Kalkulation im Buch: Mastercalc Version 1.1

Mit seiner Bookware-Serie brachte der Markt & Technik Verlag Kombinationen aus leistungsfähigem Programm und ausführlichem Buch auf den Markt. »Mastercalc«, eine Tabellenkalkulation aus dieser Serie, verspricht viel Leistung für wenig Geld.

Es gibt inzwischen eine Reihe guter Tabellenkalkulationen für den ST. Für 89 Mark ist »Mastercalc« die preiswerteste Variante unter den käuflichen Programmen. Man erhält beim Kauf ein sauber gebundenes Buch, dem eine einseitige Diskette mit Programm und Beispieltabellen beiliegt. Das Buch enthält auf 220 Seiten alle wichtigen Informationen zur Installation des Programms, Hinweise für die ersten Gehversuche der Anfänger, einen Referenzteil und den Anhang. Die Qualität des Buches ist sowohl in seiner Funktion als Erläuterung zum Thema als auch als Handbuch ausgezeichnet. Allerdings wären etwas einfacher gewählte Beispiele vorstellbar.

Bild 1. Bedienungskomfort wie bei einem Macintosh-Programm
Bild 2. Das Erscheinungsbild von Mastercalc, hier mit dem Savage-Test
Bild 3. Aufgeräumt: die wichtigsten Menüpunkte von Mastercalc.
Bild 4: »Was-wenn«-Beispiel ein mitgeliefertes Beispiel zur Lageroptimierung aus dem Handbuch

Nun aber zum eigentlichen Kern des Tests, dem Programm. Schon höre ich eine Stimme aus der Leserschaft: »Ein Computerbuch kostet heute allein schon soviel, da kann das Programm nichts mehr taugen!« Ich will nicht verheimlichen, daß ich zuerst genauso dachte. Ohne dem Fazit vorwegzugreifen: In Mastercalc habe ich mich geirrt.

Geht man davon aus, daß zu einer modernen Tabellenkalkulation ein Rechenteil, ein Grafikteil für die Ausgabe der Balkendiagramme etc. und ein Datenteil gehört, der sich durch eine Makrobefehlssprache steuern läßt, so ist man zunächst von Mastercalc enttäuscht. Grafiken erzeugt das Programm nicht, und auch die Menüpunkte des »DATEN«-Menüs von »Lotus 1 -2-3« oder »LDW-Power-Calc« kennt Mastercalc nicht. Allerdings läßt sich eine einfache Datenverwaltung durch implementierte Befehle wie »@VVERWEIS« oder »@HVERWEIS« realisieren. Sortierfunktionen besitzt Mastercalc ebenfalls, allerdings bietet das Programm keine Makros, geschweige denn einen Makrorekorder.

Nun braucht man das Programm keineswegs gelangweilt zur Seite legen, denn bei den ersten Gehversuchen mit Mastercalc kommt durchaus Freude auf. Das Programm nutzt die GEM-Fähigkeiten * voll aus, es arbeitet sowohl in der hohen, als auch der mittleren Auflösung des ST und orientiert sich beim Bedienungskomfort am grossen Vorbild mit dem Apfel. Eine Menüleiste, wie von »Ist Word Plus« bekannt, befindet sich am unteren Bildschirmrand und läßt sich auch entsprechend bedienen.

Zur besseren Orientierung in der Tabelle ist ein ein- bzw. ausschaltbares Raster vorhanden.

Das Arbeitsblatt ist 2048 mal 512 Zellen groß. Diese Größenangaben haben aber zumeist nur theoretische Bedeutung, denn letztlich bestimmt der verfügbare Arbeitsspeicher die Tabellengröße und die Datenmengen. Im Rechenteil sind 77 Funktionen implementiert, deren Zahlenergebnisse das Programm mit einer internen Genauigkeit von 17 Stellen behandelt. Dabei stellt Mastercalc die Kommazahlen leider mit einem Dezimalpunkt dar.

Die Rechengeschwindigkeit überprüfte ich mit dem bekannten Savage-Test, d. h. Funktion und Gegenfunktion von Tangens, natürlichem Logarithmus und Quadrat jeweils der Zelle darüber und um 1 erhöht. Kopiert man diese Mammutformel in 1000 Zellen, so ist Mastercalc lediglich 12 Sekunden mit dem Rechnen beschäftigt und erlaubt sich nur einen Rechenfehler von 8E-09. Dies ist ein sehr guter Wert. Allerdings rechnet das Programm danach sehr langsam weiter, andere Programme sind hier schneller.

