← ST-Computer 03 / 1994

Cubase Audio fĂŒr Falcon

Software

Musikanwendungen sind in Deutschland ganz klar das Gebiet, auf dem die ATARl-Rechner weiterhin MarktfĂŒhrer sind. Ob das auch so bleibt, hĂ€ngt sicher u.a. von der weiteren Entwicklung interessanter Programme fĂŒr die ATARl-Rechner. insbesondere fĂŒr den Falcon, ah. Cubase Audio fĂŒr Falcon ist solch ein Programm. Es ist Ă€ußerst komplex, zur Zeit wahrscheinlich das grollte und interessanteste neue Programm fĂŒr den Falcon.

Cubase Audio baut auf den Möglichkeiten vom „alten“ Cubase 3.0 auf. nutzt allerdings die Hardware-FĂ€higkeiten des Raubvogels aus und bietet acht Spur Harddiskrecording in 16 Bit zu einem absolut konkurrenzlosen Preis. Zwei Audiospuren können gleichzeitig in Mono aufgenommen werden oder eine in Stereo. ZusĂ€tzlich können per „Multirecord“ gleichzeitig maximal vier MIDI Spuren aufgenommen werden. Hall, Chorus oder drei parametrische Equalizer pro Spur werden mit Hilfe des Programms vom DSP des Falcons in Realtime erzeugt.

Das Schönste an dem neuen Programm - es ist wirklich da. nicht nur in AnkĂŒndigungen und Testberichten, sondern tatsĂ€chlich vorfĂŒhrbereit beim nĂ€chsten ATARI- oder MusikhĂ€ndler. Mit dem dem S/PDIF-Interface und dem Steinberg-Programm zum Kopieren der Audiodaten auf DAT-Rekorder ist hier sogar ein komplettes System fĂŒr Harddiskrecording auf der Basis des Falcon erhĂ€ltlich.

Hardware-Voraussetzungen

Als erstes braucht man natĂŒrlich einen Falcon. Welchen soll man sich kaufen? Mit oder ohne interne Festplatte? Mit vier oder vierzehn Megabyte? Meine Empfehlung ist ganz eindeutig: Wenn man es sich leisten kann, sollte man einen Falcon mit vierzehn Megabyte kaufen, auf die interne Festplatte kann man dagegen noch am ehesten verzichten. Erstens braucht man fĂŒr Harddiskrecording auf jeden Fall eine zusĂ€tzliche, große SCSI-Festplatte, zweitens verursacht die interne Festplatte einen GerĂ€uschpegel, auf den man gerade bei der Arbeit im Studio durchaus verzichten kann. Vierzehn Megabyte RAM ermöglichen dagegen die volle Ausnutzung des Systems zum Beispiel auch als Sampler oder bei der Verwendung von RAM-Spuren.

Die SCSI-Festplatte. die man sich kauft, sollte möglichst schnell (mittlere Zugriffszeit < 14ms wird empfohlen) sein. Sie sollte möglichst groß sein, bekanntlich braucht man fĂŒr eine Spur in Mono etwa fĂŒnf Megabyte pro Minute. Ein StĂŒck von zehn Minuten mit vier Spuren wĂŒrde also bereits 200M B brauchen. 240 Megabyte sollte man sich aus diesem Grund auf jeden Fall mindestens gönnen, noch besser wĂ€ren 500 Megabyte bis ein Gigabyte. Nach oben gibt es natĂŒrlich keine Grenzen, lediglich zu große Partitionen sollte man zur Zeit noch vermeiden, mit diesen kommen die ATARI-Festplattentreiber noch nicht zu recht.

Bei der Wahl des Festplattenfabrikats sollte man vorsichtig sein, nicht jede Festplatte eignet sich fĂŒr Harddiskrecording. Selbst die sonst sehr guten und schnellen Festplatten von namhaften Herstellern sind nicht zu gebrauchen. Hier sollte man sich also von einem kompetenten HĂ€ndler beraten lassen. Eine Liste der von Steinberg bisher geprĂŒften Festplattensysteme können Sie diesem Artikel entnehmen. Vor dem Kauf einer anderen Festplatte sollten Sie sie erst einmal mit Ihrem System ausprobieren oder RĂŒckgaberecht vereinbaren.

