Bäumchen wechsle Dich: Datentransfer bei Tabellenkalkulationen

Bild 1. Das Testarbeitsblatt für den Datentransfer in LDW

Insellösungen sind out, Daten müssen von einem Computer auf den anderen gelangen, und wehe, das klappt nicht. Auch die zunehmende Verbreitung von tragbaren Computern verstärkt den Wunsch nach systemübergreifender und trotzdem lückenloser Weiterverarbeitung der Daten.

Daten, vor Ort mit einem Laptop erfaßt, sollen auf dem heimischen Atari weiterbearbeitet und ausgedruckt oder in Grafiken umgesetzt werden. Textprogramme haben es da einfach, sollte man jedenfalls meinen. Über das standardisierte ASCII-Datenformat, das fast alle Textprogramme beherrschen, tauscht man kleinere Texte unter den verschiedenen Programmen und Rechnern aus. Doch bei größeren Projekten vergeht einem schnell die Lust, verliert der Text doch beispielsweise sämtliche Formatierungsanweisungen. Die Informationen über Fettoder Kursivschrift bleiben beim Transfer auf der Strecke. Aufwendige Nachbearbeitungen schließen sich an.

Um wieviel komplizierter muß es dann erst bei den komplexen Tabellenkalkulationen vonstatten gehen? Sind doch Informationen über Zellinhalte, Spaltenbreiten, Formatierungen, Grafiken und vieles mehr in den Tabellenkalkulationsdaten enthalten. Um so mehr erstaunt der Umstand, daß genau das Gegenteil der Fall ist. Beim Datentransfer zwischen Tabellenkalkulationen kommt richtig Freude auf. Schuld daran ist die Dominanz der Tabellenkalkulationslegende »Lotus 1-2-3« mit seinen Dateitypen WK1 und WKS. Die Verbreitung diese Programms ist derart gewaltig, daß kein Konkurrenzprodukt auf dem Markt zu erscheinen wagt, ohne diesen Dateityp zu unterstützen. Selbst über die MS-DOS-Grenzen hinweg wirkt das Lotus 1-2-3-Format. Auch alle wichtigen Tabellenkalkulationen für den Atari kennen dieses Format.

Die derzeit leistungsfähigste Tabellenkalkulation »LDW Powercalc 2« nimmt ihre Spitzenstellung sicher nicht zuletzt dadurch ein, daß sie eine besonders hohe Kompatibilität zu Lotus 1 -2-3 aufweist. Deshalb haben wir eine LDW-Datei für den Test herangezogen. Das Testarbeitsblatt selbst beinhaltet folgende tabellenkalkulationstechnische Angaben (Bild 1). Im Arbeitsblattbereich A1 bis C4 sind für Fred, Karl und Tonie Zahlenangaben untergebracht, auf die sich die Formeln beziehen und aus denen die Grafik (Bild 2) ihre Informationen bezieht. Die Texte für die drei Herren wurden linksbündig, zentriert und rechtsbündig eingegeben. Zur Steigerung der Übersicht ist dieser Bereich mit einer Titelfixierung belegt. Der Cursor müßte nach dem Einladen wieder in der Zelle DI 0 erscheinen, die gerade die Grenze der Titelfixierung bildet. Die Dezimalbrüche sollten in der bei uns gebräuchlichen Dezimalkommaschreibweise erscheinen. LDW bietet die Schriftgestaltung »fett« und »unterstrichen«, hierfür erscheinen in den Zellen B9 und Bl 1 zwei Beispiele. Für den Formeltest verwenden wir zunächst zwei der am häufigsten gebrauchten mathematischen Formeln für Summen- und Mittelwertsberechnung. Für die Summenformel legen wir noch ein Format fest, das den Wert mit Währungsangabe ausgibt. Ebenso wird für die Datumsformel das Datumsformat eingestellt. Bei Bearbeitungen mit einer Datentabelle zählen die Formeln WERWEIS und HVERWEIS zu den unerläßlichen Hilfmitteln. Aus unserem Minidatenbereich A1 bis C4 lassen wir uns sowohl Zahlenwerte als auch Texte mit Hilfe von WERWEIS heraussuchen. Manche Anwender geben vor der Formeleingabe zunächst einem Bereich einen Namen, worauf sich dann die Formel bezieht, dies wurde in Zelle F7 mit einer Summenformel praktiziert.

