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mini OFFICE-Communication: DFÜ - klein aber oho!

Software

Die Welt wird immer kleiner (nein, nicht geografisch, sondern „technisch“) - so rĂŒcken Mailboxen, Datenbanken und Computernetze immer dichter zusammen. Große Entfernungen sind kein Problem, die LĂ€nge der Übertragungsstrecke wird imaginĂ€r, als wĂŒrde es Distanzen gar nicht gehen.

Angesichts dieses Trends nehmen Anwendungen in der DatenfernĂŒbertragung wie selbstverstĂ€ndlich zu -kleine und ĂŒberaus leistungsfĂ€hige Programme machen dies möglich. In diese Familie paßt auch „mini OFFICE - Communication“ aus Großbritannien.

Bei „mini OFFICE - Communication“ handelt es sich um ein zweigeteiltes DFÜ-Programm. Will heißen: 1. sind Verbindungen zu zeilen-/zeichenorientierten Datennetzen (z.B. via DATEX-P oder direkt zu Mailboxen und Datenbankzentralen) und 2. zu bild-/grafikorientierten Systemen (z.B. Bildschirmtext. Prestel in England oder Teletel in Frankreich) möglich.

Nach dem Programmstart zeigt sich das zeilenorientierte Fenster. Dieses hat in seiner Kopfzeile die momentanen Einstellungen fĂŒr Emulation, Übertragungsgeschwindigkeit, Protokollparameter und Verbindungszustand sichtbar ĂŒbernommen aus einer Default-Datei. DarĂŒber findet man die obligatorische GEM-Desktopleiste. hinter der sich zahlreiche Pull-Down-MenĂŒs verbergen. Am unteren Rand des Bildschirms sind 10 „mausbedienbare Knöpfe“, mit denen wichtige Verbindungsvorgaben zusĂ€tzlich gewĂ€hlt werden können. Dies wĂ€ren beispielsweise das Erkennen von XON/ XOFF-Steuersequenzen. Auto-Linefeed. Control und Break-Kommandos sowie Echofunktionen oder 8Bit-zu-7Bit-Filter.

Bild 1: Das Bild wĂ€hrend einer Verbindung mit dem englischen BTX-System „PRESTEL“

Dieser Filter wird eingesetzt, um die mit dem 8. Bit gesetzten IBM-Grafiksymbole (erweiterte ASCII-Tabelle) entweder ein- oder auszuschalten.

WĂ€hrend der „Online-Sitzung“ können ‚Logfiles‘ geöffnet werden, um die gesamte Übertragung mitzuspeichern.

Mit das Interessanteste in „mini OFFICE Communikation“ ist das ‚Phone-Book‘, quasi ein alleswissendes Telefonbuch. Dort werden zu jeder anwĂ€hlbaren Telefonnummer (von Mailboxen oder DATEX-Knoten) alle wichtigen Parameter mit festgehalten. Wenn eine Nummer daraus angewĂ€hlt wird, stellen sich alle Parameter entsprechend um. Besonders fĂŒr direkt rufbare Mailboxen wĂ€re dies wichtig, da oft unterschiedliche Systemvorgaben, wie Übertragungsgeschwindigkeit, Datenbit, ParitĂ€tsbit, Stopbit usw., gelten. So kann weiterhin zu jeder einzelnen Rufnummer ein sogenanntes ‚Autofile‘ definiert werden, das nach erfolgreichem Verbindungsaufbau („Carrier connect“ d.h. Datenton vorhanden) automatisch Loginsequenzen mit Benutzername und Paßwort absendet. Jedes Telefonbuch erhĂ€lt einen eigenen Namen (als Datei), so daß mehrere verwaltet werden können.

Bild 2: So sieht das DATEX-Fenster aus.

Auch Filetransfer (gesicherte Übertragung von Dateien) ist mittels ‚XMODEM‘ und ‚KERMIT’ oder als reiner ASCII-Transport in beiden Richtungen denkbar. Beim Empfang durch ‚KERMIT’ gibt es eine Besonderheit: Normalerweise ĂŒbernimmt die sendende Stelle die Kontrolle ĂŒber das Protokoll. Der Absender (Computer) fordert dabei eine BestĂ€tigungssequenz (Ă€hnlich einer PrĂŒfsumme), daß der gerade empfangene Block fehlerfrei an gekommen sei. Der EmpfĂ€nger (Mensch und Computer) kann in diesem ‚simple KERMIT’ nichts unternehmen, bis die Übertragung vom Absender beendet wird (außer er kappt die Verbindung). Bei „mini OFFICE“ ist zusĂ€tzlich ein sogenannter ‚KERMIT SERVER’ eingebaut, wobei die Kontrolle des Empfangs stĂ€ndig beim EmpfĂ€nger (Mensch) bleibt, also genau umgekehrt. Das kann beim „Download“ von „unbemannten“ Gegenstellen (Mailboxen) durchaus wichtig sein.