Beim Falcon besteht nicht die Möglichkeit, eine SCSI-Platte intern einzubauen. Man kauft also entweder eine fertige externe SCSI-Festplatte oder nur ein LeergehĂ€use und baut selbst eine der am Markt zahlreich angebotenen SCSI-Festplatten ein. Auch an das entsprechende Kabel vom Rechner zur Festplatte sollte man denken. Der Falcon ist mit einer neueren, noch nicht recht verbreiteten SCSI-Buchse ausgerĂŒstet - am besten ein Kabel gleich beim HĂ€ndler mitkaufen.

Bei der Wahl des Monitors gibt es keine EinschrĂ€nkungen, man kann alles benutzen, was am Falcon anzuschließen möglich ist. Gegen einen SM 124 als billigste Lösung fĂŒr ST - Aufsteiger spricht also auch nichts. Das Programm unterstĂŒtzt zwar auch Farbe, lĂ€uft aber zur Zeit in Monochrom noch stabiler. Screenblaster von Overscan wird vom Programm unterstĂŒtzt.

Schlechte Nachrichten fĂŒr Midex+-Besitzer: Midex+, ein SMPTE-Generator und MIDI-Erweiterung von Steinberg, funktioniert mit Cubase Audio FĂŒr Falcon nicht. Dieses Problem hat GrĂŒnde, die in der Hardware liegen, und kann leider nicht durch ein Software-Update behoben werden. Export von Emagic und SMP2 von Steinberg arbeiten dagegen mit Falcon und Cubase Audio problemlos.

Das Hardware-Setup

Yamaha CBX-D5

Ebenfalls fertiggestellt ist das Programm Cubase Audio von Steinberg fĂŒr das etwa 5000,- DM teuere Yamaha CBX-D5, mit dem Vierspur-Harddiskrecording in professioneller QualitĂ€t möglich ist. In dem GerĂ€t sind zwei hochwertige 16-Bit-A/D- und vier D/A-Wandler, Prozessor und EffektgerĂ€t (entsprechend Yamaha SPX900) enthalten. Außerdem bietet es zahlreiche Schnittstellen fĂŒr weitere digitale Bearbeitung. Mit dem CBX-D5 können 2 Spuren gleichzeitig aufgenommen und vier wiedergegeben werden. Da das GerĂ€t dem Rechner sehr viel Arbeit abnimmt und nur vier Spuren zugleich wiedergibt, lĂ€uft Cubase Audio fĂŒr CBX-D5 unter anderem auch mit der ST-Serie und mit etwas langsameren SCSI-Festplatten. Es ist im Aufbau dem Cubase Audio fĂŒr Falcon sehr Ă€hnlich. Deswegen konzentrieren wir uns zunĂ€chst auf die billigere Lösung, die mit der Falcon- Hardware alleine auskommt. Einem spĂ€teren Umstieg von einem Programm auf das andere steht nichts im Weg, beide sind untereinander bis auf die Effekteinstellungen voll kompatibel.

FĂŒr die Speicherung von Audiodaten wird von beiden Cubase Audio Programmen das vor allem in der Macintosh-Welt verbreitete AIFF-Format benutzt. So dĂŒrfte einer Übertragung von Audiodaten zwischen ATARI und Macintosh nichts im Wege stehen.

Die Lieferung

Cubase Audio kommt auf vier DD-Disketten mit einem Key (Hardware-Kopierschutz), C.A.C. - einem kleinen Stecker fĂŒr den DSP-Port (Cubase Audio Clock, sorgt fĂŒr konstante 44,1 kHz Sampling-Frequenz wie bei der CD) - und einer ausfĂŒhrlichen Anleitung ins Haus. Hat man vorher schon mit Cubase gearbeitet, ist ein Upgrade auf Cubase Audio möglich. Der Key ist aber nicht der gleiche, er muß auf jeden Fall ausgetauscht werden.

