Atarium: Ausgerechnet MetaDOS!

Alle reden von CDs. Wir seit letztem Monat auch wieder. Dieses Mal geht es darum, welche Laufwerke man anschließen kann, und welche Software man dazu braucht. (Julian F. Reschke)

Wenden wir uns zunächst der Frage zu, was für CD-ROM-Laufwerke angeboten werden (oder wurden):

Zunächst einmal gibt es natürlich das »legendäre« Atari-Laufwerk »CDAR 504«, das wir bereits letzten Monat ([1]) erwähnten und das auf einem Chinon-Laufwerk basiert. Das CDAR 504 hat eine ACSI-Schnittstelle und dürfte weltweit in knapp 1000 Exemplaren existieren (das erscheint wenig, dürfte aber noch immer ein signifikanter Teil aller am Atari betriebenen CDROMS sein - aber das soll sich ja nun langsam ändern).

Die heutzutage erhältlichen CD-ROMs gehören zu zwei verschiedenen Gruppen: Da wären einmal die SCSI-Laufwerke, die in erster Linie an High-End-PCs, Macs, Workstations, Amigas und eben Ataris angeschlossen werden. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe von »Low-Price«-Geräten, die meist an eigene Schnittstellenkarten oder spezielle Interfaces an Soundkarten angeschlossen werden müssen und daher nur an PCs eingesetzt werden können. Darüberhinaus gibt es bei diesen Laufwerken allerlei Unterschiede und nur spärliche Dokumentation, so daß auch PC-Benutzer ihre lieben Probleme haben, wenn sie die Geräte unter einem anderen Betriebssystem als »DOS« oder vielleicht »OS/2« ansprechen wollen.

Bleiben wir also bei den SCSI-Geräten, denn wer ein CDAR 504 hat, wird es normalerweise aus nostalgischen Gründen kaum herausrücken. Für den Anschluß von SCSI-CDROMS gelten in etwa dieselben Überlegungen wie beim Betrieb von SCSI-Festplatten: entweder man hat einen »TT« oder »Falcon 030«, oder man braucht einen speziellen Hostadapter.

Warum nur »in etwa«? Bei CD-ROMs, die dem SCSI-2-Standard entsprechen, können auch die Audio-Funktionen (Lautstärke regeln, Lied abspielen etc) per Software angesprochen werden. Die dazu notwendigen Kommandos gehören allerdings weitestgehend nicht zu den »Klasse-0-Kommandos«, so daß man sie nicht über die ACSISchnittstelle abschicken kann (manche Hostadapter können es allerdings doch, nur nützt dies nichts, wenn die Treiber-Software nichts davon weiß). Generell gilt also beim Betrieb an der ACSI-Schnittstelle: Daten einlesen ja, Audiokommandos nein. Eine Ausnahme bildet das CDAR 504, bei dem die Audiokommandos auf erreichbaren, allerdings zum SCSI-Standard inkompatiblen Kommandonummern liegen.

Problemkind Multisession

Ein ähnliches Problem ergibt sich beim Multisession-Betrieb: auch das dafür benötigte SCSI-Kommando liegt normalerweise nicht im Bereich der Klasse-0-Kommandos (zudem ist es nicht genormt), so daß man beim Anschluß am ACSI-Bus nur auf die erste Session einer Photo-CD wird zugreifen können. Es ist zwar denkbar, daß diese Probleme für bestimmte Hostadapter lösbar sind und gelöst werden - zur Zeit muß man aber diese Einschränkungen hinnehmen.

Bevor wir uns der Softwareseite zuwenden, sollen noch ein paar Tips zur Kaufentscheidung gegeben werden. Das Laufwerk sollte dem XA-Standard genügen, denn sonst kann es die »Photo-CD« und möglicherweise viele neue andere CD-ROMs nicht lesen (Abhilfe könnten spezielle Treiber geben, aber die gibt es bislang noch nicht. Siehe in [1]).

