Vom 12.-16. Februar fand in Dortmund die Interschul-Messe statt. Was es auf dieser Messe, die eigentlich nur fĂŒr den Schulbedarf gedacht ist, an Neuigkeiten und Besonderheiten fĂŒr den ST zu sehen gab, haben wir in diesem Artikel fĂŒr Sie zusammengestellt.
In den letzten Ausgaben der ST-Computer berichteten wir bereits ĂŒber âATARI in der Schuleâ und eine Interessensgemeinschaft, die sich zusammen mit ATARI fĂŒr den Einsatz des ST im Schulunterricht einsetzt. Eben diese Gemeinschaft war mit ATARI auf einem gemeinsamen Stand (Bild 1) auf der Interschul vertreten. Hier wurden sowohl fĂŒr Lehrer als auch fĂŒr SchĂŒler interessante GerĂ€tschaften und Programme demonstriert, die hoffentlich bald in vielen Schulen zur Anwendung kommen werden.
Das Herz der GerĂ€te ist jeweils der sogenannte âOktobusâ, ein universelles Interface-System fĂŒr den Unterricht. Das GerĂ€t besitzt 8 Digital-EingĂ€nge, spannungsfest bis 40 Volt, mit Schmitt-Trigger; 8 Digital-AusgĂ€nge, dauerkurzschluĂfest, je Ausgang 1000 mA; Leuchtdioden fĂŒr die Ein- und AusgĂ€nge. AuĂerdem sind zwei voneinander unabhĂ€ngige A/D-Wandler eingebaut. Ăber zwei Schiebeschalter können die Spannungen fĂŒr die ersten sechs und die letzten zwei AusgĂ€nge getrennt festgelegt werden. Alle AusgĂ€nge lassen sich auch ĂŒber ein Flachbandkabel herausfĂŒhren, so daĂ nicht unbedingt die aus dem Physik-Unterricht bekannten Kabel benutzt werden mĂŒssen, sondern auch Platinen problemlos angeschlossen werden können. Bis zu vier Schrittmotoren können problemlos an extra hierfĂŒr angebrachte Buchsen angeschlossen werden. Das Interface benötigt kein Spezialnetzteil, sondern wird ĂŒber ein handelsĂŒbliches NetzgerĂ€t mit 9 Volt bis 12 Volt Gleichspannung versorgt. Bild 2 zeigt das Interface.
Zur eigenen Programmierung des Oktobus-Interfaces steht eine ProzeĂsprachenerweiterung zunĂ€chst in GFA-BASIC zur VerfĂŒgung. Andere Sprachen folgen in KĂŒrze. Diese Erweiterung besteht aus Unterroutinen, die die Ansteuerung des Interfaces zum Kinderspiel machen, indem sie einfach nur als Prozedur angesprungen werden mĂŒssen.
Bild 1: Der Atari-Stand auf der Interschul
Bild 2: Das Oktobus-Interface
Bild 3: Der kombinierte Schneider/Plotter bei der Arbeit
Kombinierter Plotter/ Schneider
An das Oktobus-Interface lĂ€Ăt sich beispielsweise ein NC-Hitzedrahtschneider/ Plotter anschlieĂen. Dieses universelle GerĂ€t dient zum Beispiel dazu, NC-Steuerungen am Beispiel von Styropor zu verdeutlichen. Dazu wird im Computer eingegeben, was aus dem Styropor-StĂŒck geschnitten werden soll, etwa ein Auto, ein Buchstabe oderein Schriftzug. Bild 3 zeigt das GerĂ€t beim Ausschneiden des Schriftzugs âHOHLâ aus einem Styropor-Block. Wenn der Schneider nicht mehr benötigt wird, kann man ihn problemlos zu einem Plotter mit einer Genauigkeit von 1/200 mm umbauen. Dadurch mĂŒssen Schulen keinen immensen GerĂ€tepark mehr kaufen, sondern kommen ab sofort mit einem GerĂ€t aus.