Ein Installationsprogramm wird von Steinberg mitgeliefert, mit dessen Hilfe kann die ohnehin nicht sehr schwere Installation von Cubase Audio auf der Festplatte erfolgen. Das Programm kann sowohl auf der SCSI-, als auch auf der internen Festplatte installiert werden, beides funktioniert einwandfrei.

Der Audiomonitor

Anschluß ans Mischpult

Zwei kleine Stereoklinkenbuchsen dienen zum Anschluß des Falcons an das Mischpult. Der Eingang ist auf Mikrofone ausgerichtet, bei Anschluß eines Mischpults (Line-Pegel) sollte man - wie bereits in frĂŒheren Berichten erklĂ€rt - einen Widerstand (ca. 220KOhm)einbauen. Der Ausgang kann direkt an das Mischpult angeschlossen werden.

Programmaufbau, Hardware-Setup

Über Cubase selbst wollen wir hier nicht mehr berichten, dieses Programm ist mittlerweile hinlĂ€nglich bekannt. Wir konzentrieren uns auf die neuen Features von Cubase Audio.

Nach dem Laden des Programms erscheint zunĂ€chst eine allen Cubase-Anwendern bestens bekannte Arrange-Seite. Unter dem neuen MenĂŒtitel „Audio“ wird man als erstes den Punkt „Hardware-Setup“ anwĂ€hlen, um das System den jeweiligen individuellen Anforderungen anzupassen. Hier wird zum Beispiel eingestellt, ob Sie vom rechten, oder linken Kanal aufnehmen, welchen Effekt Sie zur Zeit benutzen wollen (Hall, Chorus, Equalizer) und welcher Ein- bzw. Ausgangspegel wirken soll. Noch einmal soll betont werden, daß die Regelung durch die Software erst hinter dem EingangsverstĂ€rker ansetzt. Sie mĂŒssen also Ihre Aufnahmequelle wie vorher beschrieben an den Falcon-Eingang anpassen. Hat man einmal keine exteme Abhöranlage zur Hand, kann das aufgenommene Audiomaterial auch ĂŒber den internen Lautsprecher abgehört werden.

Die neuen Spurentypen

ZusĂ€tzlich zu den bereits bekannten Spuren MIDI Track, Drum Track usw. kann jetzt im bekannten Pop-Up-MenĂŒ auf der Arrange-Seite Audio Track selektiert werden.

Drei Arten von Audiospuren: Harddisk, RAM und Sample sind unter Audio Track möglich, sie werden im vorher beschriebenen Hardware-Setup eingestellt. „Harddisk“ heißt, daß die Spur direkt auf die Festplatte aufgenommen wird, „RAM“ sollte man nur an wĂ€hlen, wenn man reichlich RAM-Speicher (am besten 14 MB) zur VerfĂŒgung hat. Hier wird das Audiomaterial erst einmal in den Speicher geladen und erst spĂ€ter auf der Harddisk gespeichert und beim Abspielen umgekehrt, was die Festplatte entlastet. „Sample“ wird eingestellt, wenn man - ebenfalls einen großen RAM-Speicher vorausgesetzt - den Falcon als zusĂ€tzlichen kleinen Sampler mißbrauchen möchte, fĂŒr Drum-Spuren, oder besondere Effekte ist dies durchaus denkbar. Übrigens sind die Samples nicht transponierbar, das ist der grĂ¶ĂŸte Unterschied zu einem „ausgewachsenen“ Sampler. Angetriggert wird Ihr „Sampler“ durch das angeschlossene MIDI-Keyboard.

Die erste Aufnahme

MIDI-Aufnahmen werden mit Cubase Audio genauso durchgefĂŒhrt wie bisher. Bei Aufnahme von Audiospuren mĂŒssen Sie die Spur zunĂ€chst als Audio Track definieren und ihr einen Kanal geben (eins bis acht). Stellen Sie den Kanal auf „any“ können Sie auf dieser Spur in Stereo aufnehmen und wiedergeben, dabei werden Kanal eins und zwei benutzt. Als nĂ€chstes mĂŒssen Sie die Spur benennen. Dies können Sie direkt auf der Arrange-Seite oder im Audio-Monitor tun.

