Digital Image New TOS Bridge: Tower Bridge

Verschiedene Zubehöranbieter arbeiten fieberhaft an der Realisierung eigener Platinen zum Einsatz des TOS 2.06 auf kleinen STs. Diesmal im Test: die »New TOS Bridge« von Digital Image.

Hinter den TOS-ROMs (links) befinden sich die DIP-Schalter für umschaltbare Lösungen

Die Tower Bridge steht nicht in London — nein, sie ist klein, grün, flach und trägt schwarze Bausteine: Nach Artifex und Hard & Soft ist Digital Image der dritte Hersteller, der sich ein Stückchen vom Kuchen aus dem TOS-Updating für die »Kleinen« sichern will. Die New-TOS-Bridge von Digital Image besteht aus einer kompakten Platine, einer Diskette und einem kleinen Anleitungsheft. Die flach aufgebaute Karte findet ihren Platz auf der CPU. Sie kommt ganz ohne störende Flachbandkabel aus. Wer einen Hardware-Beschleuniger betreibt (z. B. Hypercache), muß u. U. einen Zwischensockel als Abstandshalter zwischen den Platinen einbauen. Daß der Turmbau ohne weiteres vertretbar sein kann, zeigt unser Beispiel mit einem AT-Speed (s. Abb.).

Der Einbau erfordert in den meisten Fällen Löterfahrung: Falls noch keine anderen Erweiterungen auf dem 68000er sitzen, muß nämlich ein 64poliger IC-Sockel auf die CPU gelötet werden. Die Version für Mega STs dagegen läßt sich ganz bequem auf den Mega-Bus stecken. Emulator-Besitzer verwenden ebenfalls die Dl-Speed-Bridge. Der Versorgungsstrom wird über einen Stecker direkt vom Motherboard abgegriffen.

Leider bietet die Anleitung nur sehr spartanische Unterstützung: Zwar hilft sie durch Schema-Zeichnungen beim Auffinden der korrekten Einbauposition, läßt unkundige Anwender dann aber mit neuem TOS und dessen Fähigkeiten alleine. Hier hilft nur »Grundlagenforschung« in weiterführender Literatur [1],[2]. Verbesserungvorschläge für die Zukunft: Mehr Sorgfalt bei Umfang und Textgestaltung durchblicken lassen, mehr Details erwähnen (z. B. praktische Tips zum richtigen Löten, die verschiedenen Einbauvarianten dokumentieren) und die technischen Zeichnungen präziser anlegen (z. B. "wo kommen die Kabel der Speed-Bridge hin?").

Die Mega-Bus-Bridge zeigt flachen Aufbau

Die Zusatzdiskette bietet eine Reihe von Standard-Utilities sowie einige Bonbons. Neben dem erweiterten Kontrollfeld »XControl« (inkl. Standard-CPX-Modulen) auch »Maccel3« und »Noroach« sowie einige Patches. Die Extras bestehen aus einem Disketten- und Formatierprogramm, beide in der Lage, High-Density-Disketten zu verarbeiten. Ein weiteres Utility richtet den FDC-Systemcookie ein. Besitzer von HD-Kits können damit auch vom Desktop aus HD-Disketten formatieren. Besondere Erwähnung verdient das Programm »NT-Style«: Soll ein Programm auf dem Desktop angemeldet werden, lassen sich damit sehr schnell Icons aus der Resource-Datei auswählen. Zwei kleine Programme und ein Accessory zum Umschalten zwischen verschiedenen TOS-Versionen komplettieren die Ausstattung.

Womit wir beim Umschalten zwischen mehreren TOS-Versionen wären: An erster Stelle sei die einfachste Einbauvariante genannt. Sie erlaubt die rein softwaremäßige Umschaltung zwischen TOS 2.06 und dem alten TOS (im ROM). Dabei ist außer Auflöten der TOS-Bridge auf Prozessor bzw. Aufstecken auf bereits vorhandene Sockel keine weitere Bastelei nötig. Wer ausschließlich mit »sauberer« Software arbeitet, kann ohnehin auf die Umschaltung verzichten und nur mit TOS 2.06 arbeiten: In diesem Fall muß er die alten ROMs entfernen und eine Kabelverbindung von der Bridge zu einem ROM-Sockel herstellen. Die dritte Variante heißt »Kippschalter«: Statt Software-Umschaltung wird ein Kippschalter mit zwei Widerständen eingebaut. Die Kleinteile müssen Sie sich allerdings selbst besorgen.

