Die Grundausstattung: Wieviel Software braucht der Mensch

Da ist man nun glücklicher Besitzer eines Computers und schon fangen die Probleme an. Wer nicht nur den Papierkorb über den Bildschirm schieben mochte, der braucht auch etwas, um seinen neuen Hausgenossen zu beschäftigen. Also stürzen wir uns in das Software-Getümmel und suchen erste Anwendungen.

Wer sich einen Computer kauft oder schenken läßt, der kennt zumindest ein oder zwei Bereiche, in denen er den Rechner einsetzen möchte. Einschlägige Literatur in Form von Computermagazinen haben in den Wochen vor der Kaufentscheidung auch bereits erste Hinweise auf die Wunsch-Software geliefert. Doch der Computer eignet sich ja für wesentlich mehr als nur eine oder zwei Anwendungen. Mit steigender Benutzungsdauer entdeckt man immer mehr sinnvolle Anwendungen. Ich möchte Ihnen deshalb hier einige Beispiele aus den unterschiedlichsten Gebieten vorstellen, um Ihre Fantasie anzuregen und gleichzeitig Ihre Neugierde zu wecken.

Grundsätzlich gibt es sechs große Gruppen von Computeranwendungen. Neben dem Programmieren und den Spielen sind das vor allem die vier »klassischen« Anwendungen Textverarbeitung, Datenverwaltung, Grafikanwendung und Tabellenkalkulation. Abgesehen von den Tabellenkalkulationen gibt es überall auch Software, die auf unterschiedliche Anwendungsbereiche spezialisiert ist, beispielsweise Textverarbeitungen für das Büro, für den professionellen Vielschreiber oder einfach für die kleine Korrespondenz zwischendurch. Die Datenbanken fächern sich noch viel weiter auf. Von der Plattenverwaltung bis zum Adressverzeichnis, von der Kundenkartei bis zur Einsatzplanung bei der Feuerwehr gibt es kaum etwas, das nicht schon mit Datenbanken realisiert wurde. Besonders vielfältig sind aber die Grafikanwendungen.

Hier finden sich Spezialitäten wie »CAD«, Computerunterstütztes Zeichnen und Konstruieren, genauso wie »Desktop Publishing«, das Publizieren am elektronischen Schreibtisch, Leiterplatinen-Entwürfe oder Programme zum kreativen Malen und Zeichnen.

Wir wollen hier keine Liste der besten Software in jedem Bereich veröffentlichen. Dazu gibt es immer wieder in der TOS genügend Hinweise, wenn wir in Schwerpunkten die Standardanwendungen behandeln. Einige grundsätzliche Dinge sollten Sie jedoch bei der ersten Software-Auswahl beachten. Informieren Sie sich umfassend über die angebotenen Programme. Ein sehr gutes Mittel dazu sind Demoversionen, die viele Firmen von ihren Programmen anbieten. Zumeist kostenlos können Sie die entsprechenden Demos bei den Herstellern direkt anfordern. Auf der TOS-Diskette finden Sie ja auch jeden Monat ein oder mehrere Programme, die einen guten Einblick gewährleisten.

Gewisse Ausnahmen, aber deshalb um so mehr anzuraten für Einsteiger, sind die Vollversionen von Software, die Sie ab und an auf der TOS-Diskette finden. So enthält die Ausgabe 9/92 den kompletten »GfA-Basic 3.5 Interpreter« und auf der TOS 12/92 finden Sie eine Vollversion der ganz neuen Textverarbeitung »Tempus Word Junior«. Erklärende Artikel und Kurse in den zugehörigen Ausgaben, sowie im Falle von Tempus Word Junior eine integrierte, umfangreiche Hilfedatei, sorgen für klaren Durchblick auch ohne Handbuch. Eine weitere, wichtige Möglichkeit, an gute und vor allem vollständige Software heranzukommen, ist das Angebot von Shareware- und PD-Anbietern. Allerdings kommt es hier immer wieder vor, daß man in diesen Programmen Einschränkungen findet, die die Bezeichnung »Krüppelsoftware« eher gerechtfertigt scheinen lassen. Die meisten Versender achten jedoch schon darauf, daß die Software wirklich komplett vorliegt. Und bei einem Preis von wenigen Mark für zumeist mehrere Programme kann man schon einmal einen Fehlkauf verkraften. Besonders bei Shareware ist es jedoch fast immer so, daß diese Programme, für die bei regelmäßiger Benutzung auch ein Lizenzbetrag von 50 bis 100 Mark fällig wird, einen hohen qualitativen Anspruch erfüllen. Shareware-Programme wie »Rufus« als DFÜ-Programm oder »TeX« zum Schreiben und Setzen von Texten beweisen die Professionalität von Shareware.