Für viele Anwender ist auch die »Multisession-Fähigkeit« wichtig. Anderenfalls kann man bei Photo-CDs nur jeweils die erste »Session« ansprechen (diese Frage dürfte in erster Linie für die Photo-Hobbyisten und -Profis wichtig sein). Die Laufwerke, die jetzt neu auf den Markt kommen, sind meistens bereits multisession-fähig.

Bei viele neuen Laufwerken wird mit doppelter oder gar vierfacher Übertragungsgeschwindigkeit geworben. Schneller ist natürlich stets besser, allerdings kann man gerade hierbei den einen oder anderen Schein einsparen. Probleme werden sich wahrscheinlich erst bei Multimedia-Anwendungen (wenn komprimierte Audio- und/oder Video-Informationen in Echtzeit gelesen werden sollen) einstellen.

Schließlich und endlich darf man sich noch entscheiden, ob man es denn mit »Caddy« lieber mag oder nicht. Ein Caddy ist eine spezielle Schutzhülle, in die die Silberscheibe eingelegt werden muß, bevor sie ins Laufwerk wandern kann. Sinn der Sache soll sein, daß die CDs besser geschützt sind. In der Praxis hat man allerdings nie genauso viele Caddy wie CDs (schon mal gar nicht, wenn man auch ab und zu eine Audio-CD einlegen will). Resultat ist, daß das Einlegen von CDs sowohl umständlicher als auch unsicherer wird, als wenn man die CD gleich in eine geöffnete Schublade gelegt hätte. Leider gibt es die »Caddy-freien« Geräte in erster Linie im PC-Billigbereich (kein SCSI).

Sehr interessant könnte das von Apple angekündigte portable CD-ROM »Power-CD« sein. Es soll XA- und Multisessionfähig sein, hat eine SCSI-Schnittstelle, benötigt keine Caddys und hat einen Video-Ausgang zum Direktanschluß eines Fernsehgeräts (um Photo-CDs direkt zu betrachten). Gerade der letzte Punkt ist sehr wichtig, weil man sich nicht unbedingt an den heimischen Rechner begeben muß, um seine Photo-CDs vorzuführen. Wir werden über dieses interessante Gerät berichten, sobald es erhältlich ist.

Welche Software wird nun benötigt, um das CDROM-Laufwerk in Betrieb zu nehmen? Von Atari frei erhältlich ist »MetaDOS 2.0« (metados2.zip, 16896 Bytes, zum Beispiel in der Maus »MS2« erhältlich).

MetaDOS besteht aus einem residenten Programm für den Auto-Ordner (metados.prg), Gerätetreibern für den physikalischen Zugriff (Dateien mit der Endung BOS) sowie Dateisystemtreibern (Dateien mit der Endung DOS). Zur Konfiguration dient die Datei »CONFIG.SYS«, die ebenfalls in den AUTO-Ordner kopiert wird (s. Abb. 1).

Meta DOS für die ACSI-Schnittstelle

Zu MetaDOS gehört die BOS-Treiberdatei »CDARGEN.BOS«. Sie kann für alle SCSI-CD-ROMs an der ACSI-Schnittstelle (auch für das CDAR 504) oder der TT-SCSI-Schnittstelle benutzt werden. Die SCSI-Schnittstelle des Falcon 030 kann allerdings noch nicht eingesetzt werden (wer schreibt einen BOS-Treiber?).

Ebenfalls mitgeliefert werden »HSMAY86.DOS« (High-Sierra-Dateisystem) und »IS09660F.DOS« (Dateisystem für CDs im ISO-Level-1-Format). Das High-Sierra-Dateisystem wird man allerdings in den allerseltensten Fällen benötigen (ich habe es auf jeden Fall noch nie gebraucht). Die Dateisystemtreiber rufen die Funktionen aus den BOS-Treibern auf - ihnen ist es also völlig egal, ob das CD-ROM nun an ST, TT oder Falcon angeschlossen ist.

