Tiefe Einblicke mit TempleMon 2.0

TempleMon ist ein Pionier unter den Programmierwerkzeugen für den ST. Wir haben die Version 2.0, die mit Prozessoren wie z.B. 68010 bis 68040, also auch auf dem TT läuft, gründlich unter die Lupe genommen.

Programmieren Sie selbst, oder interessieren Sie sich dafür, wie die binaren Kunstwerke anderer mit Ihrem Computer umspringen, dann sind Sie bestimmt schon einmal in Kontakt mit einem Monitor gekommen. Damit ist nicht der obligatorische Bildschirm Ihres Ataris gemeint, sondern ein Programm, das sich resident im System verankert. So ein Monitor läßt sich durch eine vordefinierte Tastenkombination aufrufen, oder er meldet sich selbsttätig, wenn ein Fehler in einem aktiven Programm aufgetreten ist.

Nun können Sie intensive Nachforschungen betreiben, ob im System alles mit rechten Dingen zugeht, oder wo der Fehler im Programm liegt.

Lang Bewährtes weiterentwickelt

Ein von vielen geschätzter Vertreter der Monitorgattung ist seit langem der »TempleMon«. Schon kurz nach dem Marktdebüt des Atari ST war er, dessen Name eine gewisse Ähnlichkeit zu dem seines Schöpfers Thomas Tempelmann aufweist, verfügbar.

Seither gab es einige Entwicklungen im Atari-Sektor, die eine Überarbeitung des TempleMons bedingten. Besitzer von »Autoswitch-Overscan« und anderer Grafikerweiterungen guckten bei der alten Version des Monitors sprichwörtlich in die Röhre, weil dieser ausschließlich auf die Standardauflösungen des ST ausgelegt war. Dieses wurde nun korrigiert. Beim TT wurde erstmals der leistungsfähige Prozessor »MC 68030« eingesetzt, der ebenfalls eine Anpassung des Programms erforderlich machte. Während TempleMon bis dato nur mit dem 68000er im ST kooperierte, unterstützt er nun alle bisher erschienenen CPUs von Motorolas 680X0-Serie. Selbst an das Flaggschiff »68040« dachte Johannes Hill, der die Weiterentwicklung des Monitors in die Hände genommen hat! Problem: Höchstwahrscheinlich existiert derzeit weltweit kein Atari mit diesem Prozessor. Bleibt zu hoffen, daß die Hardwareabteilung in Sunnyvale bald Abhilfe schafft...

Coprozessor-Connections

Auch im schnellen TT-RAM findet sich der Monitor bestens zurecht.

Da alle TTs mit dem arithmetischen Coprozessor »68882« bestückt sind, wird dieser im neuen TempleMon ebenfalls berücksichtigt. Auf allen Rechnern, die mindestens mit dem 68020 und einer FPU des Typs 68881 oder -2 ausgerüstet sind, ist es möglich, den Registersatz des Coprozessors anzeigen zu lassen. In Vorbereitung befindet sich eine Funktion, die auch die Register einer FPU in den »kleinen« Ataris mit dem 68000er, zusammen mit denen des Hauptprozessors, ausgibt. Das wird die Mega STE-Besitzer unter Ihnen freuen, weil in diesen Rechnern häufig der Rechengehilfe 68881 auf der Platine seinen Dienst verrichtet. Speziell für die STE-Rechner wurde auch eine Sonderbehandlung bei im Speicher verteilten Bildschirmteilen ergänzt.

Der 68030 des TT hat die Funktionen der Paged Memory Management Unit (PMMU) »68851« schon integriert. Darum werden diese und die zugehörigen Exceptions natürlich von TempleMon unterstützt. Auf die Unterstützung einer externen PMMU in 68020-Systemen wurde mangels Nachfrage verzichtet, zumal diese Konfiguration kein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis böte.

Mit der Instruktion »!d:x« stellen Sie nun ein, welchen Prozessorbefehlssatz TempleMon beim Disassemblieren verwendet. Dabei steht »x« für die verwendete CPU: 1 = 68010,2 = 68020...