Der Bedienungskomfort ist im Vergleich zu Lotus 1-2-3 oder ähnlichen Programmen sehr stark verbessert. Das gelang vor allem durch den Verzicht auf zu viele verschachtelte Untermenü punkte. Zahlreiche einfache Menüpunkte erleichtern die Arbeit. So zieht man beispielsweise mit der Maus einen Bereich auf und kopiert mit einer Anweisung die erste Zelle in diesen Bereich. Viele Menüpunkte lassen sich nicht nur mit der Maus, sondern auch über die Tastatur ansprechen. Die Spaltenbreite ist ebenfalls mit der Maus einzustellen. Bereiche geben Sie sowohl mit der von Lotus 1-2-3 bekannten Schreibweise (AI ..B4), als auch mit der von »Multiplan« gewohnten Darstellung (AI :B4) an. Tabellenbereiche lassen sich fett und unterstrichen darstellen. Besonders bequem: Nicht nur Tabellenbereiche lassen sich mit der Maus markieren, auch bei der Formeleingabe zeigt der Anwender mit der Maus auf Zellen, deren Inhalte er in seiner Formel verwenden will.

Bis zu sechs GEM-Fenster stellt Mastercalc gleichzeitig dar. Eine besondere Fähigkeit des Programms besteht darin, zwei verschiedene Tabellen gleichzeitig zu laden und Daten zwischen diesen Arbeitsblättern auszutauschen. Das ist eine Seltenheit unter den Tabellenkalkulationen für den ST und erleichtert die Arbeit ungemein. Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade eine Rechnung mit einem Arbeitsblatt geschrieben, laden jetzt Ihre Buchhaltungstabelle, kopieren den Rechnungsbetrag und sind schon auf dem neuesten Stand Ihrer Büroorganisation.

Beim Scrollen über den Fensterrand in der Tabelle zeigt sich Mastercalc von seiner gemächlichen Seite. So erreicht es die Scrollgeschwindigkeit von LDW nicht. Dennoch geht die Arbeit flüssig von der Fland, da das Programm beim Erreichen des Fensterrandes, die Tabelle gleich um drei Zeilen verschiebt. Zusätzlich erlaubt die < Control >-Taste seitenweises Blättern.

Für den Seitenumbruch besitzt Mastercalc nicht nur einige Menüpunkte, die auch einem Textprogramm zur Ehre gereichen würden, auch in der Tabelle zeigt es Seitengrenzen durch besondere Linien. Das vereinfacht die Aufbereitung der Tabelle für den Ausdruck erheblich.

Noch eine Besonderheit ist in Mastercalc eingebaut: die »Was-wenn..«-Funktion. Damit geben Sie ein oder zwei Datenbereiche an und lassen Berechnungen aus diesen Bereichen durchführen. In einem Ergebnisbereich gibt das Programm die nach der eingegebenen Formel berechneten Werte aus. So finden Sie in einem Wertebereich schnell die für Sie günstigsten Angaben heraus. Bild 4 zeigt diese Funktion.

Für wen eignet sich Mastercalc? Mit seinem Preis und der guten Dokumentation empfiehlt sich das Programm jedem Kalkulationsanfänger. Eine Flaushaltsbuchführung oder eine Aufstellung für das Finanzamt läßt sich mit Mastercalc allemal hersteilen. Die betont einfach gehaltene Benutzerführung erleichtert das Erlernen einer Tabellenkalkulation. Anwender, die auf Grafiken innerhalb des Programms verzichten können und auch keinen Wert auf eine Makrosprache legen, finden in Mastercalc einen willigen Rechenknecht.

Immerhin bietet das Programm im Datenteil einigen Komfort wie die Arbeit mit mehreren Tabellen gleichzeitig.

Alles in allem eine preiswerte und ausreichend schnelle Alternative zu deutlich teureren Programmen dieser Art. (wk)

Markt&Technik, Hans-Pinsel-Str.2, 8013 Haar,

WERTUNG

Name: Mastercalc
Hersteller: Markt&Technik
Preis: 89 Mark

Stärken: konsequente GEM-Einbindung □ einfache Bedienung □ mehrere Tabellen gleichzeitig □ »Was-Wenn«-Funkton □ läuft in mittlerer und hoher Auflösung □ sehr gutes Buch
Schwächen: Keine Grafik □ keine Makros □ nach schnellem Savage-Test sehr langsame weitere Berechnungen

Fazit: Bei Verzicht auf Grafik und Makros eine richtige und preisgünstige Wahl für den Einstieg in die Tabellenkalkulation.


Christian Opel
Aus: TOS 12 / 1990, Seite 40

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