Den Audio-Monitor finden Sie im Audio-MenĂŒ. Hier stehen eine LED-Anzeige und ein LautstĂ€rke-Fader fĂŒr jede der acht Audio Spuren und zwei fĂŒr die Summe zur VerfĂŒgung. Sie können hier also schon eine Voreinstellung der LautstĂ€rken fĂŒr jede Spur einzeln vornehmen. Mit dem Monitor-Button wĂ€hlen Sie, ob Sie vor und wĂ€hrend einer Aufnahme das Eingangssignal hören wollen.

Vorsicht, ist der Eingang angewĂ€hlt (Monitor-Button schwarz), hören Sie beim Abspielen nicht die Aufnahme, sondern das direkt an den Ausgang durchgeschleifte Eingangssignal. Die Einstellungen im Audio-Monitor verĂ€ndern ĂŒbrigens nur die LautstĂ€rken bei der Wiedergabe.

Ansonsten lÀuft die Vorbereitung auf die Aufnahme fast genauso wie bei MIDI Aufnahmen. Es werden der rechte und der linke Locator und Punch In/Out eingestellt. Overdub funktioniert bei Audiodaten nicht, sie können nicht wÀhrend der Aufnahme miteinander gemischt werden (das Mischen von Audiodaten auf eine Spur wird unter Ping Pong erklÀrt).

Hat man alles richtig eingestellt, kann aufgenommen werden. Nach der Aufnahme ist der Falcon zunĂ€chst eine Zeitlang beschĂ€ftigt, bis man gefragt wird, ob man die Aufnahme behalten möchte oder nicht. Die Zeit, bis diese Frage kommt, ist unterschiedlich lang. Sie soll von der Organisation der Festplatte abhĂ€ngen. Wie man verkĂŒrzen kann, konnte ich nicht herausfinden. Manchmal geht es eben sehr schnell, manchmal nicht. Diese Zeit ist dadurch bedingt, daß der Falcon mit einer großen Datei erst einmal zurechtkommen muß. Trösten wir uns damit, daß man bei einem Tonband auch erst einmal zurĂŒckspulen muß. bis man neu aufnehmen oder abhören kann.

Nimmt man auf der gleichen Spur weiter auf, ĂŒbernimmt das Programm automatisch die Benennung (Guit.1, Guit.2 ...). Aufnahme im Cycle ist problemlos möglich, alle gespielten Zyklen werden von Cubase auf der Audiospur hintereinander aufgenommen. SpĂ€ter können Sie dann die Teile, mit denen Sie zufrieden sind, behalten und die anderen löschen. Punch In und Out sind auf einer Audiospur genauso möglich wie auf einer MIDI-Spur. Bereits auf der Arrange-Seite stehen die bekannten Tools zum Schneiden, Kleben, Radieren, Muten ... zur VerfĂŒgung und wirken auf die Audiospuren genauso, wie man es von den MIDI-Spuren her kennt. Da der Computerprofi natĂŒrlich gleich nach der ersten Aufnahme sein Werk speichern wird, hier ein Tip: Speichern sollte man StĂŒcke, die Audiospuren enthalten, immer als Songs, weil beim Laden von Arrangements die Audiodaten nicht mit eingeladen werden und per Hand mĂŒhsam nachtrĂ€glich eingefĂŒgt werden mĂŒssen.

Der Audio-Pool

Die Bearbeitung

Hat man einmal Audiospuren aufgenommen, kann Cubase Audio seine eigentlichen StĂ€rken gegenĂŒber einer traditionellen Bandaufnahme erst so richtig ausspielen. Eine Audioaufnahme zu kopieren geht jetzt genauso schnell, wie das bis jetzt mit den MIDI-Aufnahmen möglich war. Ein Beispiel ist, einfach Alternate zu drĂŒcken und mit der Maus die Aufnahme an die richtige Stelle zu „draggen“. Eine solche Kopie verbraucht noch nicht einmal zusĂ€tzlichen Platz auf der Festplatte.

