Dolmetschern und Sklavenhaltern: Der richtige Umgang mit Druckertreibern

Allen, die »Druckertreiber« bislang für in den Print-Medien tätige Sklavenbesitzer hielten, sei der folgende Grundlagenartikel empfohlen. Damit Sie nicht irgendwann zum Sklaven Ihres Druckers verkommen.

Ungläubiges Entsetzen spiegelte sich auf Hermann W.s Gesicht wider, als sein Blick auf den ersten Ausdruck seines nagelneuen 24-Nadlers fiel:

"... und besttigen Ihren Auftrag ber fnfundzwanzig Kchensthle vom Typ 'Sehne Mllerin'. Mit freundlichen Gren .. ", stand dort schwarz auf weiß in gestochen scharfer 12-Punkt-Times. Doch vermochte der tadellose optische Eindruck nicht über die offensichtlichen orthografischen Mängel hinwegzutäuschen, die Programm oder Drucker in schierer Bosheit der Auftragsbestätigung zugefügt hatten. Auch das grafisch aufwendig gestaltete Firmenlogo im Briefkopf war selbst mit größter Fantasie nicht mehr als solches zu erkennen, sondern ähnelte verdächtig der Kompaktversion eines fernöstlichen Zeichensatzes.

Was war geschehen? Hatte sich ein hinterhältiger Umlaut-Virus in die teure Textverarbeitung eingeschlichen, oder war es dem eilfertigen Verkäufer im Computershop gar in der Hitze des Verkaufsgesprächs entgangen, auf einen entscheidenden Nachteil des frisch erworbenen Druckwunders hinzuweisen? Erst ein verzweifelter Anruf bei bereits »druckerfahrenen« Freunden vertrieb gegen Mitternacht die dunklen Gewitterwolken an Hermann W.s Computerhimmel: »Du hast den falschen Druckertreiber installiert!«, lautete die lapidare Antwort des »aufgeweckten« Fachmanns.

Bei einem Druckertreiber handelt es sich, schlicht gesagt, um ein kleines Hilfsprogramm, mit dessen Hilfe eine andere Anwendung,

etwa eine Textverarbeitung oder ein Malprogramm, Ihren Drucker »antreibt« etwas auszudrucken. Es sorgt also dafür, daß das, was Sie auf dem Monitor sehen, nachher auch auf dem Papier erscheint. Zu diesem Zweck wandelt das Programm ein im Speicher befindliches Dokument, sei es Text oder Grafik, in druckerverständliche Befehlsfolgen und Daten um. Der Druckertreiber ist eine Art Dolmetscher zwischen Computer und Drucker.

Die Kommunikation zwischen beiden Geräten erfolgt im allgemeinen über sogenannte »Escape (ESC)-Sequenzen«. Ihren Namen erhielten sie durch das jeden Druckerbefehl einleitende »ESC«-Zeichen (in der ASCII-Tabelle dezimal 27, hexadezimal $1B). So veranlaßt die Befehlsfolge »27 107 15« einen NEC P6, auf den Zeichensatz ITC Souvenir 10 zu wechseln. Doch läßt sich ESC auch als Abkürzung für »Epson Standard Code« lesen, so daß sich die Frage nach der Urheberschaft dieser Norm wohl schon von alleine beantwortet.

Nun ist zwar das Prinzip der Befehlsübermittlung glücklicherweise Hersteller-übergreifend gelöst. Welche Reaktionen ein entsprechender ESC-Befehl allerdings in Druckern unterschiedlicher Fabrikation auslöst, ist von der Firmware, dem Betriebssystem des jeweiligen Modells, abhängig. So motiviert vielleicht eine ESC-Sequenz, die Drucker A in den Grafikmodus versetzt, Drucker B zu einem neuen Weltrekord im Dauer-Form-Feed. Entsprechend ist der Einsatz unterschiedlicher Druckertreiber für die Software unerläßlich, weil man dem Anwender ja nicht vorschreiben kann, welchen Drucker er sich kaufen soll. Glücklicherweise liefern beinahe alle Hersteller professioneller Software ein großes Arsenal an Treibern für alle marktrelevanten Druckermodelle mit ihren Produkten aus, so daß Sie im Normalfall sofort ohne größere Probleme loslegen können. Voraussetzung ist natürlich, daß Sie vor dem ersten Ausdruck den richtigen Druckertreiber installiert haben.