Auch ein GerĂ€t namens âExperimentierbahn Hösbachâ, besser bekannt unter dem Namen âGlasfahrbahnâ, wurde gezeigt (Bild 4). Dieses ebenfalls sehr universelle GerĂ€t ist ein mehrfach ersetzbarer MeĂwandler fĂŒr Bewegungen und KrĂ€fte. Die Glasfahrbahn ist ein MeĂwandler fĂŒr y-t-Schreiber und Computer mit A/D-Wandler. Mit ihr ist die Schwerpunktsbewegung eines Körpersystems schnell und genau quantitativ erfaĂbar. Unter anderem etwa: die experimentelle Herleitung des Schwerpunkt- und Impulssatzes, die quantitative Beschreibung der gleichförmigbeschleunigten Bewegung, die Messung der Erdbeschleunigung g, die Behandlung von Relativbewegungen, die Darstellung der Sinusfunktion anhand einer kreisenden Kugel u.v.m. Ein Beispiel: Auf einem auf der Glasfahrbahn stehenden Wagen liegt ein Becher. Darin lassen wir eine Kugel kreisen. Der Wagen wird durch ein an der Kante der Glasrollbahn herabhĂ€ngendes Gewicht ĂŒber die Glasfahrbahn gezogen. Anhand der Bewegung lĂ€Ăt sich nun mit Hilfe des Oktobus' und eines entsprechenden Programms eine Sinuskurve darstellen. Auch ZusatzgerĂ€te zur Glasfahrbahn sind erhĂ€ltlich, so zum Beispiel ein ZentralkraftgerĂ€t, ein Pendelkreisel zur EinfĂŒhrung des Drehimpulses oder ein AusfluĂgefaĂ mit textilem Boden zur Darstellung der e-Funktion.
Haben Sie schon versucht, die Steuerung eines Aufzugs nachzuprogrammieren? âIch stehe im dritten Stock eines Wohnhauses. der Lift ist im neunten, im fĂŒnften drĂŒckt jemand auf den Liftknopf, weil er in den Keller möchte, und ich möchte in den siebten Stock.â Wie erkennt die Fahrstuhl-Elektronik die FahrwĂŒnsche, wie wird der Lift-Fahrplan optimiert, und wie verlĂ€uft die Lift-Steuerung? Der Teufel steckt im Detail, wie man schon an diesem Beispiel sieht. Ein anschauliches, in GFA BASIC geschriebenes Programm erlaubt jetzt mit dem Oktobus dem SchĂŒler, per Simulation so durchs Haus zu fahren, wie er es in seiner Steuer-Elektronik programmiert hat - inklusive falscher Richtung oder ohne Halten im richtigen GeschoĂ. WĂ€hrend der Messe riĂ der Nylonfaden, an dem der Modellaufzug hing. Fazit: acht Simulations-Tote. Nachdem der Nylonfaden erneut befestigt war, lief alles wieder korrekt. Das komplette Fahrstuhlmodell sehen Sie in Bild 5.
Einen fĂŒr Schulen höchst interessanten und wohl unverzichtbaren Dienst hat die Initiative mit der âmedien cooperative ober-Schwabenâ (mco) vereinbart: Hier ist ein kostenloser Public Domain-Kopierservice vorhanden. Lediglich eine Leerdiskette mit RĂŒckporto muĂ eingeschickt werden, um daraufhin eine volle Diskette mit Public Domain-Programmen, die in der Schule gebraucht werden können, zurĂŒckzuerhalten.
Bild 4: Mit der Glasfahrbahn auf physikalischen Abwegen
Bild 5: Die Simulation eines komplexen Fahrstuhls
Schul-CAD
Ein Programm, das auf einem anderen Stand vorgefĂŒhrt wurde, ist Schul-CAD (Bild 6). Es ist ein CAD-Programm, das speziell fĂŒr Schulen entwickelt wurde. Es geht einen komplett neuen Weg und hebt sich von allen bisher bekannten CAD-Programmen auf eine positive Weise ab. Hier ist beispielsweise ein unterbrechungsfreies Arbeiten durch strikte Trennung zwischen Einstellungen (Hilfswerkzeugen) auf der linken und Zeichen- bzw. Bearbeitungsfunktionen auf der rechten Seite möglich. So kann die Linienbreite problemlos geĂ€ndert werden, wĂ€hrend ein Polygonzug gezeichnet wird. Hier muĂ man nicht, wie bei den meisten anderen Programmen, zuerst die Funktion beenden, um dann die Linienbreite im Nachhinein zu Ă€ndern, sondern sie ist sofort ausfĂŒhrbar. Genauso verhĂ€lt es sich auch mit allen anderen Funktionen, das Konzept wurde im gesamten Programm eingehalten und macht es gerade SchĂŒlern leicht, mit der Anwendung schnell zurechtzukommen. Schul-CAD wurde ursprĂŒnglich auf einem PC entwickelt und konnte durch den C-Source leicht auf den ST umgesetzt werden. Zeichnungen, die mit Schul-CAD auf dem PC entstanden sind, können problemlos auch mit dem ST weiterverarbeitet werden und umgekehrt. So ist auch eine Mischung verschiedener Computer in einer Schule kein Problem mehr. Alle ErlĂ€uterungstexte, die das Programm jederzeit durch Druck auf F1 ausgibt, sind vom Lehrer mit einem Texteditor problemlos zu Ă€ndern.
