Bekennen Sie Farbe! Farbige Grafiken mit Papillon, nicht nur mit Grafikkarte!

Es muß mir gelingen, eine Figur in wenigen Strichen zu schaffen. Das wird mich den ganzen Winter beschäftigen.

(Vincent van Gogh 1853-1890)

Nun, einen ganzen Winter sollten Sie vielleicht nicht vor Ihrem Rechner verbringen. Aber in dieser etwas farblosen Jahreszeit kann es nicht schaden, ein paar bunte Tupfen in die (Computer-)Welt zu setzen. Wahrscheinlich verfügen die wenigsten unter Ihnen über die Fähigkeiten eines van Gogh. Wenn doch, sollten Sie schleunigst Maus und Tastatur mit Pinsel und Leinwand tauschen und Ihre erste Vernissage vorbereiten. Für alle nicht ganz so genialen Maler reichen das Farbgrafikprogramm Papillon und ein Farbmonitor.

Notfalls greifen Sie auf das Demo von der TOS-Diskette 11/92 und den Farbfernseher aus der guten Stube zurück. Dermaßen ausgerüstet, starten Sie Papillon in der mittleren Auflösung (640 x 200 Pixel). Gehen wir davon aus, daß Sie über keine Grafikkarte verfügen und sowohl TT als auch Falcon bislang nur ein glänzendes »Haben wollen« in Ihre Augen treten läßt, so stellt Ihnen der bunte Schmetterling maximal vier Farben zur Verfügung. Warum, steht im Handbuch oder z.B. im Atari-Profibuch.

Öffnen Sie jetzt über das Menü »Datei/Neu« ein Arbeitsfenster, nachdem Sie eine Bildgröße von 640 x 400 Pixel eingestellt haben. Damit steht Ihnen eine ausreichende Zeichenfläche zur Verfügung, ohne daß Sie gleich akuten Speichermangel erleiden. Die Anzahl der Farben müssen Sie auf vier setzen. Anschließend selektieren Sie in der Werkzeugleiste am linken Fensterrand das Symbol für »Rechtecke zeichnen«. Die Farbe soll Rot sein und unter »Muster« benötigen Sie das »kleine schwarze«, das für Füllen ohne Muster steht (im Pop-Up das zweite von links in der obersten Reihe). Wenn Sie nun das Rechteck aufziehen, füllt Papillon die Figur automatisch mit einem leuchtenden Rot.

Rufen Sie jetzt einmal im Menü »Einstellungen« die Konfigurationsbox für die Farbpalette auf. Ähnlich dem Farbmodul aus dem Kontrollfeld stellen Sie hier die Farbmischung für die momentan vier zur Verfügung stehenden Farben zusammen. Sie sollten sich dabei vergegenwärtigen, daß Sie nicht Farben aus dem Tuschekasten zusammenstellen, sondern nach den Grundsätzen der additiven Farbmischung arbeiten. Sie setzen sozusagen die farbigen Lichter aus dem Prisma des Physikunterrichtes wieder zusammen. Somit läßt sich jede Farbe aus den drei Grundfarben rot, grün(!) und blau mixen. Weiß erhalten Sie durch Addition aller drei Grundfarben (alle Regler auf tausend Promille), schwarz entsteht durch Entfernen aller Farbanteile (alle Regler stehen auf Null), wie Sie durch Anklicken der entsprechenden Farbfelder ganz leicht festellen. Möchten Sie Ihr Rot eher in Richtung Gelb abmischen, so fügen Sie über den Slider die gewünschte Menge Grün hinzu (Rot + Grün — Gelb!). Das Ergebnis sehen Sie sofort im Farbfeld. Natürlich können Sie auch Schwarz und Weiß derartig verändern, allerdings wirkt sich dies nicht nur auf Ihre Grafiken, sondern z.B. auch auf das Schwarz in den Menüeinträgen oder das Weiß im Fensterrahmen aus. Probieren Sie es einfach mal aus. Da Sie nur die vier Farben zur Verfügung haben, die in der rechten Hälfte dargestellt sind, müssen Sie sich entscheiden, welche und in welcher Intensität bzw. Reinheit Sie diese verwenden wollen. Benötigen Sie anstelle des Grüns ein sattes Blau, so klicken Sie das Feld Grün an und stellen die Regler Grün und Blau entsprechend um. Ansonsten bestätigen Sie einfach mit »OK«. Wie Sie im Pop-Up »Farbe« sehen, kümmert sich Papillon selbsttätig um die Anpassung der Farben.