Für die Ausgabe der Registerliste läßt sich mit dem Befehl »!r:x« auswählen, welche Register der Monitor standardmäßig bei der Eingabe von »!r« anzeigt. Mit »!r:8« werden die Register eines arithmetischen Coprozessors zugeschaltet. Erfreulicherweise können Sie auch einzelne Register ausblenden. Bei den neueren Prozessoren wäre sonst wegen der gestiegenen Komplexität ihres Innenlebens die Übersichtlichkeit dahin.

Toll, daß TempleMon jetzt einen Fullscreen-Editor und einen History-Buffer bietet. Diese neuen Leistungsmerkmale ersparen Ihnen die Mühe, bereits eingegebene Kommandos ständig zu wiederholen. Außerdem sind sie eine recht große Hilfe beim Debugging umfangreicher Routinen.

Was nichts kostet...

...taugt manchmal doch: TempleMon hat trotz all dieser Verbesserungen immer noch den Public Domain-Status! Sie dürfen ihn also frei kopieren. Wenn Sie ihn ernsthaft benutzen möchten, empfehlen wir Ihnen, das Handbuch beim Autor Johannes Hill gegen Übersendung von 30 Mark zu bestellen. Wenn Sie eine formatierte Diskette beilegen, bekommen Sie dazu die aktuelle Version des Monitors und einige nützliche Utilities. Dabei: Ein Modul für XControl, das neue Atari-Kontrollfeld. Mit ihm können Sie Parameter von TempleMon einstellen.

TempleMon 2.0 ist in dem Installationsprogramm »TMonINST« enthalten, das Stefan Wolf beigesteuert hat. Sie können mit diesem Programm verschiedene Parameter im TempleMon setzen und es dann den lauffähigen Monitor generieren lassen. Natürlich ist es ebenso in der Lage, einen bereits separat vorhandenen TempleMon zu modifizieren.

TempleMon und SysMon teilen sich friedlich einen Großbildschirm und kommunizieren auf Wunsch miteinander

Die Tastenkombination, mit der Sie auf den TempleMon-Bildschirm gelangen, ist einstellbar, wie auch das Verhalten bei bestimmten Exceptions. Ein Beispiel: Der »MOVE« von »SR«-Be-fehl darf bei den Prozessoren ab 68010 nicht im Usermodus aufgerufen werden. Tut ein Programm dies, löst die CPU eine Exception aus. Sie können im Installationsprogramm nun wählen, ob TempleMon sich an dieser Stelle zu Wort meldet, oder die Behandlung der Exception dem TOS überlassen wird, das in neueren Versionen eine spezielle Routine dafür bereithält. Gleiches gilt für eine Division durch Null. Es kann zwar störend sein, wenn sich TempleMon jedesmal meldet. Doch nur auf diese Weise können Sie versteckte Fehler in Programmen, die Ursache für manchen unerklärlichen Absturz, sicher und einfach finden. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Die Cookie-Schnittstelle

TempleMon richtet einen Cookie ein, dessen Inhalt ein Zeiger auf eine Funktion ist. Diese Routine stellt die Schnittstelle des Monitors zu anderen Programmen dar, die speziell auf die Zusammenarbeit mit ihm abgestimmt sind. An TempleMon zu übergebende Parameter werden vor dem Sprung zu der Funktion in Prozessorregistern deponiert. Die bereits implementierten Funktionen sind vielfältig. So läßt sich die Anfangsadresse der Patchvariablen von Temple-Mon erfragen, um die Einstellungen von außen zu ändern. Auch die Nutzung des vom Monitor reservierten Bildschirmspeichers kann so angemeldet werden. Dadurch wird ein Bildschirmschoner denkbar, der keinen zusätzlichen Speicherplatz für seine Darstellung verbraucht. Mit der Möglichkeit, eigene Meldungen auf dem TempleMon-Bildschirm auszugeben, hört die Liste der Features noch lange nicht auf. Besonders interessant ist die Funktion »Adresse der User-Traceroutine setzen«. Hiermit können Sie eine eigene Routine einbinden, die bei gesetztem Trace-Bit nach jeder Prozessorinstruktion angesprungen wird. Im Handbuch sind User-Trace-Routinen in Modula-2 und Assembler als Beispiele abgedruckt.

