Im Zeichen der Maus: Projektionen produzieren prima Perspektiven

Bild 1. Eine Kugelprojektion in Vollendung

Die Projektion von Bildteilen auf geometrische Formen fuhrt unter Umständen zu lustigen Ergebnissen. Aber auch ernsthafte Anwendungen profitieren von diesen Manipulationen.

Aufmerksame TOS-Leser fanden in den vergangenen Monaten einige Informationen zum Thema »Grafische Anwendungen und deren Grundlagen«. Heute sollen ein paar Spezialfunktionen Ihre Bildbearbeitung und -gestaltung aufwerten. Die grundsätzliche Handhabung von Blockfunktionen und deren Einsatz beim Ausschneiden, Kopieren und Verändern von Bildteilen sollte Ihnen mittlerweile vertraut sein. Für besondere Aufgaben benötigt man jedoch noch flexiblere Effektfunktionen. Stellen Sie sich vor, Sie zeichnen die vor Ihrem Lieblingsreisebüro stehende Litfaßsäule, an der die palmenbesetzten Strände in Plakatform kleben. Der Versuch, diese Palmen im Freihandmodus darzustellen, so daß Proportionen und Perspektive halbwegs übereinstimmen, dürfte Sie endgültig zur Urlaubsreife bringen, falls das nicht schon der Fall ist.

Bild 2. Diverse Projektionen auf regelmäßigem und unregelmäßigem Hintergrund

Einfacher geht es mit einer »Tonnenprojektion«. Sie entwerfen das Plakat mit den herkömmlichen Zeichenfunktionen oder schneiden das gewünschte Motiv aus einer der vielen Clip-Art-Sammlungen aus. Je nach Zeichenprogramm rufen Sie jetzt eine spezielle Funktion auf, die den betreffenden Bildausschnitt auf eine geometrische Figur, also z.B. eine Säule, projiziert. Eine besonders gelungene Erweiterung dieser Funktion bietet das Programm »Arabesque Professional«. Hier definieren Sie den Bildausschnitt als Block und projizieren ihn mittels der Funktion »Block einsetzen« unter dem Menüpunkt »Füllen« auf die zuvor gezeichnete Säule. Das Programm fügt dann den Bildausschnitt paßgenau in die Fläche ein. Ihr Plakat klebt nun schön ordentlich auf der Litfaßsäule. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, daß die Projektion auf beliebige Flächen, also auch auf frei mit der Maus gezeichnete Formen, möglich ist. Das umständliche Ziehen und Zerren des Blocks vor dem Kopieren entfällt somit. Außerdem paßt sich das Motiv sehr genau der Flächenkontur an.

Sie sollten allerdings wie bei allen Bildmanipulationen darauf achten, daß das Motiv möglichst wenige unregelmäßige und aufwendige Füllmuster aufweist. Die besten Ergebnisse erreichen Sie mit reinen Strichzeichnungen oder gleichmäßig (=schwarz) gefüllten Flächen. Unter Umständen müssen Sie die Ergebnisse mit Hand und Lupe nachbessern. Viele Programme bieten auch hierfür Spezialfunktionen an. So zum Beispiel diverse Glätt- und Kontrastmöglichkeiten, die Treppenstufenbildung und ausgefranste Ränder mildern sollen.

Die Einsatzmöglichkeiten dieser Projektionen sind äußerst vielfältig. Zum Beispiel läßt sich so der Schattenwurf auf gewölbte Oberflächen leichter realisieren. Sehen Sie sich hierzu auch die letzte TOS-Ausgabe an. Im Wasser spiegelnde Motive oder die reflektierenden Christbaumkugeln sind ebenso denkbar wie die unterschiedlichsten »Fischaugeneffekte«. Letztere finden auch häufig in der Illustration ihre Anwendung. Teile von gescannten oder selbstgefertigten Grafiken projizieren Sie auf die gewünschte Fläche und löschen anschließend die Umrandung. Probieren Sie unterschiedliche Formen wie Kugel oder Ellipse aus.

Manchmal empfiehlt es sich, die Grafik schon vor der Projektion mit den Glätt- und Kontrastfunktionen vorzubereiten. Die Konturen bleiben besser erhalten oder treten deutlicher hervor. Zusätzlich versuchen Sie einmal, je nach Programm, die Einstellung »Block fett« oder »Block verstärken« anzuwenden. Allerdings wird hier »viel« schnell »zu viel«. Gehen Sie also behutsam vor.

Nachdem Sie ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht haben, fertigen Sie vielleicht eine Hardcopy des Bildes an. Diese Vorlage können Sie für Batik- oder Seidenmalerei-Arbeiten durchpausen oder aber direkt mit Tusch- oder Wasserfarben einfärben. Selbst bei scheinbar geringen zeichnerischen Fähigkeiten entstehen so schnell interessante und vor allem einmalige Kunstwerke, die man auch ohne Computer betrachten kann. Falls Sie aber nicht über solche Projektionsarten verfügen, werfen Sie nicht gleich die Maus ins Korn. In diesem Falle müssen Sie doch auf die Zerr- und Ziehmodi zurückgreifen. Zeichnen Sie einen Kreis, dessen Durchmesser den gewünschten Bildausschnitt etwas überragt. Nachdem Sie diesen Ausschnitt als Block festgelegt und in die Kreismitte verschoben haben, setzen Sie den Verbiege-Modus jeweils für die »horizontale« und »vertikale« Ebene auf 1/2 Sinus. Durch Verschieben der beiden Ebenen nähern Sie dann den Block der Kreisform an. Sie sollten den Blockmodus dabei auf »Verschieben« gesetzt haben, so daß das Original nach jeder Aktion gelöscht ist. Allerdings ist diese Methode etwas langwierig und verlangt Fingerspitzengefühl.

Zu den Projektionen gehören genaugenommen auch die verschiedenen Spiegelarten. Jedes bessere Malprogramm spiegelt Bildausschnitte bzw. Blöcke an der X- und Y- Achse oder dreht diese in 90-Grad-Abständen oder sogar frei. Besonders beim Zeichnen von symmetrischen Objekten oder dem Entwerfen von Ornamenten, z.B. als Rahmen für Grußkarten oder Vignetten, lohnt sich der Griff in diese Trickkiste. Beachten Sie, daß eine Rotation einzelner Rastergrafiken nicht fehlerfei zu berechnen ist. Bevor die Nachbearbeitung in eine wilde Pixelklickerei ausartet, sollten Sie das Motiv unter Umständen in der gewünschten Position neu zeichnen. (wk)

Bild 3. Mit dem Verzerren eines Blocks kommt man auch auf die Tonne

Andreas Wischerhoff
Aus: TOS 07 / 1992, Seite 60

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