Die Datei »CONFIG. SYS« sieht komplizierter aus, als sie ist: im Grunde genommen werden nur die Namen der Treiberdateien, die Geräteadressen sowie die Laufwerksbuchstaben eingetragen. Abb. 1 zeigt eine solche Datei für den Fall, daß an einem TT ein SCSI-CD-ROM auf SCSI-Gerätenummer 5 und das CDAR 504 auf ACSI-Gerätenummer 7 angeschlossen ist. Den beiden Geräten werden die MetaDOS-Laufwerksbuchstaben »Y« und »X«« zugeordnet (diese Kennungen haben nichts mit GEMDOS-Laufwerksbuchstaben zu tun; sie werden nur intern verwendet).

Auf beiden Geräten wird das ISO-Dateisystem benutzt, die Dateien erscheinen dann unter den GEMDOS-Laufwerkskennungen »R:« und »Q:«.

Neben der Unfähigkeit, die SCSI-Schnittstelle des Falcon zu bedienen, hat die aktuelle MetaDOS-Version noch einen weiteren großen Nachteil: Multisession-CDs werden nicht unterstützt. Hier sollte Atari dringend die Software auf den neuesten Stand bringen.

Die Alternative zu MetaDOS ist ein spezieller CDROM-Treiber für »MINT« bzw. »MultiTOS«. Eine Testversion dieses Treibers, der auch CDs im ISO-Level-2-Format verarbeitet (längere Dateinamen!) gibt es bereits, ist allerdings bislang nur bei »Color Concept« im Rahmen der Photo-CD-Software erhältlich. Auch dieser Treiber ist »unvollständig«: er kann zwar die SCSI-Schnittstelle des Falcon ansprechen, ignoriert aber Geräte an der ACSI-Schnittstelle. Immerhin unterstützt er den Multisession-Betrieb - allerdings nur dann, wenn eines der CD-ROM-Laufwerke von »TOSHIBA«, benutzt wird.

Das Ganze scheint nicht nur verwirrend, sondern ist es auch. Die einzige Entschuldigung, die man dafür gelten lassen könnte, ist die verwickelte Entstehungsgeschichte von MetaDOS und der turbulente »Umstieg« auf einen MiNT-Treiber. Wie man sieht, müssen die Programmierer bei Atari dringend ihre Hausaufgaben machen. Entweder muß MetaDOS vervollständigt werden, oder aber der MiNT-Treiber wird so überarbeitet, daß er auch die ACSI-Schnittstelle benutzen kann. Außerdem müßte er natürlich für jedermann frei zugänglich sein.

Hat man aber erst einmal alle diese Anfangsschwierigkeiten überwunden, stehen der Benutzung von CD-ROMs keine Hindernisse im Weg. Bei unseren Tests konnten wir - im Rahmen der bereits erwähnten Einschränkungen - sowohl die antiquarische »Maxon-PD-CD«, CDs für »SUN«-Workstations und für PCs, Photo-CDs und auch »ElectronicBook-CDs« einwandfrei lesen.

Einziges Manko: für die meisten CDs, die für andere Plattformen gedacht sind, wird die benötigte Anwendungssoftware nur für PCs (und gelegentlich für Macs) mitgeliefert. Man bleibt also auf solche CDs beschränkt, bei denen die Dateien ein plattformübergreifendes Format haben. Dies gilt in erster Linie für Sammlungen von Grafiken und Sounds, sowie für die Kodak PhotoCD.

Zur Benutzung der Kodak Photo-CD ist im Grunde genommen keinerlei spezielle Software vonnöten. Man benötigt lediglich Programme, die die Grafikdateien im PhotoCD-Format (PCD) einlesen können. Das Dateiformat ist allerdings nicht veröffentlicht, so daß Entwickler kommerzieller Applikationen kaum eine andere Wahl haben, als bei Atari das »Photo-CD-Toolkit« (nähere Informationen beim Atari-Entwicklersupport) einzukaufen.

