MUSIC MON 2.0 - Die nächste Generation

Vor rund zwei Jahren erschien MUSIC MON, ein Soundeditor, der Klänge erzeugt, die über Editor oder MIDI in einfachster Weise eingegeben, per Sequenzer zu kompletten Musikstücken zusammengesetzt und über eine Assembler-Routine in eigene Programme eingebunden werden können. So ließ sich auf komfortable Art und Weise der Dornröschenschlaf des Soundchips beenden, wenn man Sounds zur Untermalung in eigene Programme einbauen wollte.

Seit einigen Wochen ist nun MUSIC MON 2.0 erhältlich, ein Chiptrakker, mit dem die Leistungsfähigkeit des Soundchips noch weiter gesteigert werden kann. Durch eine konsequente Weiterentwicklung der Vorgängerversion wurde MUSIC MON um Digi-Drums, Buzzer und zahlreiche weitere Funktionen ergänzt.

Grundsätzliches

Zunächst einmal ein paar grundlegende Dinge zum Programm: MUSIC MON lag mir in der Version 2.0 als Farb- und Monochromversion zum Test vor. Ausgeliefert wird MUSIC MON auf einer nicht kopiergeschützten Diskette mit einem ca. 60 Seiten umfassenden Handbuch in einer Programmhülle mit Ringbuchlochung. Hierzu werden die Neuerungen der Version 2.0 als 14seitiges Ergänzungsheft mitgeliefert. Im Ergänzungsheft werden zwar alle Verbesserungen angesprochen, doch bleiben nach intensivem Studium trotzdem zahlreiche Fragen offen. Darüber hinaus konnte auch der didaktische Aufbau des Ergänzungsheftes nicht überzeugen. An dieser Stelle also eine Bitte an die Entwickler, dieses Heft noch einmal gründlich zu überarbeiten. MUSIC MON sollte meiner Ansicht nach auf Festplatte installiert werden. Obwohl einem Betrieb von Diskette keine Einschränkungen entgegenstehen, sind die Ladezeiten doch etwas ermüdend, sofern man öfters einzelne Sounds oder Patterns nachlädt. Begeisterte Fans des Monitors SM124 werden si- cherlich die monochrom Programmversion bevorzugen, mehr Spaß und Freude kommt allerdings bei der Farbversion auf. Persönlich hat mich in der Farbversion etwas die Kombination der Farben gestört, die auf einem handelsüblichen Farbfernseher auch leicht verschwimmen. Hier hätten die Entwickler die Farbvarianten der Version 1.0 ruhig übernehmen können. Doch möchte ich dies nicht überbewerten: Farben sind bekanntlich Geschmackssache. Nach dem Laden erscheint dann ein Titelbild mit einem fetzigen Musikstück, das dem Anwender bereits vorab Appetit bereiten wird. Per Mausklick öffnet sich daraufhin der Hauptbildschirm, der alle Funktionen zum Erstellen und Verändern eines Musikstücks beinhaltet. Hier fällt sofort die fehlende Menüleiste auf, so daß der Zugriff auf Accessories also versperrt ist. Schade, daß dieser Punkt in der jetzigen Version nicht verbessert worden ist.

Buzzer-Sounds

In der Version 2.0 werden erstmals BUZZER-SOUNDS (auch Hardwave- Sounds genannt) eingebaut, die auch synchronisierbar sind. Sie machen sich den Hüllkurvengenerator des YM-2149 zunutze, der normalerweise den Lautstärkenverlauf formt, und mißbrauchen ihn als zusätzlichen Tongenerator, indem seine Frequenz bis in den hörbaren Bereich hinein hochgeschraubt wird. Der Hüllkurvengenerator bietet vier periodische Kurven an:

Der Frequenzumfang der Hardwaves beträgt 2 Oktaven. Die Hardwave- Signale können mit dem normalen Rechteck- und Rauschsignal gemischt werden, und zwar in frei wählbaren Frequenzverhältnissen. Ist die Frequenz der Hardwave und die des Rechteckgenerators annähernd gleich, entsteht ein schwingender Ton, der in Lautstärke und Klangfarbe ständig variiert. Hardwavesounds können technisch bedingt nicht in ihrer Lautstärke variiert werden. Durch Anklicken des SPEC-Buttons gelangt man in das Hardwave- Menü. Eine vorherige Sicherheitsabfrage verhindert beim Umschalten in den HardwaveModus das versehentliche Löschen der Hüllkurveneintragungen. Alle Frequenzfunktionen, die sich auf den Rechteckbzw. Rauschgenerator beziehen, sind weiterhin aktiviert, alle Funktionen, die die Lautstärke modifizieren, sind hingegen deaktiviert worden.