Bild 2. Die mit den Daten erzeugte Grafik in LDW

Die Funktion »Modulo« gibt den ganzzahligen Rest einer Division aus und zählt zu den seltener gebrauchten mathematischen Funktionen. In der Zelle F8 gibt diese Funktion den Rest der Division 18/11 aus. Eine finanzmathematische Formel mit Prozentformatfestlegung kommt in Zelle F9 zum Zug. Die Formel ZINS gibt zu einem vorgegebenen Start-, Endkapital und Laufzeit den notwenigen Zinssatz aus. Ein einfaches Makro, das der aktuellen Spalte die Spaltenbreite 12 zuweist, findet sich in Zelle F12. Es ist so benannt, daß es sich mit der Tastenkombination Alternate und S aufrufen läßt.

Nach der Fertigstellung des Arbeitsblattes speicherten wir es. LDW verwendet dabei sein eigenes Arbeitsblattformat, fremde Formate lassen sich nicht direkt schreiben. Mit einem kleinen Zusatzprogramm, das LDW beiliegt, wandelt man die LDW-Datei in das Lotus 1-2-3-Format WK1 um. Erstaunlicherweise reduziert sich dabei die 6,5-KByte-Datei auf 2,2 KByte. Ähnliches beobachtete ich jüngst bei einer 220 KByte großen Lotus 1 -2-3-Datei, die nach dem Speichern in LDW auf stattliche 402 KByte anwuchs. Dies läßt darauf schließen, daß L*DW seine Daten intern anders verwaltet als die WK1/WKS schreibenden Kollegen. Dies wird auch deutlich, wenn WK1 /WKS Datenblätter in LDW eingelesen werden. Das Einlesen einer 206 KByte großen Lotusdatei in LDW gerät dabei durchaus zu einer Geduldsprobe.

»K-Spread 4« besitzt eine Funktion zum Einlesen fremder Formate. Neben dem WKS/WK1-Format unterstützt es noch weitere Formate. Durch den vollkommen anders gearteten Aufbau von K-Spread 4 gegenüber der Konkurrenz darf es nicht verwundern, daß Titelfixierung, Makrobefehl und Grafik auf der Strecke bleiben. Die wichtigsten Übertragungskriterien, wie Zellinhalte und auch Formeln, übernimmt K-Spread 4 anstandslos und bietet so eine gute Möglichkeit, LDW-Tabellen mit Hilfe der grafischen Fähigkeiten von K-Spread 4 zu verschönern und unter GDOS in Vollendung zu Papier zu bringen. Den umgekehrten Weg kann man natürlich ebenfalls gehen, denn K-Spread 4 speichert auch im WK1/ WKS-Format. Dabei gehen allerdings entsprechend Formatinformationen verloren. In beide Richtungen gibt es eine Hürde in Form der deutschen Sonderzeichen. Hier muß man jeweils mit einer kleinen Nachbearbeitungszeit rechnen.