Die einzige uns momentan bekannte kommerzielle Applikation ist »ColorDisc PCD«, die es bei Color Concept im Paket mit einem Toshiba-Multisession-Laufwerk (inkl. Gehäuse und Netzteil) für 1699 Mark gibt. Einzeln kostet sie 499 Mark, bietet allerdings auch Funktionen, die über den Hobby-Einsatz hinausgehen (zum Beispiel Farbseparation). Angesichts sinkender Preise für einfachere CDROM-Laufwerke wäre Color Concept sicherlich gut beraten, die Software - evtl. auch eine abgespeckte Version - günstiger anzubieten, was nach Auskunft der Firma auch tatsächlich geplant ist. »DMC« bietet daneben einen PCD-Importtreiber für Calamus an (99 Mark).

Zum Schluß noch die neuesten Nachrichten von der der MiNT-Front: die MiNT-Libraries (s. Abb. 2) gibt es jetzt in der Version (Patchlevel) 32. Ein neues MiNT-Release mit der Versionsnummer 1.06 wird ebenfalls für die nahe Zukunft erwartet. (uw)

Quellennachweis:

[1] Julian F. Reschke: »Ausgerechnet MetaDOS!", ST-Magazin 7/1993, Seite 90

;
; Config.sys	An ascii file that describes the System configuration.
;
; Physical Bacic operating system format
;*BOS, [Physical Bos driver][Arguments], [Physical id]:[DMA channel], ...
;
; Die folgende Zeile meldet den Treiber 'CDARGEN.BOS' für ACSI-Laufwerk
; 7 und SCSI-Laufwerk 5 (13 minus 8) an. Den beiden Geräten werden die
; MetaDOS-Gerätebuchstaben Y und X zugeordnet.
*BOS, C:\AUTO\CDARGEN.BOS, Y:7, X:13
; Logical DOS format.
;*DOS  [Logical DOS] [Arguments], [Logical id]:[physical id],...
;
; 'Auf' den MetaDOS-Geräten Y und X wird der Filesystemtreiber
; 'ISO9660F.DOS' installiert . Die neuen GEMDOS-Geräte haben die
; Laufwerksbuchstaben R und Q.
*DOS, C:\AUTO\IS09660F.DOS, R:Y, Q:X

Beispiel für eine CONFIG.SYS-Datei

MINT 1.04, Betatest-Version für Programmierer

mint104s.zoo (303024 Bytes) - Soureecode der Betatest-Version von MiNT 1.04; geeignet für GNU-CC

mnt 104pc.zoo (2181 Bytes) - Änderungen zur Übersetzung mit PureC 1.1 (es werden eine Unix-Shell und »patch.ttp« benötigt).

MiNT-Libraries (Patchlevel 32, mit viel interessantem Beispielcode):

mntinc32.zoo (110649 Bytes) - Headerfiles

mntlib32.zoo (381794 Bytes) - Die C-Quelltexte

mntolb32.zoo (284376 Bytes) - die fertig übersetzten Bibliotheken für GNU-cc.

Diese Dateien sollten in jeder besser sortierten Mailbox zu finden sein (zum Beispiel: Maus »MS2«).

Leser mit Internet-Zugang können die Dateien auch u. a. auf den ftp-Servern »atari.archive.umich.edu« und »ftp.uni-muenster.de« im Verzeichnis »atari/Mint« finden. Selbstverständlich kann es sein, daß bis zum Erscheinungstermin die neue MiNT-Version oder neue Libraries (Patchlevel »= 33) verfügbar sind.

Die zur Betatest-Version von MiNT1.04 gehörigen Dateien.


Julian F. Reschke
Aus: ST-Magazin 08 / 1993, Seite 45

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