Pixelgrafiken - Ein Pixel bittet zum Klick

Pixelgrafikprogramme sind eine klassische Computeranwendung. Ob als Hobbyzeichner oder Profikonstrukteur, an der Pixelei auf dem Bildschirm kommt niemand vorbei. Die Anwendungen sind vielschichtig, und trotz Scanner, Vektorgrafik und elektronischer Bildverarbeitung schaltet jeder immer wieder die Lupe ein, um liebevoll ein paar Pünktchen auf den Monitor zu klicken. Denn allen Unkenrufen zum Trotz ist die Pixel- oder Rastergrafik keineswegs zum Sterben verurteilt und erfreut sich neben den Vektorzeichnern ungeschmälerter Aufmerksamkeit.

Der beste Beweis für die Beliebtheit der Pixelzeichner sind die ständigen Weiterentwicklungen und Neuerscheinungen in diesem Software-Segment. Verständlich, denn für viele Anwendungen gibt es einfach keine bessere Lösung als den schnellen Klick zum Malprogramm, sei es eine kleine Skizze, eine hübsche Illustration oder einfach die Lust an gestalterischer Spielerei.

Sowohl in Farbe als auch in Schwarzweiß findet sich für jede Anwendung ein passender Kandidat im Dreizack-Land von Atari. Auch wenn die Farben-Fans, bedingt durch die relativ geringe Zahl an verkauften Farbmonitoren in deutschen Landen, weniger Auswahl haben, so finden auch sie leistungsfähige Werkzeuge. Die diversen Spiele und Demos mit Farbgrafiken von atemberaubender Qualität beweisen, daß der ST im Farbenspiel durchaus auch Trümpfe hat. Und mit der STE-Variante machen Farbanwendungen sicher noch einiges an Boden gut.

Im Schwarzweiß-Bereich ist das Feld dagegen überreich bestellt. Sowohl kommerzielle als auch PD-Software stürmt in unüberschaubarer Menge auf den interessierten Anwender ein. In unserem Vergleich finden Sie deshalb eine Auswahl kommerzieller Grafikprogramme, die eine breite Meßlatte darstellen, um die eigenen Vorstellungen einzuordnen.

Der Trend der Grafiksoftware geht eindeutig in Richtung Funktionsvielfalt und große Bilder. Dabei kommen nicht nur immer zahlreichere Zeichenwerkzeuge mit immer mehr Automation zum Einsatz, sondern vor allem Effekte wie Projektionen und Techniken aus den Bereichen der klassischen Bildverarbeitung. Außerdem paßt sich der Gebrauch der Werkzeuge den immer größeren Bildern an. So überwinden bei den neueren Programmversionen immer mehr Werkzeuge die Bildschirmgrenzen und erlauben mit unterschiedlichen Methoden das Zeichnen auf fast beliebig großen Bildflächen. Die steigende Komplexität und Funktionalität der Pixelkünstler erforderte bei einer vergleichenden Übersicht einige Neuordnungen. Altmeister treten ab und machen Platz für Nachfolger. Trotzdem möchte ich vor einer allgemeinen Update- und Umsteigehysterie warnen. Die Software auf dem Atari ST hat in vielen Bereichen bereits seit mehreren Jahren einen so hohen Leistungsstand erreicht, daß alle Neuerungen zwar schön und praktisch, aber keineswegs unverzichtbar sind.

Nehmen wir ein Beispiel: Ein Student hat keine großen Computerkünstlerischen Ambitionen, sondern bearbeitet gelegentlich Hardcopies oder kleine Prinzipzeichnungen in der Standard-Bildschirmgröße auf einem Schwarzweiß-Monitor. Seit vielen Jahren ist er glücklicher Besitzer von »STAD«, mittlerweile bis zur Version 1.3+ mitgewachsen. Seine Anforderungen haben sich in dieser Zeit nicht geändert, er kommt ausgezeichnet mit diesem Programm klar. Alle Aufforderungen, doch »endlich« ein »effektvolleres« Grafikprogramm zu verwenden, quittiert er mit der weisen Bemerkung: »Und was bringt mir das?«

Wenn Sie mit Ihrem Programm zufrieden sind, ist es genau das richtige für Sie. Ansonsten nehmen Sie unsere Zusammenstellung als Orientierung über den Stand der Entwicklung. Bei der Auswahl unserer Kandidaten hatten wir mit dem schon bekannten Platzproblem zu kämpfen. So erhebt das erwählte Dutzend keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern zeigt nur die Eckpfeiler des gesamten Programmsegmentes. Ähnliches gilt für die Tabelle, die angesichts der Funktionsvielfalt mancher Programme sehr kurz erscheint. Aber wir beschränkten uns bewußt auf Merkmale, die wirklich Unterschiede zwischen den Programmen aufzeigen. Grundfunktionen wie Linien, Kreise, Füllmuster, ja sogar Bézierkurven, gehören heute schon zur Grundausstattung. Natürlich gibt es auch bei diesen Grundfunktionen Unterschiede in der Handhabung und Funktionalität, aber die sind gering, und hier entscheidet der persönliche Geschmack. Einer der wichtigsten Unterschiede findet sich in der Lupenfunktion, deshalb sei hier speziell darauf hingewiesen. Manche Programme bieten in der Lupe eigene Zeichenfunktionen, andere erlauben nur das Setzen oder Löschen einzelner Pixel. Wenn Sie sich für ein Programm interessieren, fordern Sie das entsprechende Demo beim Hersteller an. Denn im Endeffekt findet man nur dann das richtige Programm für sich, wenn man eine Weile mit verschiedenen Kandidaten gearbeitet hat und seine Stärken und Schwächen ausloten konnte.


Wolfgang Klemme
Aus: TOS 10 / 1991, Seite 18

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