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FM Towns, Fujitsus eleganter Heimcomputer: Allround-Towns

Hardware

Wie sieht der Heimcomputer der 90er Jahre aus? Der "FM-Towns" mit CD-ROM, 80386-Prozessor und Super-Grafik macht es vor — und dabei gibt's den Luxus-Heimcomputer der Zukunft schon heute.

Traumhaft: Bewegte Bilder fast schon in VideoqualitĂ€t, Stereo-HiFi-Sound und MIDI-Anschluß, schier unerschöpfliche Datenspeicher, flimmerfreie und farbenfrohe Grafik, einfache BedienungsoberflĂ€che und erlesene Top-Spiele... der Tagtraum eines Heimcomputer-Besitzers? Der japanische Drucker- und Großrechner-Gigant Fujitsu hat den Traum wahrgemacht und all diese Computer-Talente in einem GerĂ€t vereint: Der "FM-Towns" ist ein leistungsstarker Heimcomputer, besitzt ein eigenes Betriebssystem mit grafischer BenutzeroberflĂ€che und wird in Japan mit einem ganzen BĂŒndel an Software ausgeliefert.

Herz und Seele des neuartigen Heimcomputers ist die Compact Disk (CD), deren Schacht in der Fassade des Computers denn auch einen zentralen Platz einnimmt. Neben gewöhnlichen Musik-CDs liest dieses Massenspeicher-Laufwerk auch die sogenannten Read Only Memory-Scheiben (CD-ROM), auf denen neben Musik auch Texte und Programme, Sprache, Bilder und Grafiken Platz finden. Auf eine Silberscheibe passen 540 MByte — das ist eine Datenmenge, die ungefĂ€hr dem Inhalt von 270000 Schreibmaschinenseiten zu jeweils 2000 Zeichen entspricht und zu deren Speicherung sonst 540 herkömmliche Disketten mit je einem MByte KapazitĂ€t nötig wĂ€ren.


Das Spiel "R-Type" zeigt's: So farbenfroh kann der FM-Towns sein

Damit der Computer nicht in dieser Datenflut untergeht, verpaßten ihm die Fujitsu-Ingenieure einen Hochleistungsantrieb. Die mit 16 MHz getaktete starke 80386-CPU (Central Prozessing Unit) verarbeitet die Daten in 32-Bit-Portionen (16 Bit bei Amiga und Atari ST) — Leistungskraft genug also, um in jeder Situation den besten Eindruck zu machen. In der Grafik zum Beispiel, wo die Super-Auflösung von 640 x 480 Pixeln fĂŒr VGA-Standard im PC sorgt. Doch der Towns kann es noch besser. WĂ€hrend die VGA-Grafikkarte ĂŒblicherweise in der höchsten Auflösung nur 16 Farben gleichzeitig darstellen kann, mischt der Towns sein Bild aus 256 Farben gleichzeitig, wobei seine Palette sage und schreibe 16,7 Millionen Farbtöne enthĂ€lt. Bei halber Grafikauflösung, also 320 x 240 Bildpunkten, sind es sogar ĂŒber 32000 verschiedene Farben zur gleichen Zeit, wobei der Towns aus derselben riesigen Farbpalette auswĂ€hlen kann.

Nicht nur die Optik stimmt, auch mit der Akustik haben die Entwickler richtig hingelangt. Mit Hilfe von in der Tontechnik gĂ€ngigen Verfahren (Puls-Code-Modulation und Frequenz-Modulation) erhebt sich der Computersound zu echter HiFi-Stereo-QualitĂ€t. Deshalb kann man auch Musik-CDs ohne weiteres im eingebauten CD-Laufwerk abspielen. Neben einer Kopfhörerbuchse und dem LautstĂ€rkeregler ist auch ein Anschluß fĂŒr die Verbindung zur Stereoanlage vorhanden.

Wer Musik nicht nur konsumieren, sondern auch produzieren möchte, kann die MIDI-FĂ€higkeiten des Towns nutzen. Mikrofon und auch Synthesizer können angeschlossen werden, der Computer wird damit zum digitalen Vielspur-TonbandgerĂ€t: Über das Mikrofon verarbeitet der Towns analoge Inputs wie Gesang oder Percussion, um sie dann in DigitalqualitĂ€t aufzuzeichnen.

Die Abtastrate von 19,2 kHz gewĂ€hrleistet eine ausreichende Audiobandbreite und die BandlĂ€nge ist nur durch das Speichermedium (Diskette, Hauptspeicher) limitiert. Doch gerade hier liegt in der Grundausstattung des FM-Towns eine SchwĂ€che, denn es fehlt eine Festplatte. Sie lĂ€ĂŸt sich allerdings nachrĂŒsten (3,5 Zoll, 20 oder 40 MByte), wie ĂŒberhaupt das offene System des FM-Towns ein Lob verdient. Der System-Bus besitzt sechs SteckplĂ€tze — allerdings nur fĂŒr Fujitsu-eigene Steckkarten. Neben SCSI-Cards zur Ansteuerung von sechs (!) Festplatten gleichzeitig sind die Modem-Platine, eine 4-MByte-Speicherkarte zum

Ausbau des 2-MByte-Arbeitsspeichers und die Videokarte zur Ansteuerung eines Farbfernsehers oder zum Aufzeichnen auf Videoband erhÀltlich.

Bis zu sechs MByte RAM kann die CPU (Central Prozessing Unit) ansprechen. Dank eines Steckplatzes fĂŒr den 80387-Coprozessor kann man den Computer auch noch weiter aufmotzen. Gesteuert wird der Rechenrennwagen entweder per Maus, Spielkonsole (Joypad) oder mit der Tastatur.