Digi-Drums

Ebenfalls neu sind die DIGI-Drums. Hierbei handelt es sich um einen 4-Bit- Digitalkanal, mit dem man nicht nur Samples in einer Tonhöhe wiedergeben, sondern auch über eine Frequenzspanne von 2 Oktaven spielen kann. Dabei können die SampleStars von GALACTIC zum Samplen verwendet werden. Eine Digi-Note erscheint in der Notenliste mit einem Symbol, welches eine Wellenform darstellen soll. Dann folgt eine Zahl zwischen 0 und 24 für die Tonhöhe (das macht 25 Tonhöhen, also 2 Oktaven C 1 -C2) sowie wie bei den SynthNoten auch die Soundnummer. In diesem Fall jedoch nur von 0 - 9, da nur maximal 10 Digi-Sounds benutzt werden können. Zur Manipulation von Digi-Sounds steht ein kleines Submenü zur Verfügung, das sich stets auf das aktuelle Sample bezieht. Hier kann man bestimmen, ob das entsprechende DIGI eine Oktave höher abgespielt werden soll. Eine weitere Funktion bietet die Wahl zwischen 4 Wiedergabetabellen, die das 8-Bit- Sample auf 4 Bit in Echtzeit umsetzt. Darüber hinaus ist es möglich, 6 Sounds (Synth oder Digi) auf die Tasten"4" bis"9" zu legen. Unterhalb der Aussteuerungsanzeige wird die Belegung der Tasten angezeigt. Ferner läßt sich die Tonhöhe des aktuellen Samples in 20stel Halbtonschritten feineinstellen. Auch die Lautstärke des aktuellen Samples ist regelbar. Die Transpose-Funktion berechnet direkt das Sample. Transponiert man ein Sample um eine Oktave nach oben, wird die Datenmenge auf die Hälfte reduziert.

Soundeinbindung

Die Einbindung in eigene Programme funktioniert etwas anders als im alten MUSIC MON. Mit der neuen Routine ist es nicht möglich, die Geschwindigkeit während des Abspielens zu ändern oder den Zugriff auf einzelne Register zu verbieten. Auf der anderen Seite erhält man nun eine schnellere Abspielroutine, die flexibler eingebunden werden kann und die die Möglichkeit des automatischen Ein- und Ausblendens mit frei einstellbaren Geschwindigkeiten hat. Im Lieferumfang befinden sich Beispielprogramme für Assembler, GFA- und Omikron-BASIC. Die neue Abspielroutine bietet zwei verschiedene Möglichkeiten zur Einbindung von Modulen. Zum einen kann man die Programmroutine selbst von einem geeigneten Interrupt (50/200 Hz) aufrufen, zum anderen die Einbindung und den Interrupt-Aufruf der Abspielroutine überlassen.

Sonstiges

Die Funktionen zum Laden und Speichern wurden erheblich verbessert. Sehr vorteilhaft empfand ich unter anderem die Möglichkeit, weitere Sounds auszuwählen und zu laden, ohne jedesmal umständlich die Fileselectbox zu öffnen. Weitere Verbesserungen betreffen die altbekannte Notenliste. Eintragungen sind weiterhin über das Keyboard des ST oder über Midi möglich, wobei über Midi keine Digis eingegeben werden können. Ferner kann man synthetische oder digitale Sounds in einer frei wählbaren Tonhöhe auf die Zahlen 4 - 9 des Zahlenblocks legen. Digis können nur auf Kanal 1 eingegeben werden, bei beiden anderen Kanälen bleibt alles beim alten. Links von Kanal 1 befindet sich ein "S" oder ein "D". Dadurch unterscheidet sich, ob man bei der Eingabe über die STPseudo-Klaviatur auf Kanal 1 Digi-Noten oder synthetische Noten einträgt. Leider lassen sich über Midi nur Synth-Noten eintragen. Der Sound-Edit-Screen bietet nun die Option, Sounds nicht nur mit 50 Hz, sondern auch mit 100 Hz oder gar 200 Hz abspielen zu lassen. Somit lassen sich recht beeindruckende Synth-Drums erzeugen.

Fazit

Es bleibt als Fazit festzuhalten, daß trotz einiger Kritikpunkte MUSIC MON auf breiter Front überzeugen konnte. Die Version 1.0 ist konsequent weiterentwickelt und um zahlreiche neue Funktionen erweitert worden. Begeistert haben mich insbesondere die Buzzer-Sounds und die Digi-Drums. Somit verfügt der Käufer über enorme Möglichkeiten zur Klangmanipulation des an sich eher müden Soundchips. MUSIC MON läuft auf Atari ST/STE/TT und Falcon. Somit erhält man für den Preis von 89 DM ein absolut gelungenes Produkt.

RW

Bezugsquelle:
GALACTIC
Julienstraße 7
45130 Essen

Literatur:
[1] Let the musicplay - ST-Computer 12/91, S.58ff

Positiv:
günstiger Preis
neue und schnellere Einbindungsroutinen
Ergänzung um Buzzer-Sounds und Digi-Drums
konsequente Weiterentwicklung der Version 1.0

Negativ:
kein didaktischer Aufbau des Ergänzungsheftes
unglückliche Farbkombinationen
nicht GEM-konform programmiert



Aus: ST-Computer 06 / 1994, Seite 10

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