Seilakt mit Netz: »ST Netzplan II« erleichtert Planungsaufgaben mit dem Computer

Auf dem MS-DOS-Markt weit verbreitet, im ST-ßereich praktisch unbekannt ist das Planungs-Instrument der Netzplantechnik. Mit ST Netzplan II füllt der Heim-Verlag eine Marktlücke im Software-Angebot des Atari ST.

Was ist überhaupt Netzplantechnik, mögen Sie sich jetzt vielleicht fragen. Die Antwort fällt kurz aus: Ein praktisches Instrument zur Planung von Arbeits- und Zeitabläufen und ihre Darstellung in übersichtlicher, zumeist grafischer Form. Alte Büro-Hasen und junge Manager kennen das Verfahren bestens, erweist es sich doch im täglichen Planungsstreß als ausgesprochen effektiv. Aber nicht nur fürs Büro, auch im privaten Bereich ist saubere Planung schon der halbe Erfolg. Haben Sie beispielsweise gerade einige Umbauten in Ihrem Haus oder eine Wohnungs-Renovierung vor sich, dann denken Sie sicher schon mit Schrecken an das Chaos, das ein verschobener Handwerker-Termin auslöst. »ST Netzplan II« macht die Handwerker zwar auch nicht pünktlicher, aber Sie behalten zumindest den Überblick über die Zeitabläufe und Reserve-Tage, um das Vorhaben doch noch pünktlich über die Runden zu bringen.

All das läßt sich mit einem praktischen Beispiel am besten erklären. Nehmen wir an, es steht eine Renovierung der Wohnung mit drei verschiedenen Handwerks-Firmen auf dem Programm. Dazu kommen diverse Dinge, die Sie selber erledigen möchten, und die mit den Arbeiten der Handwerker in direktem Zusammenhang stehen. Das gesamte Vorhaben teilen Sie zunächst in einzelne Etappen ein. Sie stehen alle in bestimmten Beziehungen zueinander oder sind voneinander abhängig. Alle Etappen tragen Sie in die »Vorgangsliste« des Programms ein und ordnen sie als Vorgänge einander zu.

Es lassen sich zu jedem Zeitpunkt neue Vorgänge einfügen und alte verändern oder löschen. In jedem Planungsablauf gibt es dann unterschiedlich wichtige Teilvorgänge. Besonders entscheidende Vorgänge sollten Sie deshalb als »Meilensteine« markieren, um später gezielt nur diese wichtigen Vorgänge auszugeben.

Bei der Eingabe eines Vorgangs in der Dialogbox benennen Sie den Vorgang und geben seine vorgesehene Dauer in Tagen sowie eine Reihe direkt vorausgehender Etappen ein. Sie müssen abgeschlossen sein, bevor der aktuelle Vorgang beginnen darf. Bei unserer Renovierung ist der Vorgang der Maurerarbeiten ein direkter Vorgänger für die Tapezierarbeiten, umgekehrt geht es natürlich nicht. Alle Vorgänge bekommen bei der Eingabe eine dreistellige Kennziffer, anhand derer sich jeder Vorgang identifizieren läßt. Diese Kennziffer hat nichts mit der späteren zeitlichen Reihenfolge im Planungsverlauf zu tun und dient lediglich der Angabe der direkten Vorgänger. Nach der Eingabe der Vorgänge sollten Sie die entsprechende Liste speichern, denn eine automatische Sicherung beim Programmende ist nicht vorgesehen. Als nächstes steht die Projektanalyse auf dem Programm. Lassen Sie zunächst mit dem entsprechenden Menüpunkt den Netzplan berechnen, und wählen Sie dann unter »Vorgangs liste«, »Termin liste«, »Balkendiagramm« und »grafischer Netzplan« die gewünschte Darstellung. Die Ausgabe erfolgt jeweils in ein Fenster, durch das Sie größere Grafiken bequem mit der Maus scrollen. Der Fensterknopf oben rechts, sonst für die maximale Fenstergröße zuständig, ist hier mit einer Hardcopy-Funktion belegt, die leider nur auf Epson-kompatible 9-Nadel-Drucker abgestimmt ist. Um weiterzuarbeiten, müssen Sie das Ausgabefenster zunächst schließen. Vor allem im Hinblick auf Großbildschirme sollte in der nächsten Version dafür eine flexiblere Lösung folgen.

