»International Coding Convention II« in Stuttgart: Fein-Gehacktes

Zum zweiten Mal trafen sich Europas beste Demoprogrammierer zur »International Coding Convention«. Einer der Höhepunkte war der Wettbewerb um den besten Demo-Screen.

Spätestens mit dem Erscheinen des »B.I.G.-Demo« zeigten TEX (The Exceptions), welch ungeahnte Fähigkeiten in einem Atari ST schlummern. Seither haben viele »Crews« in mühevoller Arbeit Demos entworfen, bei deren Anblick selbst Atari-Entwickler ungläubig in die Röhre starren.

Bild 1. Die Jury beurteilt die neuen Demos, umringt von Schaulustigen

Was niemand für möglich gehalten hat: Durch einen Trick nutzen die Assembler-Profis auch die Ränder des ST-Bildschirms und erhalten so eine höhere Auflösung. Außerdem ermöglicht dieses Verfahren ein pixelweises Softscrolling. Damit dringen die Programmierer in eine Domäne ein, die bis dahin nur den neuen Geräten von Atari - STE, Mega STE und TT - Vorbehalten war. In einer der nächsten Ausgaben plaudern verschiedene Programmierer aus dem Nähkästchen und verraten einige ihrer Tricks. Das Treffen in der Nähe von Stuttgart stand unter dem Aspekt Programmieren - Cracken war nicht angesagt. Die Szene hat sich gewandelt: Die ehemals kopierwütigen Gruppen haben sich zu einem großen Teil der Programmierung zugewandt; so mancher von ihnen hat bereits Erfolge in der Spielebranche aufzuweisen.

In gemütlicher Atmosphäre gab es bei Cola und Bier wieder Schmaus für Aug' und Ohr. Dafür sorgten die Teilnehmer des Wettbewerbs um den besten Demo-Screen. An rasend schnellen Routinen zur Berechnung von Apfelmännchen und kunstvollen Grafiken, untermalt mit edelster Musik, durfte sich der Betrachter erfreuen. Der letzte Schrei sind derzeit »Plasma-Screens«. Ein geschicktes Timing entlockt dem ST eindrucksvolle Farbverläufe mit hoher Brillanz. Bedingt durch die schnelle Animation läßt sich dieser Effekt leider nicht fotografisch einfangen.

Bild 2. Kompositionen en gros mit einer kompletten MIDI-Anlage

Für guten Sound sorgten nicht nur die zahlreichen CD-Player, aus denen fetziger Heavy Metal dröhnte. Ein Programmierer brachte gleich eine komplette MIDI-Anlage mit. Das binnen kürzester Zeit komponierte Musikstück stieß auf anhaltende Begeisterung.

Nicht weniger interessant ist die von »Delta Force« weiterentwickelte Version des legendären Zeichen-Oldies »Neochrome«. Um viele Funktionen bereichert, eignet sich »Neochrome Master« hervorragend zur grafischen Gestaltung von Demos oder Spielen. Leider ist die Rechtsfrage über den Vertrieb als Public Domain noch ungeklärt, so daß die meisten Atarianer vorerst nicht in den Genuß des wertvollen Tools kommen.

Ob »TEX«, »The Lost Boys« oder »The Replicants« - die Programmierer sind sich einig: Die Fähigkeiten bezüglich Grafik und Sound scheinen endgültig ausgeschöpft. Was bleibt, sind noch schnellere Routinen oder der Umstieg auf den Mega STE und TT.

Bild 3. Zeichnungen dieser Gute lassen nicht nur Programmiererherzen höher schlagen

Armin Hierstetter
Aus: TOS 10 / 1991, Seite 17

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