← ST-Computer 12 / 2002

Galaxy VME

Hardware

Grafikkarte fĂŒr den Atari Mega STE und TT gibt es anscheinend nur noch auf dem Gebrauchtmarkt -oder in Neuseeland. David M. Acklam schaute sich die Galaxy VME einmal sehr genau an.

Foto einer laufenden Anwendung auf der Galaxy VME. Leider arbeitete kein Screenshot-Programm auf der Grafikkarte, sodass wir auf traditionelle Fotografien zurĂŒck greifen mussten.

Herr der Formate

Wie viele andere Atari-Enthusiasten habe auch ich mehr als nur einen Atari-Computer in meiner Sammlung. Seit ich in den 80er Jahren mit der Anwendung von Atari-Computern begonnen habe, kamen und gingen immer wieder Rechner in und aus meiner Sammlung, und noch heute laufen davon viele oder fristen ihr Rentendsein in meinem Keller. Meine 8-Bit-Zeit endete dabei erst im Jahre 1990, als ich endlich meinen ersten ST kaufte, einen gebrauchten Mega ST mit dem dazu gehörigen Laserdrucker SLM 804. Über die Jahre tauschte ich die Maschine gegen einen Mega STE, kaufte einen Falcon und einen Portfolio dazu und gabelte auch einen gebrauchten 1040 ST auf. Dann investierte ich in einen Hades, sodass mein restliches Equipment in der Abstellkammer verschwand.

WĂ€hrend ich nahezu alles aus dem Hades herausholte, bot sich mir die Gelegenheit, gĂŒnstig einen Atari TT zu erstehen. Eine lokale Firma namens Datastitch benutzte Atari-Computer zur Steuerung von Stick-Maschinen. Als Atari seine Computerlinie fĂŒr die Entwicklung des Jaguar aufgab, wechselte Datastitch zum PC und verkaufte alle seine Atari-Systeme zum sehr gĂŒnstigen Preis. Ich ergatterte einen Atari TT mit 4 MBytes ST-RAM, einen 20 MBytes großen Festplatte und einer etwas mysteriösen Grafikkarte. Das ganze System kostete mich gerade einmal 200 US-Dollar. Ich investierte noch einmal etwas Geld, um das Motherboard von seinen Modifizierungen zu erlösen und einen Ajax-Chip fĂŒr HD-Diskettenlaufwerke einsetzen zu lassen. Da aber der Hades mein Hauptrechner blieb, wanderte auch der Atari TT in die Abstellkammer zu all den anderen SchĂ€tzen.

Im Laufe des darauf folgenden Jahres erlitt mein Hades jedoch ein schweres Hardware-Problem, das mich zwang, das GerĂ€t zurĂŒck an Medusa Computer in die Schweiz zu senden. Da ich aber einen guten Arbeitsrechner brauchte und nicht wusste, wann mein Hades aus Europa wieder zurĂŒck kommen wĂŒrde, kramte ich meinen Falcon und den TT aus der Abstellkammer. Der Falcon war fĂŒr Grafikarbeiten und der TT fĂŒr schnelle Arbeiten eingeplant. Mit der Zeit benutze ich aber eher den TT und schaute mich um, um das GerĂ€t zu erweitern. Ich kaufte 4 MBytes TT-RAM und eine 2.1 GBytes große externe SCSI-Festplatte. Außerdem ergĂ€nzte ich den TT um ein CD-ROM und einen CD-Writer.

Schließlich stand eine Erweiterung der Grafik an. Die eingebaute Grafikkarte benutzte ich nie, da sie nur 16 Farben darstellen konnte. Ich hoffte, irgendwo noch einen Crazy Dots oder Nova-Karte erstehen zu können. Beide werden jedoch lĂ€ngst nicht mehr produziert und sind auf dem Gebrauchtmarkt nur schwer zu bekommen. Im Internet stieß ich jedoch auf die erfreuliche Nachricht, dass Mario Becrofft aus Neuseeland eine neue Grafikkarte fĂŒr VME-Rechner entwickelte. Zurzeit arbeitet er immer noch an der Karte, die auch ein Ethernet-Interface enthĂ€lt. Es war mir aber möglich, eine Betaversion der Galaxy ohne Ethernet-UnterstĂŒtzung zu ergattern, die mich US-Dollar 380.- kostete. Zwar ist die Lösung noch nicht perfekt, aber schon jetzt liefert sie eine hohe Auflösung fĂŒr Ataris mit VME-Interface, also den TT und den Mega STE.