Das Karstadt Profi-Computer-Studio Dortmund war mit einem eigenen Stand auf der Messe vertreten. Hier wurden Desktop-Publishing- und CAD-Programme wie Calamus und CADja vorgefĂŒhrt. Sicherlich auch keine schlechte Idee fĂŒr SchĂŒler, die eine SchĂŒlerzeitung mit der Schule herausgeben wollen. Auf diesem Stand waren allerdings keine Neuerungen zu sehen, sondern es wurden tatsĂ€chlich nur bereits bekannte Programme vorgefĂŒhrt.
Ein Interface wie Oktobus kam auch bei Leybold (Hersteller von MeĂgerĂ€ten fĂŒr den Physik und Chemie-Unterricht) zur Vorstellung. Ein ATARI ST bediente das GerĂ€t. Lehrer, die mit dem ST im Unter rieht arbeiten wollen, sollten sich auf der Suche nach geeigneten GerĂ€tschaften also auf jeden Fall auch bei den herkömmlichen Herstellern erkundigen, ob bereits Interfaces und/oder Umsetzungen fĂŒr den ST vorhanden sind .
Geplante Umsetzungen
Soweit die Neuerungen fĂŒr den ST-Bereich. Allerdings wurden auch einige Programme vorgestellt, die in nĂ€chster Zeit fĂŒr den ST erhĂ€ltlich sein sollen. So gab es bei Lego ein Interface zur Ansteuerung von Lego dacta und Legotechnic zu sehen, das allerdings zunĂ€chst nur fĂŒr PCs und kompatible Rechner erhĂ€ltlich ist. Eine Umsetzung fĂŒr den ST ist mit Sicherheit in den nĂ€chsten Monaten zu erwarten, andere Rechner mĂŒssen noch lĂ€nger auf den Lego-AnschluĂ warten.
Die auf dem ST-Sektor (noch) recht unbekannte Firma BBH plant, ihr Universal-Interface auch fĂŒr ATARI ST Benutzer anzupassen. Mit diesem GerĂ€t ist es möglich, Messungen im Abstand von 20 Mikrosekunden (33000 Werte pro Sekunde mit einer Auflösung von 0,4%) durch zu fĂŒhren und so beispielsweise Kraftfahrzeug-ZĂŒndanlagen etc. zu prĂŒfen oder physikalische VorgĂ€nge zu verdeutlichen. Weiterhin sind HF-und NF-ZĂ€hler, Rechteckgeneratoren und EreigniszĂ€hler eingebaut. Das Universal-Interface hat jeweils acht Digital- und acht Analog-Ein- und AusgĂ€nge und ist damit fĂŒr jede Art von Messungen uneingeschrĂ€nkt nutzbar. Preis und Erscheinungstermin stehen noch nicht fest. Das GerĂ€t ist in abgewandelter Form bereits im Schulungszentrum bei VW in Wolfsburg und anderen Firmen im Einsatz und hat sich bestens bewĂ€hrt. Man darf gespannt sein.
Die Zukunft
SchĂŒler, die momentan noch nicht mit Computern in der Schule arbeiten, das jedoch gerne möchten, können beruhigt schlafen. Der Trend zum Schulcomputer lĂ€Ăt sich nicht mehr verleugnen. Selbst der Stand des Kultusministeriums NRW war mit einem Computer ausgestattet. Richtlinien fĂŒr den Unterricht mit Computern mĂŒssen jedoch erst noch festgelegt werden, da sie noch nicht ĂŒberall einheitlich sind. Kein Anbieter von Lehrmitteln kann es sich heutzutage noch leisten, sein Angebot ohne Computer aufzubauen - die Konkurrenz ist einfach zu groĂ.
Latein-Unterricht mit dem Computer? Warum nicht? Ein Anbieter stellte jedenfalls bereits ein Programm (leider vorerst nur MS-DOS) vor, mit dem Grammatik auf einfache Art und Weise vermittelt werden soll. Ob Cornelsen, Klett, Westermann, Vandenhoek & Ruprecht, Winkler, Bertelsmann oder Beltz: Programme fĂŒr Latein, Englisch, Französisch, Kurzschrift, mathematische Gleichungen, Maschinenschreiben, physikalische und chemische Messungen, LehrplĂ€ne, Raumbelegungen oder StundenplĂ€ne und, und, und... Alles ist vorhanden. Wie die Schule der Zukunft aussehen wird, wird die Zukunft zeigen. Man darf auch hier gespannt sein.
Kontaktadressen:
ATARI in der Schule
Interessensgemeinschaft "ATARI ST in der Schule"
c/o Dieter Schulte-Borherg
Am Graben 45
5757 Wickede/Ruhr
Universal-Interface
BBH
Wittekindweg 11
5870 Hemer
Schul-CAD
cis GmbH
Am Eisernen Schlag 27
6000 Frankfurt 50
MP
Bild 6: Eine Hardcopy des Schul-CADs