Die Olympiade ist längst ein alter Hut, da zockelt endlich auch die ST-Umsetzung von »Carl Lewis Challenge« auf den Spielemarkt. Wenigstens ist sie ganz ordentlich gelungen.
Grundsätzlich stellen sich jedem Freizeitsportler die Nackenhaare beim Gedanken, schweißtreibende olympische Disziplinen wie 100-Meter-Sprint, Hochsprung oder Speerwerfen im Computer zu simulieren. Viele Softwarehäuser haben es bereits mit einer Umsetzung probiert, aber noch bei jeder Sportsimulation beschränkte sich der Trainingseffekt beim einarmigen Zittern in der 300-Gramm-Joystickklasse auf leichte Krampferscheinungen in der Handgelenksgegend und leicht erhöhten Blutdruck.
Wenn die Simulation aber so schön gelingt, wie in Carl Lewis Challenge, dann könnte sie vielleicht sogar einem Leichtathletikclub dienen, um den Sportküken vor dem Training Motorik und Bewegungsabläufe der einzelnen Disziplinen in Zeitlupe am Monitor vorzuführen. Aber fangen wir von vorne an.
Bis zu vier Nationalmannschaftstrainer können in wochenlangen Vorbereitungen darauf hinarbeiten, ein Team im Wettkampf zu Medaillenehren zu führen. Das Spiel bietet dabei drei Varianten an: Im reinen Trainingsmodus studiert der Spieler die Wirkung von Trainingseinheiten innerhalb gewisser Zeitperioden auf seine Athleten. Hanteltraining beispielsweise konditioniert den Sportler natürlich anders als Sprinttraining oder aerobische Übungen. Jede Trainingseinheit beeinflußt Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit der Titelaspiranten.
Was sich auf den ersten Blick wie ein langweiliges Zahlenspiel ausnimmt, hat durchaus ernstgemeinten Hintergrund. Der Computer verdeutlicht Trainingseffekte auch grafisch in Form von Balkendiagrammen. Die eigentlichen Wettkämpfe sind in diesem Modus eher Nebensache: Ist das Training abgeschlossen, laufen die Wettbewerbe automatisch ab und der Computer berechnet dabei die Gewinnchancen der Teilnehmer, indem er je nach Disziplin das vorausgegangene Training zugrundelegt.
Im zweiten Hauptteil des Spiels sieht es genau umgekehrt aus: Da akzeptiert der Trainer eine durchschnittlich aufgebaute Mannschaft und steigt ohne Training direkt in die Wettkämpfe ein. Dafür kann er jetzt durch eigene Aktion ins Geschehen eingreifen. Auf dem Programm stehen klassische Disziplinen wie 100-Meter-Sprint, 110 Meter Hürden, Hochsprung, Weitsprung und Speerwerfen. Bei der Steuerung mit der Maus oder dem Joystick kommt es traditionell auf hektische Links-Rechts-Bewegungen an, um dem Sprite auf dem Bildschirm die nötige Geschwindigkeit zu verleihen. Auch in Carl-Lewis-Challenge fehlt dieses altbekannte atemlose Joystick-Rütteln nicht. Alternativ dazu bietet das Spiel aber noch zwei weitere Steuerungsvarianten: Ganz Faule drücken einfach den Feuerknopf, wenn das Programm eine entsprechende Meldung ausgibt. Wer nicht ganz so primitiv agiert, versucht sein Sprite durch einen perfekten Laufrhythmus ins Ziel zu bewegen. Bei Hürdenlauf, Hoch-, Weitsprung und Speerwurf spielt die Lauftechnik immerhin eine entscheidende Rolle. Alternativ zum Joystick ist auch Steuerung mit der Maus möglich. Wer Staub auf dem Tisch liegen hat oder ein noch ganz neues Mauspad besitzt, kann dies durch heftiges Links-Rechts-Schütteln der Maus ändern.
Beim Speerwurf kommt es auf den korrekten Anlauf an, den optimalen Abwurfwinkel des Speers von ca. 45 Grad sowie auf ein optimales Timing zwischen den verschiedenen Bewegungsabläufen. Etwas Übung erfordert auch der Weitsprung, auch wenn das Programm dem Sportler schon automatisch den richtigen Dreheffekt verleiht. Von einer Disziplin zur andern unterscheiden sich die Anforderungen an die Steuerung nicht eben radikal: Wer das Ganze ein paarmal durchgespielt hat, hat entweder seinen Joystick zerstört oder schaltet irgendwann auf den Trainingsmodus.
Apropos Modus: Die dritte Hauptvariante im Spiel kombiniert natürlich Training mit Wettbewerb. Zuerst baut der Coach seine Mannschaft in sorgfältig ausgeklügelter Schinderei auf, um dann im Wettbewerb selbst das beste am Joystick zu geben. Je nachdem wie gut die Vorbereitungen ausgefallen sind und wie gut der Wettbewerb läuft, gibt es hier echte Chancen auf Medaillen.
Die gesamte Szenerie präsentiert sich im Fernsehkamerablick (inklusive Zeitlupe bei den Wettbewerben), Zuschauertribünen, Kampfrichter und Reporter scrollen butterweich an den Akteuren vorbei und bilden zusammen mit den Sounds und digitalisierten Bildeinlagen eine schöne Atmosphäre (natürlich muß Carl Lewis hier und da auch mal seine Visage im Spiel zeigen).
Doch das dicke Ende kommt nach: Die Steuerung zusammen mit den Handlungsmöglichkeiten im Spiel sorgen zwar für den einen oder anderen Aha-Effekt, sie ist aber sicherlich nicht dazu geeignet, den Spieler stunden- oder gar tagelang vor dem Monitor zu fesseln, (hu)
WERTUNG
Carl Lewis Challenge
TT ✓ STE ✓ ST ✓
Hersteller: Psygnosis
Preis: ca. 90 Mark
Mono: nein
Genre: Sportsimulation
Grafik: 5 von 6
Sound: 4 von 6
Motivation: 4 von 6
Leisuresoft, Robert-Bosch-Str 1,4703 Bönen