Schwer zu glauben, aber wahn Astrologie lĂ€Ăt sich auch in Tönen ausdrĂŒcken. Mit dem MIDI-Planetarium bringen Sie Ihr persönliches Horoskop zum Klingen.
In einer Stunde durchlÀuft der Zeiger den Tierkreis
Schon in der griechischen Antike lehrte Pythagoras, daĂ der gesamte Kosmos mit all seinen Gestirnen auf einer »ursprĂŒnglichen Harmonie« basiert, die sich musikalisch ausdrĂŒcken lĂ€Ăt. Zu allen Zeiten versuchten die verschiedensten Musiker und Wissenschaftler, harmonikale Beziehungen â ZahlenverhĂ€ltnisse â, die den Kosmos bestimmen, in Töne umzusetzen. Von Gustav Holsts »The Planets« bis hin zu Stockhausens »Tierkreis« gab es unterschiedlichste AnsĂ€tze [1]. Ein entscheidendes Handicap waren dabei immer die technischen Grenzen; alle Versuche wurden durch die Fixierung der Instrumente auf das temperierte System stark beeinfluĂt und eingeschrĂ€nkt.
Die neue Synthesizer-Generation kann nun aber durch »Micro-Tuning« auch Zwischentöne spielen. Ein Halbton wird meist in 100 Cent unterteilt. Ăber Midi lĂ€Ăt sich dabei beliebig oft das Tonsystem wechseln.
Wolfgang Martin Stroh, Professor fĂŒr Systematische Musikwissenschaft an der UniversitĂ€t Oldenburg, ist Autor des »MIDI-Planeta-rium«, das am 1.7.â92 in Oldenburg uraufgefĂŒhrt wurde. MIDI-Planetarium ist ein neuartiges Tool fĂŒr experimentelle Planetenmusik. Das Programm eignet sich sowohl fĂŒr professionelle Live-Musiker im Konzertsaal, wie auch fĂŒr musikalisch interessierte Laien und Hobby-Avantgardisten.
Bis zu 3500mal/h erklingt ein Oberton eines Planeten
Eine Anwendungsmöglichkeit ist das Einstimmen des Synthies auf ein oder mehrere Gestirne. Dabei werden die Planetenbewegungen in den hörbaren Frequenzbereich (zwischen ca. 20 Hz bis 15 KHz) transponiert. Die theoretische Grundlage dazu bildet das Oktavgesetz (s. Kasten).
Das MIDI-Planetarium lĂ€uft auf jedem ST in Verbindung mit einem mikrotune-fahigen Synthesizer oder Expander, wie z.B. Yamahas DX7/II oder SY77. Ăber den Mikrotune-Editor können sĂ€mtliche Tasten des Synthesizers individuell mit der Genauigkeit von einem lOOtel Ton gestimmt werden. Vordefinierte Obertonstrukturen lassen sich eingeben, editieren und auf Diskette speichern. Sie werden spĂ€ter blockweise per MIDI an den Synthesizer ĂŒbermittelt. Dies spart gegenĂŒber dem expliziten Stimmen enorm viel Zeit.
Im privaten Bereich könnte das MIDI-Planetarium nach den Vorstellungen des Autors eine neue Ăra astrologischer Hausmusik einleiten: Ein Anwendungsbeispiel ist die Vertonung von Geburts- oder Ereignishoroskopen. Dazu geben Sie die errechneten Horoskopdaten ein, und â Abrakadabra â schon lĂ€uft Ihre persönliche Horoskopmusik ab. Die VorfĂŒhrung dauert 60 Minuten. FĂŒr die Berechnung der Horoskopdaten ist freilich ein entsprechendes Programm â z.B. »Programm des Lebens« von Biosystems â erforderlich.
WĂ€hrend ihre »Schicksalssymphonie« lĂ€uft, können Musiker auch dazu improvisieren. Das MIDI-Planetarium steuert dabei dynamisch den Microtune-Editor und sorgt so fĂŒr die passende Stimmung. Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten des Programms sind aufregend vielfĂ€ltig: Stimmen Sie doch mal alle 61 Tasten des Synthesizers nach den 61 Obertönen Ihres Lieblingsplaneten. Mit dem Midi-Planetarium stehen Ihnen berauschende Erfahrungen mit Planetentönen offen. Das Schöne dabei â alle Töne erklingen in Sekundenschnelle.
Winkelabstand und Midikanal bestimmen Lage und Klang
Etwas schrill
Auch im Konzertsaal sorgt das MIDI-Planetarium fĂŒr interessante Effekte. Ăberraschen Sie Ihre Zuhörer mit der Vertonung des Sternenhimmels, der am Ort und zum Zeitpunkt Ihres Konzerts herrscht. Auch ein historisches Horoskop lĂ€Ăt sich auf ganz unterschiedliche, sehr persönlich gefĂ€rbte Art und Weise zum Klingen bringen.
Unsere konservativen Hörgewohnheiten tun sich da mitunter allerdings schwer. Wenn da z.B. Uranus, Neptun und Pluto eine »Harmonie« bilden â durch die nahezu identischen syderischen Umlaufszeiten klingen alle drei zwischen Cis und D â entstehen gar entsetzliche KlĂ€nge.
Stroh legt groĂen Wert darauf, daĂ sein MIDI-Planetarium gegen verschiedenste astrologische Deutungen offen ist. Es soll dem musizierenden Material fĂŒr vielfĂ€ltige astrologisch-musikalische Experimente und neue Hörerfahrungen bieten, die der Betreffende freilich schon selbst machen muĂ. Er sieht sein Programm als »Tool«, das sich auf unterschiedlichste Weise in der esoterischen, ethnologischen und therapeutischen Musikpraxis einsetzen lĂ€Ăt und dem Musiker als Werkzeug oder auch als neuer Wegbereiter zum kreativen Experimentieren dienen soll.
Freilich, Musik ist viel komplexer. Sie lĂ€Ăt sich nun mal nicht allein auf Tonhöhe und Einsatzzeit reduzieren. (mn)
Vertrieb: Musiklabor Ekkehard Arnold, 1000 Berlin 12, Tel. 030/3236616 Preis: 50 Mark;
[1] Hörbeispiele: jn Astromusik, Graf-Lehn-dorff-Str. 29, 8000 MĂŒnchen 82
# Das Oktavgesetz
Schwingungen mit der halben, doppelten, vierfachen, achtfachen etc. Frequenz haben alle eine gemeinsame QualitĂ€t. Musiker bezeichnen solche Noten, die z.B. zum Ton A im Abstand von einer oder mehrerer Oktaven stehen, alle mit dem Buchstaben A. Wieviel beim Oktavieren einer Schwingung allerdings vom Wesen der Ausgangsfrequenz erhalten bleibt, ist auch unter Astrologen umstritten. Ob also die qualitative Wirkung des hörbaren Tons noch etwas mit der tatsĂ€chlichen Planetenbewegung zu tun hat, muĂ jeder Anwender fĂŒr sich selbst entscheiden.