Editorial: Kritik am neuen Gehäuse - Ende des Baukastensystems?

Ataris Designer machten schon immer auf sich aufmerksam. Bei der ersten Präsentation des Atari ST fielen die schrägen Funktionstasten aus dem gewohnten Rahmen. Aber, auch ein Designer ist nicht vollkommen. Die ersten Festplatten im Schuhkartongehäuse nahm man dem Designer noch nicht übel; freute man sich doch in dieser Pionierzeit über jede Neuerung. Aufwärts zu gehen schien es mit der Einführung der Mega-Serie. Gefällig war das Design. Manche Kritiker konnten sich ein »Computer sind keine Legobausteinchen« nicht verkneifen. Den Käufern gefiel es aber, und das war die Hauptsache.

Aber wie sieht es beim TT und STE aus? Der Trend geht zu kleinen Gehäusen, versucht man bei Atari schwach zu argumentieren. Die Größe ist aber nicht der Kritikpunkt, siehe Mega ST. Was dem Gehäuse leider völlig fehlt, ist die Kombinationsfähigkeit mit weiteren Gehäusen. Bestes Beispiel: der Monitor. Der Fuß paßt nicht auf den Computer, sondern steht über. Natürlich sieht es schön aus, wenn der Monitor neben dem Gehäuse steht, aber wer hat schon genügend Platz am Arbeitstisch. Atari kündigte einen neuen Monitorfuß an. Alle Kunden erhalten den bisher verkauften Fuß umgetauscht. Mußte dieses Flickwerk sein?

Beim Problem, wie eventuelle Erweiterungen untergebracht werden sollen, zeigte Atari bisher keine Ideen. Schließlich sei es doch ein komplettes System: mit genügend Speicher und Festplatte. Aber genügen 48 MByte-Festplattenkapazität für ein System, das man mit bis zu 26 MByte RAM bestücken kann? Für eine stattliche Anzahl Kunden zweifellos nicht.

Auch ein VME-Bus-Anschluß ist da. Allerdings nur für eine kleine Version der VME-Karten und - eben nur für eine Karte. Also steht uns über kurz oder lang auch hier eine Erweiterungsbox ins Haus. Die Designer von Atari haben also noch genügend Chancen, uns zu erschrecken... Verzeihung, überraschen.

Herzlichst, Ihr Horst Brandl, Chefredakteur


Horst Brandl
Aus: TOS 03 / 1991, Seite 3

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