Grafikkarte Spektrum 1 TC: Festmenü fürs Auge

Atari-Computer werden häufig für Bildverarbeitung und Desktop Publishing eingesetzt. Diese Anwendungen erfordern hohe Auflösungen und realistische Farbdarstellung. Die Grafikkarte »Spektrum 1 TC« verspricht beides.

Das »TC« der »Spektrum 1 TC« steht für True Color, ein Modewort, das zur Zeit in aller Munde ist. Der Begriff drückt die Fähigkeit einer Grafikkarte aus, mehr Farben darstellen zu können, als das menschliche Auge unterscheiden kann. Bei dieser Karte sind es exakt 16777216 Farbtöne. Die Spektrumkarte ist für den VME-Bus der Mega STE-und TT-Serie entwickelt, kann jedoch über einen Megabusadapter auch in älteren Mega STs eingesetzt werden. Die Platine macht einen soliden Eindruck. Auch an einen Kühlkörper für den sicheren Betrieb haben die Entwickler der Firma Wilhelm Mikroelektronik im westfälischen Lünen gedacht.

Im Lieferumfang befinden sich außer der Grafikkarte das Handbuch und die zum Betrieb notwendige Software, nebst der Demo des Grafikprogramms »Charly Image«, mit dem Sie die Farbenpracht der Karte bewundern können. Das Handbuch erklärt die Installation verständlich und bietet technische Informationen, wie Programmiertips und eine Aufstellung über den Aufbau des Bildschirmspeichers.

Bevor Sie die Karte benutzen können, sind noch einige Konfigurationsmaßnahmen notwendig. Zunächst starten Sie das Installationsprogramm. Darin können Sie wählen, auf welchen Monitortyp die Karte voreingestellt wird. Bei unserem Test war das Angebot an Konfigurationen jedoch noch mager. Das soll sich nach Aussagen des Herstellers ändern. Außerdem legen Sie mit dem Installationsprogramm die Pfade fest, unter denen die Treiber und die dazugehörigen Dateien gespeichert werden. Das allerdings nur, wenn Ihnen die vom Programm selbst ermittelten Pfade nicht Zusagen. Das für den Treiber notwendige »GDOS« wird, in Form des dem Atari-GDOS überlegenen »AMCGDOS« mitgeliefert und automatisch in den Autoordner kopiert.

Die Spektrum 1 TC zaubert die Farben preiswert auf den Bildschirm
Das CPX-Modul für die Farbeinstellung

Krücke für Calamus

Falls Sie mit Calamus arbeiten, müssen Sie nach dem Verlassen des Installationsprogramms noch das Programm »SPEKCALA.PRG« in den Autoordner kopieren, das einige Line-A-Variablen zur Verfügung stellt, auf die die Software mit der Feder leider bisher noch angewiesen ist. Wenn Sie eine zu Ihrem Monitor passende Voreinstellung gewählt haben, erscheint bald das Desktop. Nun bietet sich Ihnen die Gelegenheit, mit zwei »XControl«-Modulen die Farben und Videoparameter Ihren Vorstellungen anzupassen. Daß dieser Weg eingeschlagen wurde, begrüßen wir. So haben Sie aus jedem sauberen Programm heraus die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen.

# Technische Daten

16777216 Farben gleichzeitig
1 MByte Bildschirmspeicher
Auflösungen bis zu 1152 x 910 Pixel (bei 256 Farben)
virtuelle Auflösungen
erweiterbar durch Blitter
maximaler Pixel-Takt: 84 MHz

Die Anzahl der einstellbaren Einzelparameter ist so groß, daß diese auf vier Kontrolldialoge verteilt wurden, die trotzdem noch einen etwas unübersichtlichen Eindruck hinterlassen. In diesem Modul können Sie zwischen den Modi, die die Karte bietet, wählen: 256, 32768, 65536 oder 16777216 (True Color) Farben und Feineinstellungen des Video-Timings vornehmen. Es besteht die Möglichkeit eines sofortigen Tests, wie die eingestellten Daten zum angeschlossenen Monitor passen. Dabei wird entweder das Desktop mit den neuen Einstellungen, ein Testbild oder eine Animation dargestellt. Sie können darüber hinaus Ihre Parameterkomposition sofort fest einstellen. Die Werte bleiben dann bis zum nächsten Reset erhalten. Erscheint Ihnen eine Einstellung als gut gelungen, können Sie sie unter einem eigenen Namen speichern, damit sie später sofort abrufbar ist.

Das Farbkontrollmodul verstellt nur im 256-Farbenmodus die auf dem Bildschirm dargestellten Farben direkt. In den Modi mit mehr Farbstufen gelten die Einstellungen erst für das nächste gestartete Programm. So können Sie unter Mehrprozeßsystemen jeder Applikation eine eigene Farbpalette spendieren. Natürlich lassen sich Farbpaletten vom XControl-Modul auch speichern bzw. laden.

Die Spektrum 1 TC macht einen soliden Eindruck

Leider konnten wir bei unserem Test Calamus nur eingeschränkt benutzen. Trotz Einsatz des SPEKCAL.PRG nutzte Calamus nur den 256-Farben-Modus aus. Verbesserungen sind allerdings in Sicht. Einige Kritik müssen wir auch am Treiber der Spektrumkarte anmelden: die Geschwindigkeit vieler Funktionen ist noch steigerungsbedürftig. Abhilfe verspricht ein als Erweiterung angebotener Blitter. GEM-DOS- und BIOS-Ausgaben erscheinen nicht auf dem an der Grafikkarte angeschlossenen Bildschirm, was einige Programme unbenutzbar macht, wenn nicht z.B. eine Shell wie Gemini mit ihrer eingebauten Mupfel zum Einsatz kommt. Diese leitet TOS-Ausgaben in ein Fenster um. Auch fehlten zum Zeitpunkt unseres Tests noch die, allerdings nicht häufig benutzten, VDI-Escaperoutinen.

Die Einstellung der Videoparameter

Zuvorkommend von den Programmierern des Treibers ist hingegen die Funktion, den durch die Bildschirmdarstellung nicht belegten Teil des 1 MByte umfassenden Speichers auf der Karte mit virtuellen Auflösungen auszunutzen. Der sichtbare Bildschirmausschnitt folgt dabei den Bewegungen mit dem Mauszeiger ruckfrei. Als störend empfanden wir nur, daß, selbst wenn der Mauspfeil sich in der Mitte des Bildschirms befindet, gescrollt wird. Die Auslösegrenze sollte besser, wie in »Bigscreen2«, an den Bildschirmrand verlegt werden.

Die Spektrum 1 TC hat die Voraussetzungen für ansprechende Leistungen trotz niedrigen Verkaufspreises. Die saubere Ausführung der Hardware und das gut durchdachte Konzept der Software überzeugen. Die Anschaffung ist empfehlenswert, vorausgesetzt, die Unzulänglichkeiten und Einschränkungen des Treibers sind bald entfernt.

WERTUNG

Spektrum 1 TC

Preis: 1398 Mark
Hersteller: Wilhelm Mikroelektronik GmbH

Stärken: Erweiterbar, Konfiguration über XControl-Modul

Schwächen: Treiber noch nicht komplett, maximal mögliche Geschwindigkeit bisher nicht erreicht

Fazit: preiswerte Karte, noch Verbesserungen der Software nötig

Wilhelm Mikroelektronik GmbH, Süggelstr. 31, W-4670 Lünen


Patrick G. Dubbrow
Aus: ST-Magazin 11 / 1992, Seite 18

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