Bilder einmal anders - Repro Studio Pro: Neue Version der Bildverarbeitung von Trade IT, Teil 1

Bildverarbeitung auf dem Atari gewinnt immer mehr das Interesse der Anwender. Neben teuren Programmen finden günstige Lösungen ihren Einsatz.

Stefan Grutke und Udo Lehmann

Mit steigender Verbreitung von DTP-Software gewinnt auch der Bereich der Bildverarbeitung eine immer größere Bedeutung. Neben einigen etablierten Star-Produkten großer Professionalität gibt es eine Reihe unbekannter Kandidaten, die zu Unrecht weitgehend unbeachtet bleiben. »Repro Studio pro, Version 1.1« ist ein solches Programm, das die Firma Trade It für die Graubildbearbeitung anbietet. Eine entsprechende Farbversion ist bereits in Vorbereitung und ihr erscheinen für Anfang 1992 vorgesehen.

Nach kurzer Einarbeitungszeit erweist sich die Programmoberfläche als Benutzer-freundlich. Die gesamten Funktionen sind über fünf Auswahlboxen mit Hilfe von Piktogrammen zu erreichen (Bild 1). Zusätzlich besitzt das Programm drei Pull-Down-Menüs. Sinnvoll ist die Programmierung nach dem neuen GEM-Standard, also Tastatursteuerung in den Dialogboxen, verschiebbare Boxen und PopUp-Menüs. Praktisch im täglichen Gebrauch sind die auf Tastendruck erreichbare kontextsensitive Online-Hilfe und die virtuelle Bildverwaltung.

Etwas gewöhnungsbedürftig, aber durchaus effektiv haben die Programmierer das Undo-Problem gelöst. Das Bild befindet sich nach dem Laden direkt im Undo-Speicher und eine Aktualisierung dieses Speicherinhaltes erfolgt nur direkt auf Tastendruck durch den Anwender. So lassen sich auch kombinierte Manipulationen durchführen, ohne das zugrunde gelegte Bild zu zerstören. Wird der Hauptspeicher knapp, läßt sich diese Undo-Funktion auch abschalten und der Speicher für andere Funktionen freigeben.

Bild 1: Die fünf Hauptmenüs von Repro Studio pro
Bild 2: Der Hintergrund dieser Collage zeigt den Einsatz von Filter-Effekten

Zum Einlesen von Bildern verfügt das Programm über einen eigenen Scanteil, den man per Pull-Down-Menü erreicht. Ist ein passender Treiber für den eigenen Scanner im Lieferumfang, läßt sich so auf komfortable Weise ein Bild digitalisieren. Über eine Vollbilddarstellung sieht man den gesamten Scanbereich und wählt durch eine in der Größe und Lage veränderbare »Scanbox« den beabsichtigten Scanbereich aus. Falls kein geeigneter Scannertreiber zur Verfügung steht, unterstützt die Software alle gängigen Grafikformate. Für die Bearbeitung stehen dem Anwender drei unterschiedliche Teilbereiche zur Verfügung: ein Pixelbereich, ein Halbton- und ein Vektorbereich. Die erste Auswahlbox führt in ein umfassendes Zeichenprogramm für Pixelbilder, das sich gut zum Bearbeiten und Neuzeichnen von Strichgrafiken eignet. Leider läßt sich in diesem Bereich die Zeichenfarbe nicht frei wählen und auch das Füllen von Objekten ist etwas umständlich gelöst. Trotzdem läßt sich in diesem Teil effektiv arbeiten. Neben den Blockfunktionen und den Funktionen zum Ausdünnen, Glätten etc. erweist sich vor allem die variable Filterfunktion als wertvoll. Damit beseitigt man ohne größeren Arbeitsaufwand Scanfehler (Bild 2). Außerhalb des Pixelzeichenteils paßt man noch die allgemeine Helligkeit und den Kontrast des Bildes mit Hilfe von Schiebereglern an die persönlichen Vorstellungen an. Alle Zeichenfunktionen des Pixelbereiches sind ebenfalls im Halbtonbereich verfügbar. Zusätzlich wählt man hier die Zeichenfarbe aus einer Graupalette von 256 Stufen aus. Die zweite Auswahlbox stellt alle üblichen Blockfunktionen wie drehen, verzerren und spiegeln zur Verfügung. Alle diese Funktionen sind auch auf das gesamte Bild anzuwenden. Darüber hinaus existieren noch Spezialfunktionen, beispielsweise Block scheren oder sinusartig verzerren. In der nächsten Auswahlbox befinden sich neben speziellen Bildre-touchier-Funktionen wie schmieren, verwässern oder zeichnen aus dem Undo noch die gesamten Filterfunktionen. Neben fest eingestellten Filtern, deren Stärke frei variierbar ist, sind weitere Filter nachladbar. Einige Wirkungsweisen dieser Filter sind in Bild 3 dargestellt.

