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Leiterplatten-CAD Platon: In neuen Bahnen

Test

Das Angebot an professionellen Leiterplatten-CAD-Systemen fĂŒr den Atari ST sah bisher mager aus. Platon 2.0 soll den Markt auffrischen — die neue Version hat das Zeug dazu, bis in den industriellen Bereich vorzudringen.

Bild 1. Umfangreiche Bibliotheken erleichtern das Arbeiten. Neuheiten gibt es ĂŒber eine Mailbox.

»Platon« ist ein vektororientiertes CAD-System zur Herstellung von kompletten Platinen-Layouts auf einem Atari ST und TT mit mindestens 1 MByte RAM sowie vorlĂ€ufig noch einem monochromen Monitor. Platon arbeitet unter GEM, auch an Großmonitoren und bis zu einer maximalen Auflösung von 1/ 2000 Zoll.

Nach dem Start von Platon landet man in einer gewohnten GEM-Umgebung, allerdings ohne MenĂŒleiste. Die MenĂŒleiste erscheint nur, wenn man sie mit der Maus anfĂ€hrt, ansonsten dient sie als Statuszeile und zeigt wichtige Informationen. Weiterhin befinden sich einige Icons auf dem Desktop, die zum Editieren des Layouts nötig sind. Sie stellen die maximal sechs gleichzeitig verfĂŒgbaren Platinen dar.

Die Entwickler von Platon machten sich Gedanken, den Umgang mit einem Leiterplatten-CAD-System möglichst effizient zu gestalten. Mit der linken Maustaste selektieren Sie Lötpunkte (Pads), Leiterbahnen, Grafikfunktionen etc. Klicken Sie aber mit der rechten Maustaste auf ein Icon, dann erscheint ein passendes Pop-Up-MenĂŒ.

Nach dem »Öffnen« einer neuen Platine bestimmen Sie eine GrĂ¶ĂŸe von bis zu 832 x 832 mm sowie einen Rand. Mehr Informationen verlangt Platon zunĂ€chst nicht. Es erscheint ein leeres GEM-Fenster, in dem Sie Ihr Layout zeichnen. Die Platine darf aus 99 Lagen mit Leiterbahnen bestehen. Davon sind maximal acht gleichzeitig darstellbar. Dazu verwaltet Platon jeweils zwei Lagen fĂŒr den BestĂŒckungsaufdruck, fĂŒr die Lötstoppmasken sowie zwei Hilfslagen. Damit sollte man auch in Zukunft genĂŒgend Spielraum zur VerfĂŒgung haben. Jede neue Lage erhĂ€lt zur direkten Selektion ein neues Icon, das frei auf dem Desktop plazierbar ist.

Bild 2. Lötpunkte und Leiterbahnen lassen sich beliebig einstellen

Beim Zeichnen einer Platine stehen beliebig viele Leiterbahnbreiten, Lötpunktformen und -großen zur VerfĂŒgung, wobei jede neue GrĂ¶ĂŸe oder Breite ein neues Icon zur Direktanwahl erhĂ€lt. Das Programm bietet außerdem verschiedene Zeichen- und Textfunktionen. Eigene ZeichensĂ€tze lassen sich ebenfalls entwerfen. Platinenteile lassen sich verschieben, löschen, Ă€ndern oder kopieren. Eine Gummibandfunktion unterstĂŒtzt auf Wunsch das Verschieben, Spiegeln oder Drehen von Elementen. Platon verfĂŒgt ĂŒber eine Undo-Funktion, die den jeweils letzten Editierschritt rĂŒckgĂ€ngig macht. Zum Lieferumfang von Platon 2.0 gehört eine umfangreiche Bibliothek, die eine große Anzahl von hĂ€ufig verwendeten Elementen zur VerfĂŒgung stellt. Über die Block- und Bibliotheks-Funktionen ist der Anwender in der Lage, neu entworfene und bereits vorhandene Bauteile beliebig zu kombinieren, abzurufen und einzusetzen. Diese Bauteile lassen sich sogar mit Pin-Bezeichnungen versehen, die Platon dann auf einer Info-Lage darstellt. Im Layout behandelt das Programm solche Blöcke dann weiterhin als Bauteil. Ein 40-poliger IC-Sockel ist also ein Teil und nicht 40 einzelne Pads.

Ein Zoom auf die Platine ist vorgesehen, ein Überblickfenster stellt auf Wunsch die komplette Platine auf einmal dar, ein Hintergrundraster lĂ€ĂŸt sich erzeugen. Platon zeichnet aber nicht nur Platinenlayouts. Mit den gleichen Funktionen lassen sich auch SchaltplĂ€ne entwickeln. FĂŒr diesen Zweck gehört eine umfangreiche Bibliothek zum Lieferumfang.

