Vom König zum Komparsen: Schutz vor Verkäufertricks

Der Kunde als Wachs in der Hand eines schlauen Verkäufers, der nur auf Umsatz aus ist? Nur wer die Tricks kennt, weiß sich zu wehren.

Wie sieht es in der Branche aus? Ist der Computer-Fachhandel für den Kunden da, geht er auf seine Wünsche ein, berät er wirklich im Sinne des Käufers? Viele Verkäufer zweifellos, denn der Kunde merkt bald, ob er König ist oder Komparse, Hauptfigur oder willenloser Mitspieler für Provisionsjäger. Nicht um die vielen guten Verkäufer geht es uns, die sich, mehr als man erwarten darf, um die Belange des Kunden sorgen. Es geht um die schwarzen Schafe, die mit dubiosen Methoden dem Kunden, der ihnen vertraut, das sauer verdiente Geld aus der Tasche ziehen. Wer diese Tricks kennt, entlarvt die geldgierigen Geier leichter, trennt die Spreu vom Weizen.

Viele Computerhändler stellen Verkäufer nur auf Provisionsbasis ein. Das Grundgehalt ist gering, nur wer guten Umsatz macht, kommt einigermaßen über die Runden. Wie uns bei den Recherchen gesagt wurde: »Mehr als 14 Tage Urlaub sind für mich nicht drin. Klar stehen mir mehr zu, aber dann gibt's daheim nur noch Kartoffelsuppe.« Also heißt die Devise: Umsatz, Umsatz, Umsatz.

Das Wohl des Kunden steht nicht an zweiter Stelle, sondern an letzter. Beispiele dafür gibt es genug. »Stückzahlen« heißt die Devise. Beim Hersteller gilt nicht der Händler etwas, der viel Wert auf guten Service legt, sondern viele Geräte absetzt. Der Service kommt oftmals zu kurz.

Fachhändler, die Wert auf Service legen, gehen bei telefonischer Beratung schon dazu über, den Namen des Anrufers in ihrer Kundendatenbank abzufragen. Taucht der Name nicht auf, gibt's Tips nur nach Rückruf, um die Telefonnummer zu bekommen, und dann kostet die Viertelstunde 25 Mark. Das Verfahren klappt, wie uns bestätigt wurde: »Diese Kunden zahlen ohne Murren. Bisher reagierte nur einer nicht auf meine Rechnung«. Sind die Verkäufer die Schuldigen? Nein, ein Geschäftsführer eines bekannten Softwarehauses erläutert uns: »Die Verkäufer sind arme Schweine. Sie bekommen Druck vom Geschäftsführer, der Umsatz machen möchte, auf Teufel komm raus. Wehe, da empfiehlt einer das Gerät oder Programm der Konkurrenz, obwohl es vielleicht wesentlich besser geeignet wäre.«. Nur, wenn dann der Kunde kommt und sich über den falschen Kauf beschwert, dann bekommt das auch wieder der Verkäufer ab.

Aber wir fanden bei unseren Recherchen auch die schwarzen Schafe: »Nach zwei Minuten weiß ich, wie ich den Typ ausziehe bis aufs Hemd«. Wie geht der geschickte Verkäufer vor? »Erst mal reden lassen. Je mehr er redet, desto besser weiß ich, wo ich ihn packen kann.« Denn oft hat der Kunde zwar eine gewisse Vorstellung von seiner Anwendung. Klar, im Vordergrund steht Textverarbeitung, für die ein Gerät aus der Mittelklasse ausreicht. »Wenn ich dem Typen einen 486er zeige und seine Augen leuchten auf, dann vergißt der schnell seine Textverarbeitung. Die Textverarbeitung muß er vorschieben, um bei Frau oder Freundin die neue Anschaffung durch zu bekommen. Lege ich ihm die richtige Argumentation in den Mund, dann möchte er auf einmal auch ein bißchen Desktop Publishing machen und so weiter. Unter einem 486er geht dann nichts mehr.« Aber auch Leute, die wirklich Kompetenz mitbringen, sind nicht gefeit gegen einen Fehl kauf: »Am liebsten sind mir die sogenannten Experten, die den Freund beim Kauf beraten.« Wir wollten wissen, wie sich ein geschickter Verkäufer da verhält? »Das ist einfach. Ich bombardiere ihn mit Fragen. Er tut so, als könnte er bei allen Themen mitreden, auch wenn er auf dem Holzweg ist. Dann stelle ich ihn nicht bloß. Ich ziehe ihn auf meine Seite. Dann bestätigt er alle meine Aussagen.«