Bild 3: Die Pixelfilterroutinen im Einsatz: Original, mit Filter, mit neuem Raster und ausgedünnt

Weiterhin kennt das Programm sogenannte »Marker«, deren Zeichenfarbe man durch Mischen zweier Grautöne generiert. Zusätzlich ist deren Andruckstärke frei definierbar. Insgesamt lassen sich bis zu drei verschiedene Marker mit unterschiedlichen Eigenschaften definieren und alle gleichzeitig einsetzen.

Neben den bisher genannten, üblichen Manipulationen beweist eine Bildverarbeitung ihre Leistung im Freistellen und Verändern von Bildteilen und dem anschließenden Einmontieren in vorhandene Bilder. Zur Lösung dieser Aufgaben bedienen sich alle Programme der sogenannten »Masken«. Eine Stärke von Repro Studio pro sind die Funktionen zur Erzeugung solcher Masken. Die Wirkung dieser Funktionen erläutert am besten die Entstehung der Bilder 2 und 4. Zunächst haben wir das Stadtfoto, den Geldschein und die gerasterten Vorlagen von Motorrad, Uhr, Kopf und Auto mit 256 Graustufen und 100 dpi gescant. Anschließend wurden die einzelnen Elemente vom Hintergrund mit Hilfe einer automatischen Maske freigestellt, wobei wir dem Programm einzelne, aus dem Bild entnommene Grauwertbereiche zur Maskierung vorgegeben haben. Für schwierigere Fälle bietet das Programm Funktionen, um die Maske manuell als Bezier-Kurve oder mit Hilfe des Pixelbereiches zu zeichnen. Die eventuell noch notwendige Nachbearbeitung der Maske erfolgt ebenfalls mit den Funktionen des Pixelzeichenbereiches.

Bild 5: Die Box zur Bildrasterung
Bild 4: Invertieren und gläseren Uhr entstanden durch Maskieren und Blockfunktionen

Mit Hilfe der Blockoperationen haben wir die maskierten Bereiche herausgelöst und als Block gespeichert. Anschließend noch die gedrehten und in der Größe veränderten Blöcke in das Grundbild »Stadt« einmontieren - fertig. Ein weiches Einfügen der Bilder erreicht man entweder durch manuelles Schmieren oder durch das automatische Weichzeichnen der Maskenränder. In Bild 4 haben wir die Spezialeffekte des invertierten Streifens und der gläsernen Uhr durch Block- und Maskenfunktionen realisiert. Die Verfremdung des Hintergrundes in Bild 2 entstand durch kombinierte Anwendung der Filter. Der Arbeitsaufwand für die Bilder lag bei gut einer Stunde. Als etwas nachteilig bei der Montage fiel nur der langsame Blockaufbau beim Verschieben auf.

Für den professionellen Einsatz, den »Repro Studio pro« zweifellos anstrebt, bietet die Kennlinienmanipulation (vgl. Bild 6) genügend Spielraum, um dem digitalen Punktzuwachs und der Verfettung beim späteren Druck entgegenzuwirken. Leider fehlt eine Möglichkeit zur automatischen Kalibrierung von Ein- und Ausgabegeräten (Scanner und Belichter). In der letzten Auswahlbox befindet sich ein Vektorzeichenprogramm, das die Grundfunktionen wie Bezierkurve, Quadrat, Kreis etc. zur Verfügung stellt. Dieser Programmteil ist leider noch nicht sehr ausgereift. Es fehlen wichtige Funktionen wie Richtungsumkehr von Vektorpfaden (Erzeugung von Löchern) oder die freie Wahl von Graustufen. In diesen Programmpunkt befindet sich zusätzlich ein einfacher Texteditor, der mit Calamus-Zeichensätzen arbeitet. Problematisch erwies sich die Einbindung von Calamus SL-Zeichensätzen, die zum Absturz des Programms führten. Laut Hersteller hat dieses Problem aber lizenzrechtliche Ursachen. Die Manipulationsformen für den Text sind ausreichend. Neben dem normalen Verschieben, Verzerren und proportionalen Verändern der Größe, kann man Text um Pfade oder Ovale fließen lassen. Es fehlen aber wichtige Funktionen wie die Änderung der Textfarbe und ein Ästhetik-Kerning. Im Rahmen eines Bildbearbeitungsprogramms sind die Zeichenfunktionen jedoch als ausreichend zu bezeichnen.

So, damit beenden wir den ersten Teil der Rundschau überdas Repro Studio pro. Aufgrund der umfangreichen Funktionen haben wir die Punkte Drucken, Hardware-Kombinationen mit Scannern und das unvermeidliche Fazit mit dem Wertungskasten in die nächste Ausgabe verschoben. Denn besser als reine Funktionsbeschreibungen zeigen fertige Arbeitsergebnisse, wie leistungsfähig ein Programm ist. (wk)

Trade It, Jahnstr 18, 6112 Groß-Zimmern

TOS-INFO

Name: Repro Studio pro
Preis: Junior 248 Mark Normal 498 Mark Professional 998 Mark
Hersteller: Trade It



Aus: TOS 12 / 1991, Seite 41

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