Auf der New TOS-Bridge befinden sich vier DIP-Schalter, mit der sich die Karte je nach Anschlußvariante konfigurieren läßt.

Die Anleitung erwähnt auch die Umschaltung zwischen drei TOS-Versionen, geht aber nicht näher auf die dafür notwendige externe Beschaltung ein und verweist auf den DI-Support.

Das Accessory installiert Cookies und schaltet das TOS per Software um

Alles in allem ist der Einbau der Hardware ein Kinderspiel, das Konzept bestechend sauber. Die Überraschung kam im Test erst mit dem Neustart: Ohne das Programm »New_TOS« bootet der Computer das alte TOS, als wäre nichts gewesen. Startet man das Programm nachträglich (oder aus dem Autoordner), führt der Computer einen Reset aus und bootet neu mit TOS 2.06. Ein Kaltstart wird dann zur zeitintensiven Zeremonie: Der Computer hangelt sich über die Festplatten-Wartezeit, über einen RAM- und Systemtest, einen Drei-Sekunden-Werbe-Screen zu den Autoordnerprogrammen und Accessories, um nach fast zwei Minuten (!) endlich den Desktop zu erreichen. Natürlich läßt sich der Systemtest per Tastendruck abschalten. Außerdem hat der Hersteller eine schnellbootende Treiberversion versprochen.

Außerdem enthalten die Adressen 0 und 4 nach der Umschaltung noch die Werte des alten TOS. Das kann Folgen haben: Motorola hat festgelegt, daß in Speicherstelle 0 (Long) der Supervisor-Stack-Pointer und in Adresse 4 (Long) der Program-Counter stehen, mit denen die CPU bei einem Reset »gefüttert« wird. Eine TOS 2.06-Anpassungsplatine muß also dafür sorgen, daß in diesen Adressen die ersten acht Bytes der TOS-ROMs eingeblendet werden, die nun bei $E00000 liegen. Ist das nicht der Fall, enthalten die Speicherzellen den Anfang des alten TOS, das an Adresse $FC0000 liegt und sie stimmen nun nicht mehr mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Programme, die sich (legal!) auf diese offiziell dokumentierte Eigenschaft verlassen, werden nicht mehr funktionieren. Digital-Image-Chef Ellerau zu dieser Problematik: »Die Stelle entspricht zugegeben nicht der Motorola-Spezifikation, bei einer Softwareumschaltung ist die Sache aber einfach nicht anders zu lösen. Im Alltag werden außerdem sicher keine Fehler auftreten. Was denkbar wäre: Macken in Zusammenarbeit mit Emulatoren, z. B. dem Spectre GCR.«. Am besten, man umgeht das Problem von vornherein durch einen Umschalter (sieht die Platine ohnehin vor) oder verzichtet einfach auf ein altes TOS.

Alle Icons der Deskicon.rsc auf einen Blick — zum Auswählen

Über die Betriebssicherheit der New TOS-Bridge ist in der Tat nur Positives zu berichten: Tagelang arbeitete die Erweiterung mit vielerlei Software fehlerlos mit einem 16-MHz-Beschleuniger zusammen. Die New TOS-Bridge eignet sich alles in allem durch ihren kompakten und soliden Aufbau auch für bereits erweiterte Rechner. Bei dem kritischen Timing in den STs muß man das den Entwicklern wirklich zugute halten. (hu)

WERTUNG

New TOS-Bridge

Hersteller: Digital Image
Preise: mit ROMs 198 Mark, ohne TOS 79 Mark

Stärken: Durch Verzicht auf Flachbandkabel Ordnung im ST, flacher Aufbau, Auslieferung auch ohne ROMs

Schwächen: Softwareumschaltung Glaubensfrage, schlechte Anleitung

Fazit: sehr solide Hardware, Software könnte besser werden

Digital Image EDV-Service, Postfach 1206, 6096 Raunheim

[1] Jankowski, Rabich, Reschke: Atari Profibuch ST-STE-TT, Sybex Verlag Düsseldorf, ISBN 3-88745-888-5

[2] Patrick Dubbrow: »Die ST-Verjüngungskur«, ST-Magazin 3/1992

HD-Disketten formatieren mit dem Zusatzprogramm

Patrick G. Dubbrow
Aus: ST-Magazin 07 / 1992, Seite 40

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