Anhand der verschiedenen Darstellungen läßt sich nun die Projektplanung kontrollieren, ergänzen und gegebenenfalls verbessern. Projekte lassen sich in der Regel auf Zeit-, Kräfte- oder Mitteleinsatz optimieren. Als hilfreich erweist sich dabei die ständige Markierung des »kritischen Weges«, der verdeutlicht, wo sich durch zu knappe Planung oder zu wenig Reservetage Verzögerungen einstellen könnten.

ST Netzplan II berechnet aus der Eingabe der Vorgangsdauern die jeweiligen echten Termine, ausgehend vom Start- oder Zieltermin der Projektplanung. Dabei berücksichtigt es den Kalender bis zum jahre 2099 und verwaltet alle aktuellen Ferientermine und Feiertage. Diese Termine sind bei der Auslieferung auf den Norddeutschen Raum eingestellt, lassen sich aber problemlos an andere Regionen anpassen. Insgesamt sind Projektlängen bis 999 Tage vorgesehen. Ein Netzplan darf 500 Vorgänge enthalten. Pro Vorgang sind bis zu 30 Nachfolger erlaubt. Diese Werte genügen auch anspruchsvolleren Planungen.

Die Anzeige der Vorgänge in den verschiedenen Listen läßt sich nach mehreren Kriterien sortieren und - zumindest in gewissen Grenzen - optisch nacharbeiten.

Wer allerdings eine optimale Ausgestaltung seines Netzplans wünscht, der exportiert die Daten entweder als Listen im »1st Word Plus«-Format oder als Grafiken im Metafile-Format, um sie in einem DTP-Programm nachzubearbeiten und noch »aufzupeppen«.

ST Netzplan II ist eine gute Hilfe für die Planung und Organisation der eigenen Arbeit. Wer viel mit Terminen und längeren Projekten zu tun hat, der sollte sich unbedingt mit diesem Programm befassen. Die gesamte Bedienung ist logisch aufgebaut und einfach zu bewältigen, nicht zuletzt durch die Tastaturbedienung der Menüs und Fenster. Die Berechnung und der Aufbau der Fenster sind ausreichend schnell, auf manchen Rechnern tritt allerdings eine etwas hakelige Abfrage der Fensterelemente in Erscheinung. Ein beigefügtes Accessory bekommt dieses Problem allerdings weitgehend in den Griff. Das Programm läuft auf allen ST-, STE- und TT-Modellen.

An erster Stelle der Wunschliste steht noch die volle Ausnutzung des Großbildschirms und damit verbunden die parallele Ausgabe von Vorgangslisten und Grafik. Interessant wäre wohl auch die Verwaltung mehrerer Netzpläne gleichzeitig, so daß man bei »Was wäre wenn«-Alternativen nicht immer auf Ausdrucke zurückgreifen muß. Unbedingt nötig ist allerdings die Anpassung an den Laserdrucker. Insgesamt erweist sich ST Netzplan II aber jetzt schon als zuverlässige Planungshilfe. (wk)

Heim-Verlag, Heidelberger Landstr. 194. 6100 Darmstadt-Eberstadt

WERTUNG

Name: ST Netzplan II
Preis: 198 Mark
Hersteller: Heim-Verlag

Stärken: Projektplanung vorwärts/rückwärts □ auch für größere Projekte geeignet □ mehrfache Projektdarstellung

Schwächen: Nutzt Großbildschirm nicht aus □ kein Laser-Treiber □ nur ein Projekt gleichzeitig

Fazit: Eine sehr gute Hilfe für alle Projektplanungen

Bild 1. Die Eingabe eines neuen Vorgangs
Bild 2. Der Ausschnitt aus einer Terminliste
Bild 3. So sieht ein Balkendiagramm nach der Berechnung aus

Wolfgang Klemme
Aus: TOS 11 / 1991, Seite 34

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