Spezifikationen

Die Galaxy VME unterstĂŒtzt Farbtiefen von bis zu 16 Bit, was 65.536 Farben entspricht. Auch der Falcon kann diese Farbanzahl darstellen. Die Auflösung reicht bis 1280 x 1024 Bildpunkten bei einer Wiederholfrequenz von 76 Hz und einem Pixelclock von bis zu 1 30 MHz. Auf der Karte sind 4 MBytes Videospeicher enthalten, dieser ist jedoch auf bis zu 16 MBytes erweiterbar. Ebenfalls ist ein Hochgeschwind ig keits-2D-Grafikbeschleuniger auf der Karte vorhanden, der den Bildschirmaufbau stark beschleunigen soll. In der jetzigen Version wird allerdings noch nicht allzu viel Nutzen davon gemacht. Als Treibersystem wird ein speziell angepasstes fVDI-System benutzt, das selbstverstĂ€ndlich beiliegt.

Ich nutze die Galaxy zurzeit in meinem TT an einem nur 14 Zoll großen NEC MultiSync C400-Monitor. Die höchste Auflösung betrĂ€gt hier nur 800 x 608 Bildpunkte, ich kann die Karte also nicht vollstĂ€ndig ausnutzen. Die Galaxy unterstĂŒtzt außerdem monochrome Auflösungen.

Installation

Die Installation der Galaxy-Karte war sehr einfach. Zuerst muss das Blech entfernt werden, das die zusĂ€tzlichen seriellen Schnittstellen des TT beherbergt. Da ich keine von beiden je benutzt habe, entschied ich mich kurzerhand dafĂŒr, die Modem-Ports zu entfernen und auch nicht mehr am Motherboard anzuschließen. Dann muss die Galaxy in den nun freien Schacht geschoben werden, bis sie sicher in der VME-Verbindung des TT bzw. STE sitzt.

Nun muss die Treibersoftware installiert werden, damit der Atari die Karte erkennt. Die Dateien "VCONF.PRG", "VSET.PRG" und "FVDI.PRG" werden im Auto-Ordner installiert. Wichtig ist dabei, dass die VSET-und VCONF-Dateien möglichst weit vorn gestartet werden, auf jeden Fall vor dem VDI. Dann werden die Zusatzdateien auf das Wurzelverzeichnis des Bootlaufwerks kopiert.

Nach dem Anschluss des Monitors und einem nicht erfolgreichen Bootversuch (der Desktop erschien nicht), musste noch etwas am installierten NVDI verĂ€ndert werden. Dies geschieht auf Treiberebene. Die Dateien "NVDIDRV1.SYS" bis "NVDIDRVH.SYS" mĂŒssen umbenannt werden, damit sie nicht starten (zum Beispiel in NVDIDRV1.SYX"). Zum Schluss wird noch die Datei "VMOD.TXT" modifiziert, damit die Darstellung auf 800 x 600 Bildpunkte fest gelegt wird. Nach einigen Versuche holte ich dann auch die gewĂŒnschte 800 x 608 Pixel auf den Bildschirm.

Zum Einbau in den Computer mĂŒssen die zusĂ€tzlichen seriellen Schnittstellen des Atari TT bzw. Mega STE entfernt werden. Dann wird die Karte in den VME-Schacht gesteckt. Eine Schnittstellen-Abdeckung gibt es leider nicht, sodass der Rechner zum Teil offen bleiben muss.

KompatibilitÀt

Eines der wichtigsten Kriterien bei neuer Hardware ist sicher immer die KompatibilitĂ€t mit existierender Software. Im Großen und Ganzen lĂ€sst sich sagen, dass die allermeisten Programme, die ich verwende, ohne Probleme auf der Beta-Version der Galaxy laufen. Allerdings gibt es einige Ausnahmen. Ich verwende zum Beispiel ein Programm namens "The Recipe". Beim Starten stĂŒrzt das komplette System ab. Starbase hat wiederum Probleme mit der gewĂ€hlten Bildschirmauflösung.

Eine Liste der bisher entdeckten Probleme und einige Lösungen habe ich in einem Extrakasten aufgefĂŒhrt. Es handelt sich bei der Liste allerdings um Problembeschreibungen, die ich so an den Entwickler gesendet habe. Einige Probleme könnten in spĂ€teren Versionen der Karte durchaus bereits vollstĂ€ndig gelöst sein.

