Echtzeitkontrolle. Statt die Daten direkt am Sequenzer in Sisyphusarbeit anzugleichen, mischt man den Song in klassischer Manier. Freilich werden nicht — wie bei einem Audiomixer — analoge Audiosignale bearbeitet, sondern MIDI-Daten, und zwar bevor sie den Synthesizer steuern. Einschränkung: Sind auf MIDI-Kanal 10 beispielsweise sämtliche Percussions-Instrumente, so kann nur der gesamte Kanal abgesenkt oder angehoben werden. Gezielt eine Hi-Hat anheben, das geht in dem Fall nicht. So richtig bezahlt macht sich ein MIDI-Prozessor beim Live-Einsatz. Da muß das Master-Keyboard mit einer Fülle von unterschiedlichen Klängen jonglieren, wobei jeder Sound eine präzise Lautstärkekontrolle benötigt. MIDI-Klangmodule besitzen zudem meist gar keine Möglichkeit, die Lautstärke der einzelnen Kanäle einzupegeln.
  2. Kontinuierliche Datenkontrolle: Ähnlich der Volumenkontrolle funktioniert auch der »Channel Control«-Mode. Unterschied: Die Aufteilung der Fader ist nicht nach Kanälen geordnet, sondern nach Controller und MIDI-Kanal frei definierbar. So kann jeder Fader beliebige Controller-Daten auf jedem MIDI-Kanal manipulieren. Die Grundstellung ist am Chassis abzulesen. Dies ist ein überaus flexibler Modus. In der Praxis wird jeder Musiker sein persönliches Setup benutzen — je nach Equipment und Anforderung. Beispielsweise könnten die ersten acht Fader als Lautstärke-Controller für ausgewählte MIDI-Kanäle dienen, der Rest kümmert sich um Vibrato, Panorama oder Stimmung.
  3. Zwei weitere Modi sind ausschließlich für Anschlagdynamik vorgesehen — jeweils einer für absolute und relative Datenmanipulation. Der Zweck ist klar. Relative Velocity addiert zum ursprünglichen Dynamikwert einen bestimmten Betrag — das Spiel bleibt somit weiter lebendig, die Tasten werden lediglich fester bzw. leichter gespielt. Damit lassen sich Tastaturen, deren Velocity-Bereich nur von 1 bis 100 reicht (z.B. die ersten DX7), entsprechend anpassen.
  4. Demgegenüber werden im Absolute Mode die ursprünglichen Velocity-Daten durch den Wert der momentanen Fader-Stellung ersetzt. Dabei geht das dynamische Spiel freilich gänzlich verloren.
  5. Recht interessante Möglichkeiten bietet auch der »Channel Key Balance«-Modus. Dabei übernimmt jeder Fader einen bestimmten Notenbereich und manipuliert Velocity-Daten. Besonders nützlich, um Soundsamplers zu einem homogenen Ganzen zu verschmelzen.
  6. Am meisten Spaß haben am MM-16 freilich die Sound-Tüftler. Der Exklusiv-Edit-Mode liefert bereits für die wichtigsten Synthies vordefinierte Parameterzuordnungen. Ein K4 läßt sich so beispielsweise wie ein alter Mini-Moog programmieren. Insgesamt speichert der MM-16 bis zu 64 verschiedene Setups.

Prinzipiell bietet der 8-Kanal-FaderMaster von JL Coopers einen ähnlichen Funktionsumfang wie Kawais MM-16-Mixer. Die Regler machen einen etwas stabileren Eindruck und liegen wohl auch leichter und präziser in der Hand. Fünf doppelt belegte Taster sowie eine Taste als Mode-Wechsler versorgen die Parameter mit den notwendigen Daten.

JL Coopers FaderMaster: Jacques Isler GmbH, Paul-Ehrlich-Str. 28-30, 6074 Rödermark; Preis 498 Mark Kawais MM-16: Kawai, Max-Planck-Str. 20-22, 4006 Erkrath 1


Manfred Neumayer
Aus: ST-Magazin 02 / 1992, Seite 18

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