Rufus - Komfort-Kommunikation fast umsonst

Terminalprogramme gibt es für den Atari ST, seit er verfügbar ist. Die meisten Programme dieser Sparte waren mit einer VT52- und VT100-Emulation ausgestattet. Als Übertragungsprotokolle boten fast alle XMODEM und KERMIT. Heute gibt es eine Reihe von Programmen, die vom Leistungsumfang her kaum noch Wünsche offenlassen. Die Benutzeroberfläche der mei-sten dieser Programme haben einige GEM-Elemente aufzuweisen, aber vor einer echten Einbindung ins GEM schrecken viele Programmierer immer noch zurück. Die Folge ist, daß Besitzer von Großbildschirmen oder der Grafikerweiterung »Hyperscreen« ihre Modems ausschalten oder dies Bildschirmdarstellung mit 640 x 400 Punkten wählen müssen.

Genau hier setzt der Programmierer von »Rufus« an. Sein Grundgedanke: ein Terminalprogramm, das auf jedem Bildschirm zu Hause ist, ohne dabei die Leistungsfähigkeit und Geschwindigkeit zu beeinträchtigen.

Beim Start von Rufus erscheint nach kurzer Zeit ein neuer Desktop mit einem Window und einer Menüleiste. In diesem Fenster laufen sowohl das Terminal als auch der View-Puffer. Normalerweise hat das Fenster nur einen Verschiebebalken und eine Infozeile. Mit dem Verschiebebalken läßt sich das Fenster auf dem Desktop frei positionieren. Im Titel steht der Name der letzten erreichten Mailbox. Die Infozeile informiert über den Zustand des Terminals. Links erscheint der Zustand des Zahlenfeldes. Ein NUM bedeutet, daß die normalen Zeichen gesendet werden. Im Application-Modus liefern die Tasten die Zeichenfolgen, die das emulierte Terminal senden würde. Die rechte Maustaste schaltet in den View-Puffer. Das Fenster hat nun auch einen vertikalen Schieber, der den Cursor im Puffer bewegt. <Cursor aufwärts» und Cursor abwärts» scrollen zeilenweise, in Verbindung mit einer Shift-Taste auch seitenweise.

Rufus verfügt über eine VT52- und eine VT100-Emulation. Letztere versteht auch alle ANSI-Codes und die meisten VT2xx-Befehle. Als Übertragungsprotokolle bietet Rufus neben X-, Y- und ZModem auch einen speziellen Übertragungsmodus zwischen zwei Computern. Der Autor Michael Bernards nennt diesen Modus »Stream«. Dieses Protokoll entstand aus der Not, Daten mit einem MNP5-Modem zu übermitteln. Da Protokolle wie X- oder ZMODEM nicht auf diesen Modems einzusetzen sind, suchte der Autor nach einer Alternativlösung. Ein Nachteil von Stream ist, daß ihn bisher nur Rufus versteht. Dafür ist er aber etwa 20 Prozent schneller als ZMODEM. Sendet oder empfängt man eine Datei im ZMODEM-Proto-koll, so lädt Rufus eigene Programme nach, die diese Aufgabe übernehmen. Dies stört beim Betrieb mit einer Diskettenstation, da eine Ladepause entsteht. Beim Festplattenbetrieb ist das Nachladen kaum zu bemerken.

Ein besonderer Clou von Rufus ist der Accessory-Modus, in dem das Programm mit einigen neuen Funktionen, wie beispielsweise einem Hintergrundtransfer aufwartet. Dies ist besonders beim Übertragen langer Dateien von Vorteil, da der ST bei den meisten Terminalprogrammen für die Dauer der Übertragung blockiert ist. Mit Rufus läßt sich also beispielsweise aus der Textverarbeitung heraus eine Mailbox anwählen, die Übertragung einer Datei starten und danach weiter der Text bearbeiten.

Da Accessories keine Drop-Down-Menüs haben dürfen, besitzt Rufus sogenannte Pop-Up-Me-nüs. Man öffnet das Hauptmenü durch einen Klick in das Fenster oder durch Drücken der <Help>-Ta-ste. Mit dem grauen Balken läßt sich dieses Menü bei gedrückter linker Maustaste frei positionieren. Bei Menüeinträgen, die mit einem Pfeil versehen sind, klappen nach einer Berührung mit dem Mauszeiger die weiteren Menüs herunter. Bei der Gestaltung der Dialboxen und der Menüleiste hat der Autor auf die Bedienungskonsistenz un tereinander und zu anderen Programmen geachtet. So ist z.B. in bester GEM-Manier in allen Boxen ein OK- und ein Abbruch-Knopf zu finden, die immer unten rechts in der Ecke plaziert sind. Selbstverständlich lassen sich alle Funktionen auch über die Tastatur erreichen.

