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Atarium: MetaDOS - Laufwerke von A bis Z

ST-Expertenforum

Alle Welt redet vom CD-ROM - auch Atari. Es bedarf jedoch besonderer Anstrengungen, um Standard-CD-ROMs nach dem High Sierra- oder ISO-Format dem GEMDOS zugänglich zu machen.

Bei CD-ROM-Projekts hat sich softwareseitig viel getan. Der CD-ROM-»Treiber« hatte seine Anfänge in einer einfachen XBIOS-Erweiterung, die praktisch den SCSI-Befehlssatz des Controllers über das Betriebssystem ansprechbar machte. In der großen (und vielfältigen) Welt der Standards werden verschiedene Formate für CD-ROMs benutzt. Die bekanntesten sind das »High-Sierra«- und das »ISO«-Format. Beide erlauben es, unter MS-DOS mit einer entsprechenden Betriebssystem-Erweiterung Dateien von den CDs wie von normalen Disketten zu lesen.

Auch Atari sah ein, daß das CD-ROM (wenn überhaupt) nur dann ein Erfolg werden kann, wenn man wenigstens die gebräuchlichsten Standard-CDs einsetzen kann. Man suchte also einen Weg, High-Sierra- und ISO-CD-ROMs für GEMDOS zugänglich zu machen. Das Resultat dieser Bemühungen ist »MetaDOS«, das mittlerweile auf eine lange Entwicklungsgeschichte zurückblicken kann und jüngst Entwicklern erstmalig in einer Nicht-Beta-Testversion zugängig gemacht wurde.

MetaDOS präsentiert ein für Atari-Verhältnisse überraschend gutes Konzept. Es werden bis zu 26 Treiber für physikalische Geräte verwaltet. Diese Gerätetreiber stellen in erster Linie Funktionen zum blockorientierten Lesen und Schreiben bereit. MetaDOS macht diese Funktionen nach außen hin über mehrere neue XBIOS-Funktionen zugänglich. Die Treiber können auch zusätzlich gerätespezifische Funktionen anbieten. Bei dem uns vorliegenden CD-ROM-Treiber z.B. solche zum Abspielen von Audio-CDs. Was bringt die nahe Zukunft? Sinnvoll wären:

  • ein Treiber für den Atari-Laserdrucker, der die verschiedenen »ACSI«-Befehle auf XBIOS-Ebene anbietet,
  • ein Treiber für normale Festplatten.

Daneben gibt es auch noch logische Gerätetreiber. Mit ihnen kann man Geräte über die normalen GEM-DOS-Funktionen steuern. Für das CDROM gibt es den ISO- und den High Sierra-Treiber, die jeweils auf der anderen Seite die Funktionen des physikalischen CD-ROM-Treibers nutzen. Ein logischer MetaDOS-Treiber kann natürlich auch intern ganz anders verwirklicht werden. Vorstellbar wären beispielsweise:

  • ein schnelleres Dateisystem. Ein solcher Treiber könnte entweder auf die normalen BIOS-Hard-Diskroutinen oder auf einen physikalischen MetaDOS-Treiber aufsetzen.
  • Treiber für fremde Dateisysteme, um beispielsweise direkt Wechselplatten-Cartridges vom Macintosh zu lesen und zu schreiben.
  • Treiber für langsame (seriell, MIDI) und schnelle (Ethernet) Netzwerke.

Ein logischer MetaDOS-Treiber muß lediglich die entsprechenden Datei- und Verzeichnisfunktionen neu implementieren. Das Abfangen der jeweiligen Traps und Zerlegen von Pfaden werden dann von MetaDOS übernommen. MetaDOS selbst ist z.Z. ein AUTO-Ordner-Programm, das man über die zusätzliche Datei »CONFIG.SYS« konfiguriert. In diese Datei werden nicht nur die verschiedenen Treiber samt Parameter angemeldet. Zusätzlich kann man auch normale Programme mit Parametern starten lassen. Das macht den »normalen« AUTO-Ordner überflüssig (mit dem Vorteil, daß man endlich die Reihenfolge der Programme einfach verändern kann). Wo soviel Licht ist, ist natürlich auch ein bißchen Schatten:

Einmal darf auf MetaDOS-Dateien noch keine Ein-/Ausgabeumlenkung stattfinden. Wir hoffen, daß Entwickler Mike Schmal dieses (bekannte) Manko noch beseitigt.

  • Prinzipiell setzt auch GEMDOS noch Grenzen: Eine Beseitigung der »8 + 3-Zeichen-Grenze« für Dateinamen wird wohl kaum möglich sein.
  • MetaDOS-Geräte können im Bereich von A: bis Z: liegen. Damit kommt der neue Fileselektor von TOS 1.4 noch nicht klar. MetaDOS-Geräte können auch größer als 100 MByte sein. Hier hat der Desktop noch Probleme mit dem Anzeigen der Größen.
  • MetaDOS rettet nicht das Adreßregister A2. Das muß es auch nicht, denn das »GEMDOS Reference Manual« zählt A2 zu den Registern, die vom Aufrufer selbst gerettet werden müssen. Einige Programme haben damit Probleme - speziell einige Bindings in den Turbo-C-Bibliotheken gehen davon aus, daß A2 bei einem GEMDOS-Aufruf unverändert bleibt.

Also grundsätzlich: MetaDOS ist eine Entwicklung, die viele Einschränkungen von GEMDOS aufhebt. Das Konzept erlaubt eine Anpassung an viele Geräte und unterschiedliche Dateisysteme. Eine umfangreiche Dokumentation über MetaDOS inklusive der Quelltexte der CD-ROM-Treiber für Entwickler ist bei Atari erhältlich. Meta-DOS ist auf jeden Fall ein weiterer Schritt auf dem richtigen Weg.

Und nun wird es zum Schluß noch richtig aktuell: Welche Neuigkeiten gab es auf der Atari-Messe in Richtung System-Software?

Der Diablo-Emulator hat die Version 1.4 erreicht und arbeitet mit dem TT und dem neuen Laserdrucker SLM 605 zusammen. Da er zur Konfiguration einen Cookie benutzt, kann er nun an beliebiger Stelle im Auto-Ordner installiert werden. Auch ein neues Screendump-Programm für den Laser gibt es. Es kommt mit allen sechs Auflösungen des TT zurecht.

Über den Neuen Desktop und das neue Kontrollfeld können Sie an anderer Stelle in dieser Ausgabe lesen. Entwicklerunterlagen zur Programmierung von Modulen für das neue Kontrollfeld sollen »in Kürze« verfügbar sein.

Auf der Messe konnte man schon einen kurzen Blick auf das kommende »FSMGDOS« (Font-Scaling-Mechanism) werfen. FSMGDOS erlaubt es, alle Ultrascript-Fonts in jeder beliebigen Größe und Rotationsrichtung zu benutzen. Davon wird wohl jedes Programm das die Zeichensatzausgabe des VDI benutzt, profitieren.

Soviel in aller Kürze. Nächsten Monat gibt es dann ausführlichere Informationen.

Quellennachweis:
[1] Atari Meta-DOS Developers Manual, Mike Schmal, 3.6.1990
[2] Atari GEM-DOS Reference Manual, 4.4.1986

Julian F. Reschke