Haben Sie schon einmal versucht, einen Teil bei einer Mehrspurbandaufnahme irgendwo noch einmal einzufĂŒgen? Das ist richtige Arbeit, der Toningenieur hat ganz dekorativ Bandschnipsel um den Hals, hĂ€ngen und man ist schon eine Zeitlang mit einer solchen Aktion beschĂ€ftigt. Deswegen bin ich bereits fĂŒr das Kopieren so dankbar.

Die Bearbeitung einer Audioaufnahme beschrĂ€nkt sich aber im Computer natĂŒrlich nicht auf das simple Kopieren. Im Audio-Editor sind wesentlich weiteneichende Manipulationen möglich. Sogar das VerlĂ€ngern oder KĂŒrzen einer Aufnahme, ohne daß dabei die Tonhöhe verĂ€ndert wird (Time-Stretching), ist möglich. Dieses Feature muß normalerweise als getrenntes Programm teuer gekauft werden.

Jede Bearbeitung, die man dem Audio-File angedeihen lĂ€ĂŸt, ist non-destruktiv, das Original bleibt immer erhalten. Das ist zwar auf der einen Seite zum Beispiel bei Fehlbedienung ein Segen, auf der anderen mĂŒĂŸte nach entsprechenden Warnhinweisen auch destruktive Bearbeitung möglich sein. Wozu? Stellen Sie sich vor. daß Sie aus einer fĂŒnfminĂŒtigen Aufnahme nur eine Minute wirklich brauchen. Dabei wĂŒrden ganze vier Minuten Sample-Daten brach und ungenutzt auf der Platte liegen. Entgegen den ersten Vorversionen hat Steinberg bei der aktuellen Cubase-Audio-Version dieses inzwischen Problem gelöst. Dazu existiert die Aktion „Erase Segments“, mit der man ungenutzte Teile eines Samples wirklich physikalisch von der Platte löschen kann und so wertvollen Speicherplatz zurĂŒckgewinnt.

Der Audio-Editor

Durch Doppelklick auf eine Audiospur oder Anwahl im AudiomenĂŒ gelangt man in den Audio-Editor. Hier sieht man die Audiodaten in Wellenform. Durch vertikales und horizontales Zoomen kann man die Wellen auf die gerade gebrauchte GrĂ¶ĂŸe bringen. FĂŒr ein samplegenaues Schneiden, wie zum Beispiel im Programm Audio Master, ist die Auflösung allerdings noch nicht fein genug. Doch bereits jetzt lĂ€ĂŸt sich mit dem Audio-Editor einiges anfangen: Hat man „Snap to Zero“ im Audio-MenĂŒ angewĂ€hlt, sucht Cubase automatisch nach dem fĂŒr einen Schnitt am besten geeigneten Platz ohne Knacksen Diese Funktion arbeitet ziemlich zuverlĂ€ssig und erleichtert das Schneiden erheblich. So können einzelne Passagen herausgeschnitten und gelöscht oder anderswo wieder eingesetzt werden, selbst das Zerschneiden von einer Melodie in einzelne Töne mit anschließender Korrektur manuell oder durch Quantisieren ist möglich.

Der Audio-Editor

Im Audio-Editor kann nicht nur eine, sondern auch mehrere „Spuren“ dargestellt und bearbeitet werden. Sie befinden sich auf sogenannten „Lanes“. Daten (Töne) können zwischen diesen Linien hin- und hergeschoben werden. So können Passagen von einer Spur auf die andere kopiert oder aus zwei eingespielten Spuren die besten Teile zu einer neuen Spur zusammengefaßt werden.

Wie bei MIDI-Events können im Audio-Editor Volumen VerĂ€nderungen eingegeben und editiert werden. Der Anfang und das Ende eines Events können verĂ€ndert und so Teile der Aufnahme unhörbar gemacht werden. Außerdem gibt es noch einen Q-Punkt; dieser wird vom Programm zum Quantisieren oder beim Verschieben benutzt. Die Position des Q-Punkts lĂ€ĂŸt sich im Audio-Editor manuell verĂ€ndern. Cut, Copy und Paste können benutzt werden, und eine Toolbox mit Schere, Lupe, Radiergummi ... steht hier ebenfalls zur VerfĂŒgung. Beim Anklicken mit der Lupe kann man sich die dargestellten Teile anhören, um sich zum Beispiel die richtige Stelle fĂŒr einen Schnitt herauszusuchen.