Neben den ĂŒblichen Emulationen TTY (Teletype = simple ASCII, also wie beim Fernschreiber), VT52 und VT100, gibt es auch eine ‚Viewdata’-Einstellung. Wenn ‚Viewdata’ per Pull-Down ausgesucht wird, Ă€ndert sich der Bildschirm völlig. Jetzt sind links zwei MenĂŒs und rechts ein (zunĂ€chst) schwarzes Fenster sichtbar. In dieser Auswahl lĂ€ĂŸt sich Verbindungen zu Prestel-fĂ€higen Bildschirmtextsystemen herstellen. Der Verbindungsaufbau geschieht ebenfalls per Phone-Book und Autofile.

Aber damit nicht genug: Wer Anbieter in einem TELETEX-System (z.B. BTX in Deutschland. TELETEL in Frankreich oder PRESTEL in England) ist, kann einfache Edierfunktionen fĂŒr Änderungen oder ErgĂ€nzungen mit „mini OFFICE“ durchfĂŒhren. Das grĂ¶ĂŸere MenĂŒ zeigt Vorgaben fĂŒr Farbe, Blinken, Grafik und BuchstabengrĂ¶ĂŸe. Ganz bestimmt lassen sich damit beispielsweise keine ausgefeilten BTX-Movies (bewegte BTX-Seiten) konstruieren, das ist in „mini OFFICE“ ja auch gar nicht erwĂŒnscht. Mit der kleineren Box (ganz links oben) wird die Seitenanwahl vorgenommen. Weiterhin ist ‚Telesoftware’ per TELETEX-System abrufbar, allerdings mĂŒĂŸten hier verschiedene Protokolle unterstĂŒtzt werden, was „mini OFFICE“ leider nicht tut.

Als „Mittler zwischen den Welten“ sind alle Hayes-kompatiblen Modems zugelassen. Weiterhin kann per Pull-Down jedes andere Modem mit seinen eigenen Bedienfunktionen (Befehlssatz, Register, Internspeicher usw.) ausgewĂ€hlt und zusĂ€tzlich definiert werden, auch Akustikkoppler und ‚Autodial Modems’ (welche automatisch angewĂ€hlt werden können) gehören dazu.

Sehr schön ist eine kleine Auswahl von Desk-Accessories. die vor dem Programmstart intalliert werden sollen. Diese ACCs sind noch ein kleiner Tribut an TOS 1.4-VorgĂ€nger. So lassen sich von ‚neuer Ordner‘, ĂŒber ‚Datei umbenennen’ bis hin zu ‚Disk formatieren’ damit bewerkstelligen, und das sogar im Programm und wĂ€hrend einer bestehenden Verbindung. Allen Funktionen (ob ACC oder im Programm) gemeinsam ist eine ausfĂŒhrliche Fileselektorbox.

Bild 3: Das „Phone-Book“ sammelt zu jeder Rufnummer die eigenen Modemeinstellungen.

Weiterhin gibt es als ACCs einen Taschenrechner, sogar mit BinĂ€r/Hex-/ Dezimal-Umwandlung, einen relativ komfortablen Texteditor, ein Notizbuch (dann aber mit eigeschrĂ€nkten Funktionen) und eine Speicherkonfiguration (8, 16, 32 oder 64 Kilobyte) fĂŒr die Anwendungen im Programm.

Mit der „mini OFFICE“-Serie aus England wird uns eine Reihe bewußt klein gehaltener Programme vorgestellt mit der Ziel vorgabe, daß es in „großen“ Programmen viele Funktionen gibt, die keiner braucht. Gerade fĂŒr AnfĂ€nger in verschiedenen Anwendungen wird diese Serie interessant sein, „mini OFFICE - Communication“, mit einem guten, ausfĂŒhrlichen Handbuch (z.Zt. noch in Englisch) geliefert, geht sicher den richtigen Weg: „Nur das Nötigste, das aber gut. einfach und schnell.“

In der „mini OFFICE“-Serie gibt es:

  • ’Document Processor’, Desktop-Publishing-Programm, mehrspaltenfĂ€hig, mit Grafik und Wörterbuch;
  • ’Spreadsheet’, eine Tabellenkalkulation mit vielen mathematischen und statistischen Funktionen;
  • ’Database’, eine Datenbank mit verschiedenen Sortier- und Druckoptionen: und
  • ’Presentation Graphics’, ein Programm zur grafischen Aufbereitung von Zahlen in verschiedenen Diagrammen.
Dieter KĂŒhner