Der feuerrote Heinzelmann: Midex, ROM-Port-Expander

Test: Midex, ROM-Port-Expander und Synchronisator von Steinberg
Lange genug hat es gedauert, aber nun ist er endlich lieferbar, der feuerrote Heinzelmann aus dem Hause Steinberg. Ob sich das Warten gelohnt hat? Eindeutige Antwort: Ja.

Es gibt kaum ein Problem, das die findige Musikelektronik-Branche nicht gegen Abgabe eines kleinen Unkostenbeitrags löst. Steinbergs Vorschlag nennt sich »Midex+«, ist beeindruckend rot und tritt für 890 Mark in die Dienste des leidgeplagten Musikus. Frei nach dem Motto »Drei Dinge braucht der Mensch: MIDI-Expander, Key-Expander, Timecode« bietet der Midex+ viele nützliche Funktionen kompakt in einem Gehäuse. Wer keinen Timecode benötigt, verzichtet auf das »+« und spart damit 200 Mark.

Vielseitiges Talent im attraktiven Gewand: Midex + vereinigt MIDI Expander, zusätzliche MIDI-Anschlüsse und Timecode in seinem knallroten Gehäuse.

Befindet sich der Midex an seinem Platz, muß zuerst der Midex-Treiber im MROS-Ordner in »MIDEX.DRV« umbenannt und somit aktiviert sein. jetzt stehen unter »Cubase« und »Cubeat« vier zusätzliche MIDI-Outs sowie zwei neue MIDI-Ins bereit, d. h., Sie haben insgesamt 80 getrennt adressierbare MIDI-Kanäle zur freien Verfügung. Eine stattliche Zahl, die auch bei großen MIDIAnlagen ausreichen sollte. Die beiden MIDI-Ins fügt Midex mit den am Atari-Port eintreffenden Daten zusammen.

Die zusätzlichen MIDI-Ein- und Ausgänge lassen sich auch von Programmen anderer Hersteller nutzen. Dazu starten Sie zunächst den »Switcher«, ein auf der CubaseDiskette befindliches Programm, das den Betrieb von maximal zehn verschiedenen Programmen erlaubt. Im Switcher nehmen Sie für jedes Programm die entsprechenden Einstellungen für das MIDI-Routing vor. So könnte z. B. Ihr Public Domain »FBO1 «-Editor auf MIDIOut 1, Ihr » D-110«-Editorauf MIDI-Out 2 und der universelle Sample-Editor auf MIDI-Out 3 senden. Sie sehen, einer komfortablen MIDI-Anlage steht kaum noch etwas im Wege.

Viele Programme im Musikbereich sind durch Keys kopiergeschützt. Meist steckt dieser Kopierschutz im ROM-Port des ST, so daß Besitzer mehrerer »verschlüsselter« Programme gezwungen sind, ständig ihre Keys zu wechseln. Eine Prozedur, die der Lebensdauer des ROM-Port abträglich ist. Abgesehen von diesem mechanischen Aspekt ist auch der MIDIMultitasking-Betrieb solcher Software normalerweise unmöglich, da ein Austausch der Keys bei eingeschaltetem Computer zum sofortigen Ableben von Key und Computer führen kann.

Abhilfe schafft der im Midex integrierte Key-Expander, der den Betrieb von maximal vier Keys gestattet. Eine Leuchtdiode neben den vier Slots gibt Auskunft über den gerade aktiven Steckplatz. Aus der Bedienungsanleitung des Midex erfährt der Anwender, daß alle Steinberg-Programme in der Lage sind, den Platz »ihres« Keys selbständig zu ermitteln.

Wie sich die Zusammenarbeit mit Keys anderer Herkunft gestaltet, verschweigt das »Instruction Manual« leider völlig. Da auch eine längere Suche am Midex-Gehäuse nach offensichtlichen oder versteckten Tastern zum manuellen Durchsteppen der Slots ergebnislos verlief, und sich ein »Fremdkey« wie erwartet nicht im zweiten Slot ansprechen ließ, schaffte erst ein Telefonanruf beim verantwortlichen hanseatiaschen MIDI-Kontor Klarheit: »Nein, so ohne weiteres lassen sich andere Keys höchstens in Slot 1 betreiben.« Ganz frisch programmiert sei ein Accessory, mit dem sich per Mausklick der gewünschte Steckplatz anwählen lasse. Ein Taster sei wohl aus Kostengründen entfallen. An dieser Stelle verweise ich kommentarlos auf den Preis des Midex.