Cubase Audio bietet also bereits jetzt eine riesige Menge an Bearbeitungsmöglichkeiten. Hier wird jeder Musiker entscheiden mĂŒssen, wieviel Bearbeitungszeit er investiert. Jeder wird selbst einen Kompromiß zwischen dem Machbaren und Sinnvollen (Bearbeitung und Neuaufnahme) finden mĂŒssen.

Audio-Pool

Cubase Audio verwaltet alle Audio-Files und Teile von ihnen (Segments) im Audio Pool, einer Art Klangdatenbank. Hier können Audiodaten gespeichert und geladen werden, wodurch auch der Austausch zwischen verschiedenen StĂŒcken ermöglicht wird. Segmente können auf eine Spur gezogen, die Werte fĂŒr ihren Anfang oder Ende im Gegensatz zum Audio-Editor hier samplegenau angegeben werden. Segmente sind Teile einer Audiospur, die keinen Platz auf der Festplatte verbrauchen, es sind im Prinzip Zeiger, mit denen man festlegt, von wo und wie lange ein Audio-File gespielt wird.

Klickt man das Lautsprecher-Icon neben einem Segment an, spielt Cubase das entsprechende Segment ab. Der Audio-Pool ist ein mĂ€chtiger und vielseitig nutz barer Teil des Programms, lediglich ein wenig mehr an Übersichtlichkeit und Bedienungsfreundlichkeit wĂŒrde ihm gut tun (z.B. VerĂ€nderung der Start und Endpunkte durch Rechts- oder Linksklick statt Eingabe von langen Zahlenkolonnen).

Die Effekte

Mit Cubase Audio werden drei Mixer geliefert, mit deren Hilfe man eine Abmischung der Audiospuren vornehmen kann, was bei nur zwei AusgÀngen dringend notwendig ist. Je nachdem, welchen Effekt man haben will, wÀhlt man den passenden Mixer. Der Effekt selbst wird im Hardware-Setup eingestellt. Mit dem Mixer kann man die LautstÀrke und die Panoramaposition der Audiospuren und den gewÀhlten Effekt in Realtime bedienen. Diese Mixer arbeiten genauso wie die bisher schon bekannten MIDI-Mixer.

Man kann also an drei Stellen in Cubase Audio die LautstĂ€rke einstellen: Hardware-Setup, Audiomonitor und Mixer. Das ist etwas unelegant, in der Praxis stört es aber kaum, da man hauptsĂ€chlich den Mixer bedienen wird und die anderen zwei auf einen festen Wert eingestellt lĂ€ĂŸt.

Der dreibĂ€ndige parametrische Equalizer und der Chorus sind sinnvolle und brauchbare Effekte, doch der Hall wird wahrscheinlich der am hĂ€ufigsten benutzte Effekt sein. Sie werden sich fragen, wie er klingt. Man wird es kaum fĂŒr möglich halten: mit einem Lexicon Hall fĂŒr 20000, -DM kommt er nicht ganz mit. Aber fĂŒr eine Demoproduktion langt die QualitĂ€t allemal. Reverb Send ist fĂŒr jede Spur individuell regelbar, in der Master Sektion sind Return, Early Reflection und Hallzeit (warum eigentlich nicht in Sekunden) regelbar. Es ist nur ein Effekt zur gleichen Zeit möglich. Sie haben die Qual der Wahl. Aber mit einem Trick kann man sogar diese EinschrĂ€nkung umgehen.

Beim Mischen von zwei Audiospuren auf eine dritte wird in Cubase Audio die digitale Ebene nicht verlassen, deswegen geht eine solche Überspielung - im Gegensatz zur Bandaufnahme - völlig ohne Klangeinbußen vonstatten. Das eröffnet, sozusagen durch die HintertĂŒr, die Möglichkeit. mehrere Effekte in einem StĂŒck zu verwenden. Ein Beispiel: Man bearbeitet eine Spur mit dem Chorus und nimmt sie verlustfrei auf eine andere auf. Danach lĂ€ĂŸt man die Originalspur einfach liegen (oder löscht sie, falls man dringend Platz braucht) und arbeitet mit der neuen Spur, die jetzt bereits mit einem Chorus versehen ist, weiter. Jetzt wĂ€hlt man Hall als Effekt an und kann alle Audiospuren mit Hall versehen. Und schon hat man zwei unterschiedliche DSP-Effekte in einem StĂŒck benutzt.