Für den Neueinsteiger stellt sich natürlich auch die Frage, woher er zuverlässige Informationen und Programme bekommen kann. Neben dem Bezug über Fachhändler sind vor allem Computerclubs ein guter Platz für den Informationsaustausch. Die Clubs halten regelmäßige Treffen ab und ihre Mitglieder informieren und helfen sich gegenseitig bei allen anfallenden Computerproblemen. Zudem haben die meisten Clubs günstige Einkaufsmöglichkeiten für Software, so daß man hier wieder preiswerter an Originalsoftware herankommt.

Bei der Softwareauswahl selbst sollten Sie nicht in den Fehler verfallen, alles besitzen zu wollen. Sie wissen zunächst sehr genau, welche Hauptanwendung für Sie relevant ist. Um diese Kernanwendung ziehen sie langsam weitere Kreise von Software, die Ihre Hauptanwendung bereichert. Für eine Textverarbeitung ist z.B. die Kombination mit einem Grafikprogramm und einer Datenbank sehr sinnvoll. Eine Tabellenkalkulation dagegen muß nicht unbedingt zur Grundausstattung gehören. Anders sieht es aus, wenn Sie hauptsächlich Daten verwalten wollen. Hier gehen Sie, je nach speziellen Einsatzbereich, von einer Datenbank oder Tabellenkalkulation aus und ergänzen Ihre Ausstattung irgendwann um eine Textverarbeitung. Bei den großen Anwendungen gibt es auch immer mehr Light- oder Junior-Versionen, die nur in wenigen Bereichen Einschränkungen gegenüber den großen Versionen haben. Diese Einschränkungen betreffen hauptsächlich Spezialfunktionen, die man nur selten oder überhaupt nicht benötigt. Entsprechend ist die »kleine« Version in vielen Fällen vollkommen ausreichend. Außerdem bieten die meisten Firmen sehr günstige Aufstiegskonditionen von den kleinen auf die großen Versionen an, so daß man auf keinen Fall den zuerst investierten Kaufpreis verliert.

Accessories: Ideale Ergänzung für Hauptprogramme

Wer mit der Computerei anfängt, der ist natürlich zunächst einmal fast erschlagen von der Vielfalt der Funktionen, die jede neue Software mit sich bringt. In der letzen Zeit haben deshalb sogenannte Multi-funktions-Utilities einen großen Aufschwung erlebt. Sie versammeln eine ganze Palette nützlicher Funktionen in einem Programm, so daß sich der Anwender nur mit einer Software plus seiner Hauptanwendung herumschlagen muß. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt »Accessory«. Accessories erreicht man normalerweise immer über das erste Pull-down-Menü in jedem Programm, das überhaupt eine Menüleiste bietet. Die Accessories laufen gewissermaßen parallel zu der Hautanwendung und ergänzen es dadurch in idealer Weise. Haben Sie beispielsweise eine Textverarbeitung als Hauptprogramm gestartet, dann liefert Ihnen ein entsprechendes Accessory die Datenbank zur Adressen Verwaltung, ohne daß Sie jedesmal die Textverarbeitung verlassen müssen, um eine Adresse nachzusehen. Die beiden großen Multifunktions-Utilities »Harlekin« und »Mortimer« vereinigen in sich mittlerweile komplette Texteditoren, Datenverwaltungen, Terminplanung, diverse Hilfsmittel wie Lupe, Bildschirmschoner, Druckerspooler oder RAM-Disk und zahlreiche Diskettenoperationen wie Kopieren von Disketten und Dateien, Formatieren, Anlegen neuer Ordner etc. Durch diese Funktionsvielfalt benötigt man eigentlich nicht mehr so viele verschiedene Hauptanwendungen und kann effizient mit dem Computer arbeiten.

Natürlich gibt es gerade im Bereich Tools und Utilities eine fast unüberschaubare Anzahl von Programmen. Allerdings sollten Sie sich zunächst nicht verrückt machen lassen von dieser Vielfalt. Wer anfängt, mit dem Computer zu arbeiten, der braucht noch lange keinen Bootwähler, Hochleistungsdateikopierer, Fileselektor oder Software-Blitter. Sicher erleichtern viele Tools in bestimmten Situationen die Arbeit. Doch zunächst einmal genügt es vollkommen, sich mit den sowieso vorhandenen Fähigkeiten des Computers und der wichtigsten Anwendungssoftware vertraut zu machen. Denn die wenigen Sekunden, die Sie mit vielen Tools sparen, die investieren Sie zunächst doppelt und dreifach in das Studium von Anleitungen und die Suche nach der Antwort auf das berüchtigte »Warum klappt das jetzt wieder nicht?«. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen langsamen und erfolgreichen Einstieg in die Computerei. Möge Ihre Software immer das tun, was Sie wollen und Ihr Rechner niemals abstürzen. (wk)


Wolfgang Klemme
Aus: TOS 02 / 1993, Seite 16

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