Was sich hier so ehrfurchtgebietend »Installation« nennt, entpuppt sich in der Praxis meistens als Mausklick in eine Liste, mit dem Sie Ihrem Programm mitteilen, welchen Drucker Sie besitzen. Ihre Wahl speichert das Programm normalerweise in einer »Konfigurationsdatei«, die beim nächsten Programmstart automatisch für eine korrekte Arbeitsumgebung sorgt. Um Sie vor bombigen Überraschungen zu bewahren: Druckertreiber verschiedener Programme sind untereinander nicht austauschbar. Das heißt, Sie dürfen nicht einfach Ihren leicht fehlerhaften Treiber der Textverarbeitung gegen den prima funktionierenden Treiber Ihres Grafikprogramms ersetzen. Im Idealfall verweigert die Textverarbeitung dann Ihren Druckerdienst oder stürzt im schlimmsten Fall sang- und klanglos ab. Sollte bei dem einen oder anderen Programm dennoch Kompatibilität zu bereits vorhandenen Druckertreibern bestehen, so ist dies im Handbuch vermerkt. Wenn auch das korrekte Zusammenspiel zwischen Software und Drucker dank der Bit-Regisseure im allgemeinen reibungslos abläuft, kommt es trotzdem gelegentlich zu Unstimmigkeiten im Druckbetrieb. Zu den häufigsten Problemen zählt die fehlerhafte Wiedergabe von Umlauten und Sonderzeichen sowie die mangelnde Übereinstimmung der Seitenlänge, beziehungsweise des Seitenlayouts zwischen Software und Drucker. In 90 Prozent aller Fälle liegt des Rätsels Lösung in einer falschen Drucker-Konfiguration. Viele Drucker besitzen einige sogenannte DIP-Schalter, die zur Einstellung der wesentlichen Druckparameter wie Papierlänge (DIN A4 ist kürzer als Endlospapier) und Zeichensatz dienen. Der weitverbreitete STAR LC 24-10 läßt sich beispielsweise so in den Standard-Grafik- oder IBM-Modus versetzen. Wenn Sie nun Ihren LC im IBM-Modus mit skandinavischem Zeichensatz betreiben, Ihre Textverarbeitung allerdings den Standard-Modus mit deutschem Font erwartet, ist ein wunderliches Druckergebnis bereits vorprogrammiert. Prüfen Sie bei Schwierigkeiten also zunächst Ihre Drucker-Voreinstellungen und experimentieren Sie - sollte das Drucker-Handbuch keine genauen Angaben bereithalten - damit herum.

Sind die DIP-Schalter richtig eingestellt, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fehler im Druckertreiber vor.

Ihr weiteres Vorgehen hängt jetzt stark vom Konzept der entsprechenden Anwendung ab. Die überwiegende Zahl der Textverarbeitungen gestattet eine Modifikation der Treiber durch den Anwender. Dazu liegen die Druckertreiber in ASCII-Dateien vor. In diesem, meist kommentierten Text nehmen Sie nun die entsprechenden Korrekturen vor, indem Sie einfach die nicht ordnungsgemäß funktionierenden Druckerbefehle gegen die in Ihrem Druckerhandbuch aufgeführten austauschen. So passen Sie selbst exotische Drucker, für die vom Hersteller ursprünglich gar kein Treiber vorgesehen war, an Ihre Software an. Zwar artet dieses Einstellen gelegentlich zu einem mühsamen Unterfangen aus - man hat schon vereinzelt Anwender mit einem Nervenzusammenbruch vor ihrem geöffneten Drucker aufgefunden - aber es funktioniert. Kniffliger gestaltet sich die Arbeit mit Druckertreibern, die den direkten Eingriff nicht vorsehen. Hier ist man im Ernstfall auf Gedeih und Verderb dem Wohlwollen des Kunden-Supports beim jeweiligen Softwarehaus ausgeliefert. Trotzdem brauchen Sie nicht sofort zu verzweifeln, wenn Sie in Ihrem Lieblingsprogramm keine spezielle Unterstützung für Ihren Drucker vorfinden. Wählen Sie in diesem Fall einen Treiber, der die größte Kompatibilität erwarten läßt. Im allgemeinen sind dies die Drucker der Firma Epson, NEC oder Star, jedoch geht probieren wie immer über studieren. Im Normalfall erzielt man auch so zufriedenstellende Ergebnisse. (wk)

Liegt der Druckertreiber in der Rohform vor, läßt er sich den eigenen Bedürfnissen problemlos anpassen

Kai Schwirzke
Aus: TOS 10 / 1991, Seite 108

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