Eine weitere, eher noch wichtigere Möglichkeit, die sich aus der verlustfreien Überspielung von Audiospuren ergibt, ist die des Vormischens. Will man sehr viele Audiospuren in einem StĂŒck verwenden, kann man sieben Spuren auf eine Monospur oder sechs Spuren auf eine Stereospur zusammenmischen. Die Mischung wird vorher im Mixer so eingestellt, wie sie spĂ€ter klingen soll. Hat man genug Platz auf der Festplatte, braucht man die Originalspuren nicht zu löschen, man „mutet“ sie einfach. GefĂ€llt einem am Ende die Vormischung aus irgendeinem Grund nicht mehr, kann man den ganzen Vorgang beliebig oft wiederholen. Zusammen mit dem fehlenden QualitĂ€tsverlust stellt dies einen weiteren Vorteil gegenĂŒber dem Ping-Pong-Verfahren auf einer Bandmaschine dar.

Praktisch ist der „Mixdown“ sehr einfach: Spuren, die nicht vorgemischt werden sollen, werden gemutet. Eine Zielspur wird ausgesucht und mit einer noch nicht verbrauchten Kanalnummer versehen (bei Stereo any). Im Hardware-Setup wird unter Input „Mix“ eingestellt, und die Mischung kann wie eine normale Aufnahme losgehen. Vormischen und die Originalspuren immer noch behalten können - das ist selbst mit den neuesten digitalen Systemen wie beispielsweise ADAT nicht möglich.

Die Audioeffekte: Reverb, Chorus, EQ Mixer

Falcon-Digital-Interface

Mit einem kleinen zusĂ€tzlichen Interface (FDI von Steinberg, baugleich mit S/PDIF-Interface von Sound Pool) kann man als Besitzer eines DAT Rekorders Cubase Audio zu einem professionellen System ausbauen. Durch das Interface ist es möglich, einen DAT-Rekorder statt des Falcon-Eingangs zu benutzen. Die KlangqualitĂ€t der Audioaufnahme wird dadurch, wie bereits im Dezember ausfĂŒhrlich beschrieben, wesentlich verbessert.

Auch die grĂ¶ĂŸte Festplatte wird einmal voll und muß gerĂ€umt werden. Wollte man die Daten nicht verlieren, gab es bis jetzt nur den Weg, diese ĂŒber einen teueren SCSI-Streamer auf Band oder DAT zu speichern.

Jetzt gibt es von Steinberg zum Interface ein Backup-Programm, mit dem man Audiodaten von der Harddisk auf DAT-Rekorder speichern und sie bei Bedarf wieder auf die Harddisk spielen kann. So kann man sich den Streamer schenken und erheblich Geld sparen.

Tonband oder mehr?

Cubase Audio fĂŒr Falcon ist auf Cubase 3.0 aufgebaut, alle Features von Cubase 3.0 sind in Cubase Audio enthalten. Man erwirbt also eigentlich zwei Programme: ein hervorragendes, bewĂ€hrtes Sequenzer-Programm und ein Programm zur Aufnahme von akustischem Tonmaterial wie Stimme, Gitarre, Saxophon ...

Cubase Audio entspricht damit im Prinzip der alten Verbindung Cubase, Mehrspur Tonband und SMPTE-Interface. Aber eben nur im Prinzip. In der Wirklichkeit leistet das Programm fĂŒr jemanden, der sowohl mit Sequenzer als auch mit akustischen Instrumenten arbeitet, wesentlich mehr.