Praktisches Duo infernale

Falls Ihnen die Fähigkeiten des TempleMon für bestimmte Zwecke nicht genügen, bietet Ihnen die Cookie-Schnittstelle Raum für Erweiterungen nach Ihrem Bedarf.

Das Paradebeispiel für die Leistungsfähigkeit des neuen TempleMon ist seine Zusammenarbeit mit »Sys-Mon«. Dieser Monitor von Karsten Isakovic stellt die ideale Ergänzung für den TempleMon dar. Während Sie mit dem TempleMon Ihr System auf Bits und Bytes durchleuchten können, setzt SysMon auf einer höheren Ebene auf. Er versetzt Sie in die Lage, jeden Betriebssystemaufruf mit Parametern zu registrieren und genauestem über die Lage der residenten Programme im Speicher des Computers Bescheid zu wissen. Das Zusammenspiel zwischen beiden Monitoren geschieht über die angesprochene Cookie-Schnittstelle von TempleMon.

Das Installations-Menü von TempleMon läßt kaum Wünsche offen

Haben Sie beide Programme installiert, können Sie im SysMon festlegen, daß bei bestimmten Betriebssystemaufrufen automatisch der TempleMon aktiviert wird. Sogar der Zeitpunkt des Aufrufs von TempleMon ist einstellbar: Entweder vor dem Einsprung ins Betriebssystem, so daß Sie die Aufrufparameter gegebenenfalls verändern können, oder nach der Ausführung des OS-Calls. In diesem Fall können Sie die Rückgabewerte modifizieren.

Mit einem einfachen Tastendruck können Sie bequem vom einen Monitor in den anderen wechseln. Sie gewinnen dadurch den Eindruck eines Monitors »aus einem Guß«.

Bildschirm-Sharing im Großformat

Besonders fein raus sind Sie, wenn Sie einen TT mit monochromem Großbildschirm wie z.B. Ataris »TTM 194« Ihr eigen nennen. Dann nämlich teilt sich TempleMon den Bildschirm mit SysMon.

So haben Sie beide Komponenten des phänomenalen Gespanns stets im Blick.

Gleichzeitig spart diese Vorgehensweise beachtliche 153.600 Bytes, die normalerweise von einem weiteren Bildschirmspeicher verbraucht würden.

Achten Sie darauf, eine aktuelle SysMon-Version einzusetzen, um alle Funktionen anwenden zu können!

Don't dream it — buy it!

Der TempleMon 2.0 ist ein rundum gelungenes Programm, das in Verbindung mit dem SysMon ein geradezu unschlagbares Team bildet.

Wir möchten ihn bei der Programmierung nicht mehr missen und empfehlen Ihnen seinen Einsatz uneingeschränkt. Die Entwicklung des Monitors ist noch nicht abgeschlossen. Weitere Fähigkeiten, wie die Unterstützung von Symboltabellen und vieles mehr, sind in Vorbereitung und sollen in zukünftige Versionen einfließen.

Sie sollten, um den großen Funktionsumfang adäquat nutzen zu können und die weitere Entwicklung von TempleMon zu unterstützen, für 30 Mark das Handbuch beim Entwickler Johannes Hill anfordern, dem für seine Arbeit mehr als ein dickes Lob gebührt. (uw)

# Wo gibt's TempleMon?

TempleMon 2.0 bekommen Sie in vielen Mailboxen des MAUS-Mail-box-Netzes (Liste mit Telefonnummern in: Julian Reschke, »Die Gruselwelt von AT-BUS-Platten«, ST-Magazin 2/1992) oder gegen Einsendung einer formatierten Diskette im frankierten und an Sie selbst adressierten Rückumschlag (Format B5) bei: Johannes Hill, Alicenstraße 30, 6100 Darmstadt. Wenn Sie 30 Mark beilegen, erhalten Sie zusätzlich das wärmstens zu empfehlende ca. 120seitige Handbuch.

SysMon ist derzeit Shareware und kostet 50 Mark.

Sie erhalten ihn gegen Einsendung einer formatierten Diskette im frankierten und an Sie selbst adressierten Rückumschlag bei: Karsten Isakovic, Wilmersdorfer Straße 82, W-1000 Berlin 12.


Patrick G. Dubbrow
Aus: ST-Magazin 06 / 1992, Seite 34

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