Auch abenteuerliche VergnĂŒgungsexpeditionen, die sogenannten Adventures (Abenteuerspiele), erlaubt der Computer. Die Japaner haben spezielle Adventures programmiert, die den Speicherplatz einer CD, nĂ€mlich 540 MByte, ausnutzen. So bezieht der FM-Towns wĂ€hrend des Spiels aus dem gigantischen Speicher fotorealistische Szenendarstellungen, tĂ€uschend echte GerĂ€uschkulissen in Stereosound und rhythmische Musik, passend zur Grafik-Animation. Das unter Town-Besitzern beliebteste Adventure ist derzeit das Detektivspiel "Misty", dessen Reichtum an Ideen und Details die Spieler in Japan begeistert.


So kommt der Towns ins Haus: mit Farbmonitor, Tastatur, Maus, Joypad und Zentraleinheit mit integriertem CD-ROM

Nicht nur in den Spielhallen Japans gilt das Action-Videospiel "Afterburner" von Sega als Klassiker, auch in Europa ist es ein Hit. FĂŒr 100 Yen (1,40 Mark) kann man am Spielautomat dreimal Kampfpilot eines F16-DĂŒsenjĂ€gers sein. Und dieses Spiel lĂ€uft mit der entsprechenden CD auch auf dem FM-Towns. Von der SpielqualitĂ€t her steht diese Heimversion dem Spielhallenautomaten in nichts nach. FĂŒr den schnellen und flĂŒssig animierten Luftkampf sorgen bis zu 24 Sprites (grafisches Objekt, das als Ganzes ĂŒber den Bildschirm bewegt werden kann) im Format von 16 x 16 Pixel, die von einem Sprite-controller gesteuert werden. Die VerĂ€nderung von Flugoder Blickrichtung (oder die Bewegung durch Landschaften oder Spielfelder) wird Scrolling genannt. Diese Spiellandschaft legt die Grafikhardware des Tbwns (als Bitplane) auf die OberflĂ€che eines Zylinders. Der Bildschirm, der immer nur einen quadratischen Ausschnitt aus dieser Landschaft zeigt, kann horizontal und auch vertikal scrollen. Da eine Bitplane aus Bildpunkten (Pixeln) besteht, bleiben die Bildkörper auch nach Rotationen verzerrungsfrei und exakt quadratisch.

In Japan gibt es fĂŒr den FM-Towns bereits reichlich Software. Der Computer hat ein eigenes Betriebssystem, "Town OS", kann aber auch MS-DOS emulieren (DOS-Version 3.1), wobei laut Fujitsu die PC-Standardsoftware ohne Probleme lauffĂ€hig ist, zum Beispiel Microsofts Tabellenkalkulation "Excel", der Flight-Simulator oder auch Lotus 1-2-3. Neu: FĂŒr den Towns sind gigantische Multimedia-Programme entwickelt worden, zum Beispiel fĂŒr die Sprachschulung. Ein vertonter Comic hilft beim Erlernen der fremden Wörter und Laute. Anschließend fragt ein anderer Comic das Gelernte ab. Wem eine Fremdsprache zuwenig ist, der fĂŒttert den FM-Towns mit der CD-Word-Scheibe, in der immerhin der Inhalt von WörterbĂŒchern fĂŒr acht Sprachen steckt, das sind insgesamt 15 Millionen Begriffe. Nach nur acht Sekunden liegen sieben Übersetzungen des gesuchten Wortes in sieben Sprachen vor. Mit einem Mausklick kann man noch zusĂ€tzlich Synonyme und verwandte Begriffe aufrufen. Beeindruckend ist auch ein illustriertes Lexikon, das neben BegriffserklĂ€rungen in Wort und Farbbild beispielsweise auch das Gezirpe eines afrikanischen Singvogels vorspielt.

Der FM-Towns ist dank seiner MultimediafĂ€higkeiten eine reiche Informationsquelle. Die technische Ausstattung entspricht den Massenspeicher- und Verarbeitungsleistungen einer professionellen Workstation, doch der FM-Towns nutzt seine Potenz ausschließlich fĂŒr die BedĂŒrfnisse des Heimanwenders. Deshalb ist der Fujitsu-Computer in Japan bereits ein Renner, obwohl er dort erst seit April verkauft wird. Trotz des recht hohen Preises von 338000 Yen (4820 Mark) setzte Fujitsu in Japan bereits ĂŒber 50000 GerĂ€te ab, in einem Jahr will der Konzern bereits 150 000 Computer verkauft haben. Den Export in die USA bereitet Fujitsu gerade vor, und auch in Europa soll er auf den Markt kommen. Nur wann und wie, darĂŒber ist die Entscheidung noch nicht gefallen.

Auf einen Blick
Computer Fujitsu FM Towns
Hersteller Fujitsu Japan
Preis 338000 Yen (rund 4800 Mark)
Ausstattung
Prozessor 80386
**Taktrate** Frequenz (MHz) 16
Betriebssystem Towns-OS/MS-DOS
**Diskettenlaufwerke** Anzahl 2
Format (Zoll) 3,5
KapazitÀt 1,44 MByte
**CD-ROM** Format (Zoll) 5,25
KapazitÀt 540 MByte
**Speicher** RAM-KapazitÀt 2 MByte
Videospeicher 512 KByte
**Besonderheiten** Grafik VGA-Auflösung bei 256 Farben
SoundHiFi-Stereo (FM- und PCM-Soundchips), Musik-CD, MIDI
**Peripherie**Maus, Joypad