Atari-Hotline

Raymond Schröder zeichnet bei Atari Deutschland für die Kundenbetreuung verantwortlich. Diesen Monat faßt er die meistgestellten Fragen zum Themenkreis »andere Betriebssysteme« zusammen.

Oft rufen Kunden an, die einen MS-DOS-Computer besitzen oder Daten z. B. im Büro auf einem PC eingegeben haben: Kann ich meine PC-Texte auch auf dem Atari ST nutzen? Grundsätzlich ja. Oft scheitert die Aktion jedoch bereits am Diskettenformat: Es dürfte hinreichend bekannt sein, daß die meisten PCs immer noch mit den großen 5,25-Zoll-Disketten arbeiten, während der ST das be währte 3,5-Zoll-Format nutzt. Die Unterschiede liegen in der Schreibdichte: Disketten lassen sich mit 40 und 80 Tracks, ein- und zweiseitig formatieren. Schließlich spricht man noch von normaler Schreibdichte (Double Density DD) und hoher Schreibdichte (High Density HD).

Der ST verwendet standardmäßig 3,5-Zoll-Disketten mit 80 Tracks und 9 Sektoren pro Track. Das ergibt eine Kapazität von 720 KByte pro Disk. Außerdem gibt es für den ST eine Reihe von Formatierprogrammen, die Disketten ganz unüblich mit 10, sogar mit 11 Sektoren formatieren und mit über 80 Tracks. Solche unkonventionellen Formate verwirren aber eher, da diese Disketten sich nicht vom Desktop aus mit der Kopierfunktion verdoppeln lassen.

Anschlußfertige 5 1/4-Zoll-Floppies für den ST gibt es für rund 250 Mark im Fachhandel. MS-DOS-formatierte Disketten können Sie jederzeit auf dem ST/TT lesen und sofort weiter bearbeiten. Ab der TOS-Version 1.04 sind auch ST-formatierte Disketten grundsätzlich unter MS-DOS einsetzbar (manchmal gibt es Probleme, das liegt jedoch meist an unterschiedlichen DOS-Clones).

Speichern Sie Ihre Daten auf dem PC am besten in ASCII ab: Fast jede Textverarbeitung und Datenbank unter MS-DOS und TOS beherrscht den Export und Import in ASCII. Natürlich gehen Ihnen dann aufwendige Textformatierungen verloren, wie Sie z. B. unter MS-Word im Datei-Header abgelegt werden. Umgekehrt werden Sie Probleme haben, gestaltete Texte aus grafisch orientierten Textprogrammen wie z. B. »Signum 2/3« auf den PC zu übertragen: Der Export in ASCII ist zwar grundsätzlich möglich, Fußnoten etc. lassen sich aber nur mit größerem Aufwand übertragen.

Diese Lösung ist natürlich in vielen Fällen recht unbefriedigend, weil ein Großteil der Arbeit eben in der optischen Gestaltung der Texte oder Datensätze steckt. So lautet die zweite oft gestellte Frage: Kann ich eigentlich MS-DOS-Software auf dem Atari ST benutzen? Bei TOS und DOS handelt es sich um zwei unterschiedliche Betriebssysteme, im ST arbeitet eine 680xx-CPU von Motorola, im PC ein 80286/386/ 486-Chip von Intel oder ein Clone. Beide Systeme miteinander anzufreunden funktioniert nicht ohne zusätzlichen Aufwand. Damit der ST sich wie ein DOS-Rechner verhält, muß er ihn nachbilden, also emulieren.

Man unterscheidet prinzipiell zwischen Software- und Hardware-Emulatoren: Der erste MS-DOS-Emulator war der »PC-Ditto«. Er kam ohne zusätzliche Hardware aus, seine Geschwindigkeit und vor allem die Kompatibilität waren aber sehr eingeschränkt. Das lag daran, daß jeder Maschinenbefehl des 8086-Prozessors vom 68000er nachgebildet werden mußte. Der PC-Ditto war also eine Art Interpreter. Einer der ersten Hardware-Emulatoren, die eine eigene Intel-CPU mitbrachten, war der »PC-Speed« von Hans Sack.

Mittlerweile bieten neben dem Heim-Verlag auch Vortex und Beta Systems Hardware-Emulatoren an. Da sich mittlerweile AT-Kompatible und 386er in der MS-DOS-Welt eingebürgert haben, gibt es 16-MHz-Emulatoren mit 80286- und 386SX-CPU zum Einbau in den ST. Diese Emulatoren bieten eine fast 100prozentige Kompatibilität zum MS-DOS-Original. Die Schwierigkeiten liegen derzeit meist bei der Emulation verschiedener Grafikstandards, über die z. B. einige PC-Spiele stolpern. Das ST-Magazin hat hier schon umfangreich berichtet [1]. Beta Systems bietet mit dem Supercharger eine andere Lösung an: Der Emulator wird einfach an den DMA-Port angeschlossen. Kein Löten, kein Öffnen des ST-Gehäuses, in Minuten ist das Gerät anschlußfertig. Allerdings liegt er vom Preis her schon fast im Bereich eines kompletten PC.

Welche Emulatoren gibt es sonst noch für den ST? Neben den MS-DOS-Emulatoren wird mit Abstand am meisten nach Apple-Emulatoren gefragt. Bereits vor einigen Jahren machte z. B. der Software-Emulator »Aladin« von sich reden. Allerdings ging Apple aus Copyright-Gründen massiv gegen das Produkt vor, so daß der Aladin sehr bald von der Bildfläche verschwand. Derzeit am weitesten entwickelt ist der »Spectre GCR« von Gadgets/ Dave Small. Der Hardware-Emulator arbeitet am ROM-Port des ST. Problem: Die Original-Apple-ROMs sind nicht ganz einfach aufzutreiben, sie werden nämlich nicht mitgeliefert.

Auch OS-9, ein Multitasking-Multiuser-Betriebssystem, das hauptsächlich in der Industrie und Forschung zur Steuerung von Prozessen in Echtzeit eingesetzt wird, ist für die ST/TT-Serie erhältlich. Anbieter ist die Firma Dr. R. Keil GmbH.

UNIX entwickelt sich immer mehr zu einem Standardbetriebssystem. Mit dem AT&T-UNIX System V Rel. 4.0 bietet Atari dieses Betriebssystem auch für den TT an.

(Raymond Schröder/hu)

(Anm. d. Red.: In unserer letzten Hotline hat sich unglücklicherweise der Fehlerteufel eingeschlichen. So besitzen alle Ataris mit einem »M« im Namen einen HF-Modulator; z. B. der 1040 STFM und nicht STMM. Außerdem mußte es heißen »Ein externer HF-Modulator bzw. RGB-FBAS-Wandler« und nicht »RGB bzw. FBAS-Wandler«.)

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[1] ST-Magazin 7/91, »Mit Kartentricks in die Elite«



Aus: ST-Magazin 06 / 1992, Seite 103

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