Probleme hatte ich darĂŒber hinaus mit den Programmen ImagewCopy, Speed Of Light, Flash 2, Diamond Edge und LDW Power. Mario Becroft hat sich dieser Probleme angenommen, aber noch keine Lösung parat. Ansonsten habe ich nicht sonderlich viele Probleme feststellen können. Die restlichen sind rudimentĂ€r und hĂ€ngen wahrscheinlich mit der gewĂ€hlten Farbtiefe zusammen. AuffĂ€llig ist nĂ€mlich, dass einige Programme, die unter 256 Farben auf meinem Hades keine Probleme machten, auf der Grafikkarte nicht mehr liefen. Bisher bietet die Galaxy keine Farbtiefe von 8 Bit, weshalb ich nicht testen konnte, ob die Probleme dann bereinigt sind. So funktioniert Starbase auf dem Hades unter 256 Farben zum Beispiel problemlos.

GegenwÀrtiger Status

Ich kontaktierte den neuseelĂ€ndischen Entwickler, um zu erfahren, wie der gegenwĂ€rtige Status der Entwicklung der Galaxy ist und wie es mit der Bereinigung der erwĂ€hnten Probleme aussah. Mario Becroft geht jedoch wie nahezu jeder verbliebene Atari-Entwickler einem regulĂ€ren Beruf nach, der ihm nur wenig Zeit lĂ€sst, die Grafikkarte weiterzuentwickeln. Er bestĂ€tigte allerdings, dass bisher noch einige Fehler mit Programmen auftreten könnten, die er im Laufe der Zeit versuchen wird zu bereinigen. Außerdem sei die Galaxy aufgrund der genannten Probleme derzeit noch nicht im freien Handel erhĂ€ltlich, da sie einfach noch nicht produktionsreif wĂ€re. Wenn Anwender die Karte allerdings direkt bei ihm mit einem klaren VerstĂ€ndnis bestellen wĂŒrden, dass das Produkt noch nicht komplett fertig ist und einige bekannte Fehler enthielte, wĂŒrde er Exemplare verkaufen. Wie schnell die Probleme angegangen wĂŒrden, hĂ€ngt natĂŒrlich auch mit dem Interesse der verbliebenen TT- und Mega STE-Besitzer zusammen.

Persönliches erstes Fazit

Die Galaxy VME arbeitet schon in ihrem gegenwĂ€rtigen Status sehr gut in meinem Atari TT. ZurĂŒck bleiben allerdings eine Hand voll WĂŒnsche und Probleme, die mich dazu zwingen, einige Programme weiterhin auf meinem Hades, Falcon oder Mega STE zu betreiben.

Screenshots

Die Bilder zeigen die Darstellung auf meinem Atari TT mit der Galaxy VME in einer Farbtiefe von 16 Bit. Leider scheint kein Screenshot-Programm mit der Galaxy zusammenzuarbeiten, weshalb ich auf Fotografien vom Monitor angewiesen bin - besser als nichts eben...

Preis: US-Dollar 380.-
Mario Becroft, PO Box 332, Kumeu, Auckland
1250, NewZealand
http://gem.win.co.nz/mb/atarihw/galaxy.html

Die Galaxy im Detail

[1] Jumper zur Festlegung der Mapping-Adresse des Grafikspeichers und der I/O-Register
[2] Sockel fĂŒr Erweiterungen
[3] VME-Bus-Controller mit Interface zur Programmierung des FPGA
[4] Videospeicher, es kann SDRAM von 4 bis 16 MBytes verwendet werden. Die mögliche Geschwindigkeit betrÀgt 100 MHz.
[5] FPGA, der wichtigste Teil der Karte. Der Chip ist komplett per Software zu programmieren, sodass zukĂŒnftige Erweiterungen (höhere Auflösungen etc.) einfach realisiert werden können. Die System-Clock ist bis 150 MHz vorgesehen, die Farbtiefe reicht von 1 Bit (monochrom) bis 16 Bit (65.536 Farben). Außerdem sind ein programmierbarer Hochgeschwindigkeits-Blitter, ein SDRAM-Controller, ein 100 MHz schneller RISC-Prozessor und ein 10 MBit schneller Ethernet-Controller enthalten.
[6] Netzversorgung
[7] PPL-Clock-Synthesizer
[8] Buffer fĂŒr Video-Sync-Signale
[9] 10-Bit-RGB-Video-DAC
[10] Crystal Oszillator
[11] Verbindung zum VGA-Port und einige Filter
[12] Ethernet-Schnittstelle
[13] VGA-Schnittstelle

Übersetzung aus der myatari. Original-Artikel: www.myatari.net/issues/nov2002/galaxy.htm