Um nur einige Vorteile zu nennen: Man sieht auf dem Bildschirm sowohl die akustischen als auch die Synthesizerspuren, kann sie zusammen kopieren, verschieben, schneiden, löschen ... Man kann die akustischen Spuren also fast genauso bearbeiten, wie die synthetischen. Ein weiterer Vorteil gegenĂŒber einem Mehrspurtonband ist die praktisch fast unbegrenzte Anzahl von sogenannten virtuellen Aufnahmespuren (64). NatĂŒrlich können im Endeffekt „nur“ maximal acht Spuren gleichzeitig abgespielt werden. Bei der Aufnahme wird man aber zum Beispiel fĂŒr ein Solo mehrere Spuren aufnehmen können, um sich hinterher daraus eine besonders geniale Spur zusammenzumischen. Zudem bietet Cubase Audio fĂŒr Falcon in Realtime wirksame Effekte, die zur Zeit Hall, Chorus und Equalizer umfassen.

Jemand, der vorwiegend akustische Instrumente aufnimmt und keinen besonderen Wert auf den Falcon und die FlexibilitĂ€t, aber auch KomplexitĂ€t eines Computerprogramms legt, sollte sich ĂŒberlegen, ob er nicht mit einer der stĂ€ndig billiger werdenden Mehrspurtonbandmaschine analog oder digital besser bedient ist. FĂŒr alle anderen aber ist Harddiskrecording die zurZeit interessanteste Lösung, zumal die Entwicklung hier stĂ€ndig weitergeht.

Ist man ein Notenfan, wird man von Cubase Audio ebenfalls nicht enttĂ€uscht. Bereits jetzt verfĂŒgt das Programm ĂŒber die Notendardstellungs- und Notendruck-FĂ€higkeiten von Cubase 3.0, wird aber als das „Top of the Line“-Steinberg-Produkt demnĂ€chst ein erweitertes Score-Modul implementiert bekommen. An solch einem Modul fĂŒr Cubase wird zur Zeit bei Steinberg gearbeitet.

Cubase Audio fĂŒr Falcon ist ein Ă€ußerst komplexes Programm, zur Zeit in der Version 1.0. Da kann es nicht ausbleiben, daß der Rechner auch mal anders reagiert, als man es sich vorstellt. Wer aber stĂ€ndig nur Probleme und AbstĂŒrze mit seinem Falcon030 und Cubase Audio hat, sollte sich an seinen ATARI HĂ€ndler wenden. Bei einigen Falcons gibt es nĂ€mlich Schwierigkeiten mit der CPU-Clock. In diesem Fall wird als Garantieleistung eine kleine Modifikation vorgenommen, die den Fehler behebt.

Cubase Audio ist sicher kein billiges VergnĂŒgen, preiswert ist es aber in jedem Fall zur Zeit die billigste Möglichkeit, ins Harddiskrecording einzusteigen. Bedenkt man die Alternative des Kaufs eines MehrspurtonbandgerĂ€ts, sieht man möglicherweise die Kosten in einem anderen Licht. Besonders schmackhaft gemacht wird der Einstieg in das digitale Audiozeitalter durch die gĂŒnstigen Steinberg Packs und Upgrade Möglichkeiten. Ich wĂŒrde jedem, der ernsthaft mit Cubase Audio arbeiten will, empfehlen, das Falcon Digital Interface gleich mitzukaufen.

Die Preise:

Cubase Audio fĂŒr Falcon: 1790,- DM
FDI inklusive Backup Programm: 570,- DM
Falcon Audio Plus Pack (Cubase Audio fur Falcon + FDI); 1890.- DM
Falcon Audio Pack (Cubase Audio fĂŒr Falcon + SMP2): 2590, - DM
Upgrade von Cubase 3.0 auf Cubase Audio: 875,- DM.

Upgrade auf die beiden Packs ist ebenfalls möglich.

Bezugsquelle:
Musikfachhandel
oder Steinberg MIDI-Software, Eiffestraße 596. 20537 Hamburg

Cubase Audio

Positiv:

sehr gelungene einheitliche OberflĂ€che fĂŒr MIDI und Audio
enormer Funktionsumfang
hervorragendes Preis-Leistungs-VerhÀltnis
mit FDI komplettes Harddiskrecording-System
erleichtertes Schneiden mit Snap to Zero

Negativ:

kein samplegenaues Schneiden im Audio-Editor

Juraj Galan