Sie dürfen übrigens für jedes Arbeitsfenster eine eigene Farbpalette zusammenstellen und separat speichern. In diesem Fenster haben Sie dann jedoch nur Zugriff auf diese eine (!) Palette. Natürlich sind vier Farben nicht gerade üppig. Trotzdem läßt sich da mit ein paar Tricks noch einiges machen. Stellen Sie jetzt eine Farbpalette mit Blau und Rot zusammen und ziehen Sie anschließend eine blau gefärbte Figur auf.

Bild 1. Sind Füllmuster und Farbe geschickt miteinander verknüpft, ist dem Meister ein neues Bild geglückt
Bild 2. Die Zunge bringt es an den Tag. Farbe ist nicht gleich Farbe.
Bild 3. Aus zwei mach vier. Schwarz-weiß heute mal in Farbe.

Solange Sie dieses Objekt noch nicht durch Druck auf die Leertaste oder Mausklick abgelegt haben, es sich also noch innerhalb eines Objektrahmens befindet, dürfen Sie die Farbe oder das Muster beliebig ändern. Wählen Sie als Füllmuster jetzt einmal das Atari-Grau (im Pop-Up das fünfte von links in der viertletzten Reihe), ohne die Farbe zu ändern, so erscheint das Blau um einige Nuancen heller. Legen Sie probeweise mehrere Figuren mit unterschiedlichen Mustern bei gleicher Färbung nebeneinander (vgl. Bild 1). Möchten Sie Ihr Werk in den original Systemfarben, also ohne Palettenmodifikation betrachten, so drücken Sie kurz auf »Help« (steht nicht im Handbuch!). Allerdings ist die Verknüpfung von Muster und Farbe nicht ganz problemlos, wenn die Wiedergabe solcher Bilder in abweichender Größe oder Auflösung (z.B. bei der Druckausgabe) geschieht. Probieren Sie es mit den Beispielgrafiken von der TOS-Diskette.

Im Folgenden möchte ich Ihnen noch ein paar Tricks zeigen, die den zeichnenden Schmetterlings voll ausreizen. Nehmen wir an, Sie besitzen eine monochrome Clip-Art-Grafik, deren farblose Blässe Sie mit ein paar Farbtupfern beleben möchten, so wie bei der unverschämt her-ausgestreckten Zunge in Bild 2. Laden Sie das gewünschte Bild mittels »Datei/Öffnen« und schneiden Sie mit Hilfe von Lasso oder Block den entsprechenden Teil aus. Falls Sie das gesamte Bild benötigen, reicht ein Doppelklick auf das Icon »Block«. Mit »Control C« kopieren Sie den Puffer in das Clipboard.

Da Sie im aktuellen Arbeitsfenster jetzt nur Zugriff auf zweit!) Farben (Schwarz und Weiß) haben, öffnen Sie wie vorhin ein weiteres Arbeitsfenster mit vier Farben und fügen per »Ctrl V« den Pufferinhalt ein. in der Dialogbox »Farbkonvertierung» nehmen Sie aus Geschwindigkeitsgründen die Einstellung »ähnlichste Farbe«. Plazieren Sie den Block im Arbeitsfenster und fixieren Sie ihn mit der Leertaste. Nachdem Sie Farbe und Füllmuster gesetzt haben, geht es mit der Funktion »Flächenfüllen« weiter. Der Mauszeiger weist während dieser Arbeit eine etwas unglückliche Form auf. Als Tip: der »Hot Spot«, also der Punkt des Zeigers, der letztendlich die genaue Mausposition definiert, befindet sich rechts unten am herabhängenden Rechteck. Mischfarben entstehen durch Übereinanderkopieren von zwei unterschiedlich gefärbten Flächen im Modus »OR«. Bei der Zunge in Bild 2 ergaben z. B. die beiden linken Mundwerke im Modus »Durchsichtig« per Block übereinandergelegt die violette Zunge. Auch hier spielt das Füllmuster eine entscheidende Rolle. Zu guter Letzt noch der Tip, daß Papillon beim Füllen grundsätzlich die aneinanderhängenden Farbpunkte umfärbt, die sich beim Mausklick direkt unter dem Hot Spot befinden. Versuchen Sie also mal, die schwarze Umrißlinie blau einzufärben.

Ach ja, was hat nun van Gogh mit alldem zu tun? Er beschäftigte sich u.a. mit dem Pointillismus. Und bei dieser Maltechnik trägt der Künstler unter ausschließlicher Verwendung der Grundfarben die Farbe statt in Flächen in Punkten und Strichen auf. Pixelsetzen schon im Jahre 1880. (wk)


Andreas Wischerhoff
Aus: TOS 01 / 1993, Seite 76

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