»Band in a Box«, Arrangierhilfe aus dem Computer

Auf MS-DOS Computern — ja, sogar da gibt es MIDI — ist »Band in a Box« ein beliebtes und weit verbreitetes Arrangierprogramm. Wir wollten wissen, was die ST-Version außer einer bunten Pappschachtel als Verpackung noch zu bieten hat.

Zum Lieferumfang gehören zwei Disketten mit einer Programm-Version für 512 KByte RAM und einer für 1 MByte und mehr Speicher. Dazu kommt ein dünnes DIN A5-Heftchen mit der englischen Anleitung. Ein Kopierschutz ist nicht zu entdecken, also flugs das Programm auf die Festplatte kopiert und gestartet.

Der erste Eindruck der Programmoberfläche erzeugt nicht gerade Beifallsbekundungen, die Oberfläche ist typisch amerikanisch und vollkommen MS-DOS-like (Bild 1). Die Fahrt durch die Menüzeilen verschafft einen ersten Überblick. Dann geht es an die Praxis. Also zunächst einen der 50 mitgelieferten Demosongs laden, die MIDI-Kanäle einstellen und aus den voreingestellten Drum-Sets das richtige Set (Roland R und TR, Yamaha RX, Korg M1 -Kit1) auswählen. Der Song selber ist in Akkordsymbolen notiert, die taktweise gruppiert auf dem Bildschirm zu sehen sind.

Bild 1. Die Hauptseite von »Band in a Box« kann die Herkunft vom PC nicht leugnen
Bild 2. Wenig Editier-Möglichkeiten für den gesamten Songablauf
Bild 3. Die wichtigsten Menüs mit den 24 Arrangier-Stilen

Alt x startet die Wiedergabe. Nach einer Wartezeit zum Generieren der Drumpattern sowie der Baßlinie und der Pianospur erklingt das Stück aus den Monitorboxen, und entgegen dem ersten äußerlichen Eindruck überrascht das Ergebnis positiv. Das Trio im Computer legt ganz gut los. Wenn jetzt noch Bläser dabei wären, könnte man schon unruhige Finger bekommen. Doch leider hat das Programm keine MIDI-Thru-Verbindung, so daß das Mitspielen etwas eingeschränkt ist. Beim zweiten Starten des Stücks erfahren Sie noch eine unangenehme Überraschung: Das Programm muß alle Spuren neu generieren - eine unnötige Verzögerung.

Kommen wir zum Kern des Programms, den verschiedenen Arrangier-Stilen. Besonders der »Miami Sound« reizt mich, denn ich wollte schon immer mal Produzenten mit meinem Stück im Jan Hammer-Stil konfrontieren. Über die Extension lassen sich die gespeicherten Songs mit unterschiedlichen Stilen leicht identifizieren. Die Auswahlbox zeigt nur die Stücke, die dem angewählten Stil entsprechen. 24 verschiedene Stile stehen zur Verfügung, und die Stimmen sind recht gut arrangiert. Beim Abspielen markiert das Programm die jeweils gespielten Akkorde und zeigt in der eingeblendeten Klaviatur die gespielten Baß- und Piano-Noten an. Doch fertige Demos befriedigen auf Dauer nicht, eigene Aktivität ist gefragt. Also ran an die Arbeit und eine eigene Akkordfolge eingegeben. Das Programm stellt immer 64 Takte, den gewählten Stil, Transposition und Tempo auf dem Bildschirm dar. Weitere Takte sind über den Page-Wähler am rechten unteren Bildschirmrand erreichbar. Insgesamt stehen 252 Takte zur Verfügung. Jeder Takt läßt sich mit den Cursortasten oder der Maus markieren. In der Eingabezeile am unteren Bildschirmrand - schöne Grüße vom PC-geben Sie nun die Akkorde ein. Auch halbe Takte lassen sich mit Akkordsymbolen füllen. Bei der Eingabe akzeptiert das Programm nahezu alle sinnvollen Akkorde. Mit einem Schrägstrich angehängte Töne geben Umkehrungen der Akkorde an. So bedeutet »C/E« C-Dur mit dem Grundton E. Man muß bei der Eingabe allerdings die amerikanische Schreibweise beachten, also B für H und Bb für B. Mehrere Akkorde in einem halben Takt sind über ein Komma zu trennen.

Jeder Takt erhält durch Drücken der Taste P einen sogenannten Substyle, der durch die Buchstaben a oder b gekennzeichnet ist. An diesen Positionen beginnt immer, eingeleitet durch einen Drum-Fill, eine Variation. Leider muß man für solch eine Ergänzung immer das Programm stoppen und neu generieren. Das macht die Sache etwas aufwendig. Natürlich ist ein Song auch durch Wiederholungen zu beeinflussen. Dazu können Sie das Stück auf der »Song Edit Page« beispielsweise in Intro, Chorus und Ende unterteilen. Sie strukturieren den Song dann durch Angabe des jeweiligen Anfangs- und Endtaktes und der Anzahl der Wiederholungen. Erklingt ein Teil mehr als zweimal, so sind der erste und der letzte Durchgang mit Variationen belegt. Diese Variationen wirken sich positiv aus.

Weitere Bearbeitungen sind das Verdoppeln und Halbieren des Tempos mit »Expand« und »Shrink«, das Einfügen zusätzlicher Akkordtöne bei manchen Rhythmen, das Transponieren in verschiedene Tonarten und das Definieren eines eigenen Drumkits. Leider verwaltet Band in a Box nur ein eigenes Drumkit. Die fertigen Arrangements lassen sich im MIDI Standard File-Format speichern.

So weit, so gut, doch was fängt man nun mit diesem Programm an? Als Gag ist die Sache etwas teuer, zur vollwertigen Arrangierhilfe fehlt sicher eine flexible Editierung der Styles. Neben den 24 vorgegebenen Stilen und den beschriebenen Veränderungen hat man keine Eingriffsmöglichkeiten. Für alle, die zunächst mit Akkordfolgen spielen wollen, eine schnelle Begleitung suchen oder das Ganze über den Umweg mit dem Sequenzer als »Trainingsband« nutzen möchten, ist das Programm geeignet. Die verschiedenen Stile liefern gute musikalische Ergebnisse. Die Programmierer arbeiten zur Zeit an der Version 4, die einen Style-Editor bekommen soll. Auch eine Erweiterung der drei Stimmen ist geplant.

Wer Band in a Box als echte Kompositionshilfe nutzen will, sollte besser auf diese Version warten. Wer einen kleinen Expander oder Synthy hat und mit wenig Aufwand viel Musik-Spaß sucht, findet das schon in der jetzigen Version. (wk)

WERTUNG

Name: Band in a Box
Hersteller: PG Music
Preis: 198 Mark

Stärken: Vielfältige Akkorderkennung □ gute Ergebnisse

Schwächen: Keine Style-Editierung □ nur 3 Musiker □ kein MIDI-Thru

Fazit: Als echte Kompositionshilfe in der vorliegenden Version poch weitgehend ungeeignet


Dietmar Lorenz
Aus: TOS 04 / 1991, Seite 74

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