Die Dialoge von Rufus sehen anders aus als bei den meisten anderen GEM-Programmen. Dies liegt an den »Fliegenden Dialogen« von Julian Reschke, die in Rufus ihren Dienst verrichten. Alle Dialoge haben den gleichen Aufbau. Oben links in der Ecke steht ein unterstrichener Text, der die Überschrift darstellt. Am unteren Rand sind die Aktionsknöpfe angesiedelt. Mit diesen Knöpfen verläßt man den Dialog. Den fett umrandeten Knopf löst die <Return>-Taste aus.

Sie werden nun sagen, das ist nichts besonderes, das kann jedes GEM-Programm. Rufus bietet hier aber deutlich mehr. Oben rechts in der Ecke der Dialogboxen sehen Sie einen Verschiebeknopf. Klickt man ihn an und hält den Mausknopf gedrückt, läßt sich die Dialogbox frei auf dem Bildschirm positionieren. Eine weitere Besonderheit sind die Shortcuts. Überall dort, wo ein Zeichen unterstrichen ist, lösen Sie die entsprechende Funktion mit eben diesem Zeichen bei gedrückter <Alternate>-Taste aus. So verlassen Sie beispielsweise fast jeden Dialog mit <Alternate A>. Taucht irgendwo ein Pfeil in einem Dialog auf, wie z.B. bei der Bau-drateneinstellung im RS232 -Menü, lösen alternativ die Cursortasten die entsprechende Funktion aus.

Gerade bei der DFÜ kommt es immer wieder vor, daß sich Abläufe wie beispielsweise das Einloggen ständig wiederholen. Um diese Aufgaben zu automatisieren, verfügt Rufus über eine eigene mächtige Programmiersprache. Diese Programme dürfen sogar Labels oder Sprungmarken enthalten, auf die man mit IFs oder GOTOs zugreift.

Das ausführliche Handbuch ist in vier Bereiche untergliedert. Im ersten Teil erklärt es den Umgang mit Rufus, also die einzelnen Elemente. Es folgt eine genaue Beschreibung aller Menüs und Dialogboxen und deren Funktion. Anschließend geht es detailliert auf die komplexeren Funktionen von Rufus ein. Ein Referenzteil rundet den positiven Eindruck der Dokumentation ab.

Nun werden Sie sich fragen, was ein Programm mit diesen Leistungsmerkmalen kostet. Lobenswerterweise hat sich der Programmautor entschlossen, Rufus nicht auf die herkömmliche Weise zu vertreiben, sondern als Shareware. Dies bedeutet, daß jeder Rufus kopieren und ausprobieren darf. Findet das Programm keinen Gefallen, so wird es einfach gelöscht oder verschwindet im Diskettenkasten. Überzeugen die Qualitäten von Rufus den neuen Besitzer und benutzt dieser das Programm häuf figer, dann sind dem Autor 50 Mark zu überweisen - überrasschend wenig für ein derart leisstungsstarkes Programm.

Daher ein Apell an die Ehrlichkeit aller Anwender: Bezahlen Sie dem Autor die Arbeit, die er in Rufus inv vestiert hat. Denn nur so kann sich das überzeugende Shareware-Prinz zip auch bei uns so weit verbreiten wie in den USA. Schließlich profit tieren auch Sie davon, wenn Sie Programme vor dem Kauf ausgieb big testen können. Wenn dieses Tes sten nicht nur beim Händler, sond dern mit Ihrer Gerätekonfiguration stattfindet, ist das die beste Mögl lichkeit nicht die sprichwörtliche Katze im Sack kaufen müssen.

Michael Bernards, Bussardweg 1,5204 Lohmar/Geber

WERTUNG

Name: Rufus

Hersteller: Michael Bernards
Preis: 50 Mark

Stärken: Unterstützt als GEM Anwendung alle Bildschirmformate □ als Programm und Accessory einsetzbar □ mächtige Programmiersprache □ über Tastatur zu bedienen

Schwächen: Lädt ZMODEM-Programme nach

Fazit: Ein sehr leistungsstarkes DFÜ-Programm zu einem äußerst günstigen Preis


Ulrich Hofner
Aus: TOS 06 / 1990, Seite 49

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