»Erst mal reden lassen. Je mehr der Kunde redet, um so besser weiß ich, wo ich ihn packen kann. Nach zwei Minuten weiß ich, wie ich ihn ausziehe bis aufs Hemd.«

Fast schon kriminell ist der »falsche Kunde«: Zufällig ist gerade ein Kunde da, der dieses Gerät schon einige Zeit im Einsatz hat und gerne bestätigt, daß er damit hochzufrieden ist. Natürlich wähnt man, einen unparteiischen Rat bekommen zu haben.

Was sind die häufigsten Scheinargumente des Verkäufers, um den Kunden zum Kauf zu überreden? Vorsicht ist geboten, bei: »Den Computer habe ich selbst.« Viele Verkäufer dürfen sich auf sogenannten Leihschein Geräte aus der Firme für einen gewissen Zeitraum mit nach Hause nehmen. Warum sollten sie sich ein Gerät kaufen, das nach einigen Monaten wieder veraltet ist. Also Vorsicht bei Geräten, die der Verkäufer selbst gekauft hat.

Ebenso gilt Vorsicht bei Sonderangeboten. Wieso sollte ein aktuelles Gerät im Sonderangebot billig an-geboten werden? Handelt es sich vielleicht um ein Auslaufmodell, um veraltete Komponenten, um ein Gerät, das nicht auf den neuesten Stand gebracht werden kann?

»Leider haben wir gerade kein Vorführgerät parat. Aber das funktioniert garantiert auf Ihrem Computer.«

Wer bei solchen Sonderangeboten mit fadenscheinigen Argumenten auf einen Kauf drängt, hat was zu verbergen: »Da habe ich nur noch wenige auf Lager. Die gehen weg wie warme Semmeln.« Das sollte bei Ihnen eine Alarmleuchte aufblitzen lassen.

Computer und Software - so lassen sich Schnäppchen machen, denken leider viele und wissen nicht, daß in dem schönen Paket auch alte Versionen enthalten sind. Informieren Sie sich über die Versionen, handelt es tatsächlich um die aktuelle? Oder noch schlimmer:

Eine spezielle Version »... die extra kreiert wurde für diese Aktion.« Welche Einschränkungen birgt die Version: »Wurde eigentlich nur umbenannt. Ganz im Vertrauen: Die unterscheidet sich nicht von der wesentlich teureren Version.« Also ein Schnäppchen! Das kann richtig sein oder auch nicht. Ist der Verkäufer bereit, seine Aussage schriftlich zu bestätigen? Wenn nicht: Vorsicht. Manchmal handelt es sich um keine abgespeckte Version, aber andere Einschränkungen sind verdeckt. Beispielsweise bietet der Hersteller für diese Version keinen Hotline-Service oder es ist kein Upgrade von einem »Light«-Produkt auf das Vollprodukt möglich.

Computer und Peripherie - auch nicht immer so billig, wie man meint. »Ein Computer mit Monitor und Drucker« - da hat man alles zusammen, kauft aufeinander abgestimmte Produkte. Meint man. So eine Kombination täuscht oftmals über die Schwachpunkte mancher Einzelteile hinweg. Wer sich einen Monitor kauft, achtet auf dessen Daten. Wer sich eine Konstellation, wie die oben genannte zulegt, achtet mehr auf die Daten des Computers und läßt sich leichter einen minderwertigen Monitor unterschieben.

»Leider haben wir das gerade nicht da, aber es funktioniert auf jeden Fall auch mit Ihrem Gerät«. Testen können Sie es aber leider nicht, denn nicht mal ein unverkäufliches Vorführgerät findet sich im Laden. Wer gekauft hat, muß anschließend beweisen, daß der Verkäufer diese falsche Zusicherung gemacht hat. Ohne Schriftliches oder einen Zeugen geht da wenig, wer also garantiert sicher gehen möchte, verlange eine schriftliche Bestätigung. Sie sehen: Versprechen haben nur einen Wert, wenn man sie schwarz auf weiß besitzt.

»Am liebsten sind mir die sogenannten Experten, die den Freund beim Kauf beraten.«


Horst Brandl
Aus: TOS 02 / 1993, Seite 30

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