Immerhin, am nächsten Tagtraf ein Accessory mit Namen » Next Slot« ein und erfüllte seine Aufgabe tadellos. So bereitet der Betrieb auch mit anderen Keys keine Schwierigkeiten mehr. Noch bequemer ist der Einsatz des Switchers, der jedem der zehn möglichen Programme einen Slot zuordnet und diesen beim Umschalten auch automatisch anwählt.

Wie bereits erwähnt, besitzt der Midex+ zusätzlich die Fähigkeit SMPTE (sprich: Sämptih) Timecode zu lesen und zu schreiben. Den eigenwilligen Namen verdankt dieser Timecode seinen Initiatoren, nämlich der »Society of Motion Picture and Television Engineers« (Gesellschaft der Film- und Fernsehtechniker). Dementsprechend war »SMPTE« ursprünglich auch nur für die Synchronisation von Bild und Ton gedacht. Aufgrund seiner »Echtzeitinformationen« etablierte sich dieser Standard aber auch in der Audiowelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Synchronisationsarten gibt SMPTE nämlich nicht nur den reinen Synchronisations-»Puls« sondern auch gleichzeitig die genaue Laufzeit an.

Ein Praxisbeispiel verdeutlicht den Unterschied: Angenommen Sie möchten eine Bandmaschine mit Ihrem MIDI-Sequenzer synchronisieren. Zu diesem Zweck müssen Sie zunächst eine Spur des Tonbandgeräts mit Timecode bespielen. Bei herkömmlichen Sync-Verfahren müßten Sie nun Sequenzer und Bandmaschine jedesmal an den Song-Anfang spulen, um beide Geräte parallel zu betreiben. Benutzen Sie jedoch SMPTE, starten Sie die Bandmaschine einfach an jeder beliebigen Stelle, und schon läuft auch Ihr Sequenzer exakt an der gleichen Position an. Seine Herkunft verrät SMPTE auch bei der zeitlichen Strukturierung seiner Signale: Sie sind in Stunden, Minuten, Sekunden und » Frames« (Einzelbilder) unterteilt. Ein SMPTE-Wort besteht aus 80 Bits. Abhängig von der jeweiligen Fernsehnorm zählt SMPTE 24, 25, 30 oder 30 » drop frames« pro Sekunde. Die »drop frames« dienen der zeitlichen Korrektur der NTSC(amerikanische Fernseh-) Norm, die eigentlich 29,97 und nicht 30 Bilder pro Sekunde liefert. Zu Beginn jeder Minute läßt SMPTE dabei zwei Frames unter den Tisch fallen (to drop), um so sein leichtes Voraneilen zu kompensieren.

Midex+ ist in der Lage, alle eben aufgeführten Frame-Frequenzen zu lesen und zu schreiben. Die Steuerung der SMPTE-Fähigkeiten erfolgt entweder über Cubase oder über »Mimix«, die Mischpultautomation von Steinberg.

Midex oder Midex+ stellen eine höchst sinnvolle Ergänzung des MI DI-Studios dar, und wer sich erst einmal an den Komfort der vier Key-Slots und der erweiterten MI DI-Kanäle gewöhnt hat, möchte den feuerroten Heinzelmann nicht mehr missen. Das Warten darauf hat sich gelohnt. Der Preis von 690 bzw. 890 Mark ist in Anbetracht der gebotenen Leistung angemes sen. Allerdings ist das Fehlen eines Tasters zur Slotumschaltung in die ser Preiskategorie absolut unver ständlich.

(wk)

<B>WERTUNG</B><BR> <B>Name:</B> Midex bzw. Midex+<BR> <B>Hersteller:</B> Steinberg<BR> <B>Preis:</B> 690 bzw. 890 Mark<BR> <B>Stärken:</B> Vier ROM-PortSteckplätze, vier MIDI-Out, zwei MIDI-In, Timecode, unter MROS automatische Wahl des Keys <BR> <B>Schwächen:</B> Kein Taster zum Umschalten der Keys
Fazit: Eine günstige Kombination von ROM-Port-Expander, Timecode und zusätzlichen MIDI-Anschlüssen <BR>

Steinberg, Billwerder Neuer Deich 228, 2000 Hamburg 28

Kai Schwirzke
Aus: TOS 11 / 1990, Seite 56

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