Multiface 128: Schützenhilfe für den Spectrum 128

Mit dem Multiface 128 liegt nun das erste Kopiermodul für den Spectrum 128 vor. Es verspricht vielseitige Leistungen. Was hält es?

Die Bezeichnung »Multi« im Namen der Hardware-Erweiterung Multiface 128 schraubt die Erwartungen hoch. Der erste Blick in die beiliegende — leider nur englischsprachige — Anleitung läßt diese Aussage berechtigt erscheinen. Soll doch dieses »Universalgenie« wahre Wunderdinge vollbringen: Es unterbricht und speichert jedes Programm aus dem Arbeitsspeicher des Spectrum — sowohl im 48-KByte- als auch im 128-KByte-Modus. Dazu verfügt es über einen eigenen 8 KByte großen RAM-Speicher, der normalerweise als Puffer für Kassetten-, Microdrive- oder Diskettenoperationen dient, aber auch für kleine Maschinencode-Routinen des Benutzers verfügbar ist. Nicht zuletzt diesem Zweck dient das residente Monitor-Toolkit, das Hex- oder ASCII-Dumps beliebiger Speicherbereiche auf dem Bildschirm ausgibt. Sie sind mit Hilfe der Cursortasten frei editierbar. Natürlich lassen sich die Registerinhalte des Z80 ebenfalls anzeigen. Wegen der nötigen Überlagerung von Speicherbereichen (Paging), blendet der RAM-Bereich das Spectrum-ROM komplett aus. Deshalb sind keine Zugriffe auf dieses ROM möglich. Nur über Umwege lassen sich solche Aufrufe realisieren.


Das Multiface 128 für jeden Spectrum entpuppt sich am Computer als wirkliches Multitalent

Doch nun zum Kernpunkt: Die meisten Benutzer werden das Multiface wohl als willkommene Hilfe beim Kopieren geschützter Software verwenden. Als Grundvoraussetzung erfüllt es deswegen die Forderung, für den Spectrum zunächst völlig »unsichtbar« zu erscheinen. Erst der Druck auf sein rotes Knöpfchen aktiviert die schlummernden Gewalten. Als äußeres Kennzeichen dieser Wandlung bemerkt man die Einschaltmeldung des Moduls sowie eine Menüleiste in den unteren zwei Bildschirmzeilen. Dort stehen sechs Menüpunkte zur Wahl. Der erste (»exit«) veranlaßt den Aufruf des Basic-Interpreters, um von dort aus den Inhalt des Arbeitsspeichers weiterzubearbeiten, »return« gibt die Kontrolle an das unterbrochene Programm zurück; es läuft genau ab der Position weiter, wo es der Tastendruck unterbrach, »save« führt nach Eingabe des Dateinamens in ein Untermenü mit fünf weiteren Punkten (einer davon dient jedoch nur dem Abbruch der Funktion). Hier fällt die Entscheidung für das Speichermedium. Bei Kassettenbetrieb steht normale Übertragung oder Hypertape parat. Daneben sind auch Microdrive und Diskettenlaufwerk wählbar. Microdrives sind während der Arbeit mit dem Multiface 128 sogar formatierbar (über 100 KByte).

Speichern lassen sich je nach Bedarf entweder Bildschirminhalte oder Programme. Dabei ist zu erwähnen, daß nicht im eigentlichen Sinne Programme gespeichert werden, sondern Speicherinhalte. Zu diesem Zweck durchsucht das Multiface den kompletten Arbeitsspeicher und schreibt relevante Bereiche in komprimierter Form auf den Datenträger. Dazu kommen noch sämtliche Systemvektoren und Register sowie der Stack. Dadurch ist die spätere einwandfreie Funktion der gespeicherten Programme voll gewährleistet. Probleme gibt es nur mit Programmen, die Teile während des Ablaufs nachladen.

Der vierte Menüpunkt (»tool«) öffnet den Zugang zu den oben beschriebenen Monitorfunktionen, »print« arbeitet nur mit angeschlossenem Drucker, da es den Bildschirminhalt als Dump ausgibt. Der letzte Punkt, »jump«, kehrt nicht wie »return« zum Einschaltzustand zurück, sondern erlaubt den Aufruf jeder beliebigen Adresse im regulären RAM, im zusätzlichen RAM des Spectrum 128 sowie im Multiface-RAM. Nur im 128-KByte-Modus macht der Menüpunkt »clear« Sinn, er fehlt deshalb auch im 48-KByte-Modus beziehungsweise bei Verwendung des Multiface am 48-KByte-Spectrum. Er löscht die nicht benötigten zusätzlichen Speicherbänke, so daß sie beim Speichern nicht unnötig zur Last fallen.

Da das Multiface 128 über einen durchgeführten Systembus verfügt, ist es mit fast jeder anderen Peripherie zu kombinieren. Seine Leistungen lassen den Preis von knapp 160 Mark gerechtfertigt erscheinen. Lediglich beim »Handbuch« hätte ein wenig mehr Aufwand nicht geschadet. Der Umfang des etwa Zigarettenschachtel-großen Faltblatts mit insgesamt vier Seiten Text ist dabei nicht entscheidend, denn es erklärt die Handhabung des Moduls ausreichend. Es enthält sogar einige sehr wertvolle Tips, wie man noch mehr aus dem Modul herausholt. Nur ist die Schrift so klein gedruckt, daß das Lesen schon mit gesunden Augen schwerfällt.

Daß man als verantwortungsvoller Spectrum-Besitzer das Multiface nur für private Backups nutzt und nicht zum Raubkopieren, ist Ehrensache (ja)



Aus: Happy Computer 06 / 1987, Seite

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