In der Grundversion erlaubt Platon 2.0 die Ausgabe des Layouts auf nahezu beliebigen Plottern, auf 9-Nadel-, 24-Nadel-, Laser- oder Tintenstrahldruckern in einer sauberen QualitĂ€t und in einer vernĂŒnftigen Geschwindigkeit. Bemerkenswert ist die Ausgabe eines Layouts als GEM-Metafile. So kommt man ĂŒber ein DTP-Belichtungsstudio schnell und preiswert zu einer Folie fĂŒr die Platinenbelichtung. Die Ausgabe darf stufen los im Maßstab 0,1:1 bis 10:1 erfolgen, auf Wunsch auch gespiegelt oder gedreht.

Bild 3. Kontextbezogene Pop-Up-MenĂŒs ersparen dem Anwender wilde Mausaktionen

Gegen Aufpreis gibt's ein Gerber- und Bohrdatenprogramm, das die industrielle Fertigung von Platinen durch entsprechende Dienstleistungsunternehmen erlaubt. Platon importiert auch Gerber-Dateien. Das gegen Aufpreis erhĂ€ltliche FrĂ€s-/Bohr-Programm erlaubt das FrĂ€sen und Bohren von Leiteroder auch Frontplatten auf einer XYZ-Anlage. Das ebenfalls gegen Aufpreis erhĂ€ltliche Outline-Programm berechnet eine UmfrĂ€sdatei, mit der sich dann ĂŒber das FrĂ€s-und Bohrprogramm eine Prototypen-Platine auf einer XYZ-Anlage herstellen lĂ€ĂŸt.

Trotz der beeindruckenden Leistungsbreite gehen Platon noch einige FĂ€higkeiten ab. Das Programm ist erst in nĂ€chster Zukunft auf dem ST oder TT voll in Farbe funktionsfĂ€hig. Es stellt dann die unterschiedlichen Lagen in verschiedenen Farben am Bildschirm dar. Ein automatischer Designcheck aus einer Verbindungsliste sowie die Erzeugung von Verbindungslisten aus einem Schaltplan sind fĂŒr die nĂ€chsten Versionen vorgesehen. Beim Import fehlt noch das HP-GL-Datenformat. FĂŒr eine der nĂ€chsten Versionen ist auch ein interaktiver Autorouter vorgesehen.

Nach mehrwöchigem Praxiseinsatz in einem Betrieb bleibt ein positiver Eindruck. Mit Platon lassen sich schon jetzt effektiv optisch einwandfreie Leiterplattenlayouts herstellen. Im Augenblick leidet die Übersicht beim Zeichnen mit mehreren Lagen dadurch, daß Platon das Platinenlayout noch nicht fehlerfrei auf einem Farbmonitor ausgibt. Dies soll nach Auskunft der Programmierer sehr schnell realisiert sein. Gerade in Verbindung mit der mittleren Farbauflösung des TT kann sich Platon dann mit anderen Konkurenzprodukten auf dem PC-Sektor messen. Der Anwender bekommt mit Platon ein mĂ€chtiges Werkzeug zur Herstellung von Leiterplatten in die Hand. Auch das Handbuch verdient Lob. Es fĂŒhrt sowohl den AnfĂ€nger als auch den Profi leicht verstĂ€ndlich in den Umgang mit Platon ein. Dazu hilft die hauseigene Mailbox weiter, in der Anwender laufend neue und aktuelle Bibliotheken downloaden dĂŒrfen. (wk)

Vertrieb: VHF-Computer, Maurener Weg 115a, 7030 Böblingen

WERTUNG

Name: Platon 2.0
Hersteller: VHF-Computer
Preis: Platon 2.0 inkl. Druckertreiber, Plottertreiber, Metafiletreiber sowie einigen Tools: 498 Mark Gerber und Bohrdatenprogramm: 198 Mark
FrĂ€s-Bohrprogramm fĂŒr XYZ-Anlagen: 298 Mark
Outline-Programm: 598 Mark Demo-Version inklusive Handbuch 20 Mark

StĂ€rken: Maximale Übersicht □ schneller Bildschirmaufbau □ viele Ausgabetreiber □ AusgabequalitĂ€t □ Leistungsumfang

SchwÀchen: Noch keine vollstÀndige Farbanpassung

Fazit: Platon ist schon jetzt fĂŒr den privaten Anwender uneingeschrĂ€nkt zu empfehlen. Mit den geplanten Funktionen findet es auch im industriellen Einsatz seinen Platz