Bild 3. Das Testblatt noch einmal in K-Spread 4

»BASiCHART« zählte im großen Tabellenkalkulationsvergleich der TOS 7/91 mit zu den Gewinnern. Nach Vetriebswechsel und Überarbeitung des Programms lernte die Version 1.21 vor allem das WK1/WKS-Format lesen. Wie der Test zeigt, beschränkt sich die Fähigkeit bisher allerdings darauf, aus den WKS/WK1-Daten, Texte, Formeln und Zahlen zu lesen. Formatierungen, Makrofähigkeit und Grafikinformationen bleiben derzeit noch außen vor. Und auch der Weg rückwärts zu LDW ist verbaut, Speichern im WHyS/ WK1-Format beherrscht BASiCHART noch nicht. Doch gerade daran scheint der neue Vertriebspartner in nächster Zeit arbeiten zu wollen. Der aktuelle Stand ist also nur ein Zwischenbericht, Änderungen zum Positiven sind sicherlich demnächst zu vermelden. So, jetzt wagen wir die Grenzüberschreitung und wildern mit unserer LDW-Tabelle im MS-DOS-Bereich. Ehrwürdigen Respektes gewiß, starten wir das große LDW-Vorbild »Lotus 1-2-3«. Als LDW-verwöhnter Atarianer ist man zunächst herb getroffen von der schmuck- und mauslosen Oberfläche des Übervaters aller Tabellenkalkulationen. Doch mit Hilfe der von LDW bekannten Tastaturbedienung ist das Arbeitsblatt schnell geladen und getestet. Bis auf die Fettschrift und Textunterstreichung hat Lotus 1-2-3 keine Schwierigkeiten mit unserer Tabelle. Nur mitden von LDW gelieferten deutschen Umlauten besaßen alle MS-DOS-Programme so ihre Probleme (wie bei K-Spread 4 schon beschrieben, so daß ich fast geneigt bin, hier den Schwarzen Peter bei LDW zu vermuten).

»Quattro pro« zählt zu den innovativsten Vertretern im Tabellenkalkulationsbereich, ohne gleich unter Windows laufen zu müssen. Das Maß der Kompatibilität zu Lotus 1-2-3 ist sehr groß, so daß sich nach Einstellung der Makroabarbeitung gemäß Lotus die Testtabelle problemlos bearbeiten ließ. Nur beim Füllen einer Zelle mit einem Zeichen läßt Quattro das letzte Zeichen sehr unschön aus. Dafür bietet das Programm andere Möglichkeiten, einen Rahmen zu erzeugen. Diese gehen allerdings beim Rückimport nach LDW wieder verloren.

Das Multitalent »Works« hat in seiner Version zwei erheblich dazugelernt. Als integriertes Paket erfreut es sich allenthalben großer Beliebtheit. Doch wie man solchen integrierten Paketen nachsagt, sind die einzelnen Programmteile erheblich leistungsschwächer als die entsprechenden Spezialprodukte. Der Tabellenteil von Works lernte seit der Version eins jedenfalls, das Lotus-Format zu lesen. Wie die Tabelle beweist, zeigt Works dabei ein hohes Maß an Kompatibilität. Die Verweisfunktion arbeitet nicht mit Texten, die Wiederholfunktion für Zelleinträge kennt Works nicht, ebensowenig wie Lotus-Makros. Doch besitzt die Tabellenkalkulation eine große Funktionsvielfalt und Geschwindigkeit und mit dem Datentransfer im WK1/WKS-Format läßt sich durchaus arbeiten.

Vielleicht vermissen Sie in diesem Test das eine oder andere MS-DOS-Programm wie EXCEL, Symphonie, Multiplan, etc. Doch nach dem hier aufgeführten Überblick zur Verträglichkeit beim Datenaustausch kann man genügend Rückschlüsse auf die Verträglichkeit zu anderen Programmen im MS-DOS-Bereich ziehen. Klappt dort etwas nicht mit diesem Dateityp beim Einlesen, dann ist das mit großer Wahrscheinlichkeit ein spezielles Problem des entsprechenden MS-DOS-Programms.

Als Resümee für den Atari-Bereich gilt, daß LDW besser Kontakt zur Außenwelt hält als K-Spread 4. Der Grund liegt sicher in der Philosopie von K-Spread, das auf grafische Ausdrucksfähigkeit mehr Wert legt als auf Datenaustausch. (wk)

Bild 4. So sieht die Sache in BasiCHART aus

Christian Opel
Aus: TOS 07 / 1992, Seite 56

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