Anschluß eines 5 1/4 Zoll Laufwerkes an den ATARI ST

Der ATARI ST liest IBM-Daten

Bild 1: ATARI Floppy mit einem 5 1/4-Zoll Laufwerk gekoppelt

ATARI verwendet bei der ST-Serie unglücklicher Weise einige DIN Buchsen bzw. Stecker für die Verbindung der Außenwelt (Peripherie). Diese Verbindungen haben einen schlechteren elektrischen Kontakt, sowie einen mechanisch lockeren Halt (siehe Monitorstecker). Warum hat ATARI diese für einen Computer ungewöhnlichen Steckverbindungen verwendet? Wahrscheinlich spielt der Preis keine unbedeutende Rolle. Umso verwunderlicher ist es, daß man beim genaueren Ansehen der Floppy-Leitungen feststellt, daß sich hinter dieser fremden Steckverbindung ein standardmäßiger „Shugart-Bus“ verbirgt. Durch diese Feststellung animiert probierten wir ein TEAC Laufwerk (5 1/4-Zoll) Typ FD-55 FV mit dem ATARI Laufwerk zu koppeln. Nachdem dieser Anschluß glückte, stellten wir mit Freude fest, daß sogar IBM-PC Disketten gelesen werden können. Man kann folglich Daten oder Text-Files vom IBM in den ATARI ST einlesen. Umgekehrt funktioniert dies selbstverständlich auch. Man kann z. B. Texte, die mit einem Textverarbeitungsprogramm auf dem ATARI ST erstellt und auf der 5 1/4-Zoll Floppy gespeichert wurden später in einem IBM weiterverarbeiten. Natürlich können keine IBM-Programme auf dem ATARI ST laufen, da wie bekannt sein dürfte im IBM ein anderer Mikroprozessor verwendet wird, und somit der Maschinencode nicht übereinstimmt. Mit Sicherheit ist es kein Zufall, daß ATARI dieses weitverbreitete Diskettenformat für seine ST Serie benutzt. Es bringt endlich mal eine Kompatibilität zu anderen Herstellern. Außerdem dürfte ein 5 1/4-Zoll Laufwerk in Verbindung mit dem CP/M 80 Emulator, der jetzt lieferbar sein müßte, sehr interessant sein. Zusätzlich hat es einen finanziellen Vorteil ein solches Laufwerk anzuschließen, denn einerseits sind die 5 1/4-Zoll Disketten preislich günstiger als die 3 1/2-Zoll Disketten, andererseits kostet das verwendete TEAC Laufwerk, mit der gleichen Speicherkapazität wie die große ATARI Floppy SF 314, deutlich unter DM 500,-. Allerdings benötigt man dann noch ein Netzteil, das 12 Volt und 5 Volt für die Floppy liefert. Das bei unserem Test verwendete Laufwerk besitzt zwei Köpfe, sodaß 720 KByte formatiert zur Verfügung stehen. Außerdem läßt es sich zwischen 40 und 80 Tracks umschalten. Das bringt den Vorteil, ein sehr universelles Laufwerk zu besitzen. Selbstverständlich kann man auch andere 5 1/4 Zoll Floppies verwenden, unter der Voraussetzung, daß man ein paar technische Details seiner Floppy kennt.

Bevor wir beschreiben, wie das 5 1/4-Zoll Laufwerk angeschlossen wird noch eine Warnung: Der Floppy-Anschluß sollte nicht von einem Laien, der sich noch nicht mit elektronischen Bastelarbeiten beschäftigt hat vorgenommen werden. Obwohl sich der eigentliche Anschluß nur auf ein 12-adriges Kabel bezieht, kann eine Fehlersuche oft langwierig und eventuell auch kostspielig sein. Da der 14-polige DIN-Stecker der Floppy, zur Zeit jedenfalls, noch nicht einzeln erhältlich ist, muß das vorhandene ATARI Laufwerk geöffnet werden und das neue Kabel von innen heraus geführt werden. Dabei kann man nach zwei verscheidenen Methoden Vorgehen. Die nun folgend beschriebene Methode haben wir bei unserem Testmuster angewandt.

An Materialien ist dazu im Prinzip nur ein 12-adriges Kabel und ein 34poliger Platinenstecker, der auf die 5 1/4-Zoll Floppy gesteckt wird notwendig. Zuerst wird die ATARI Floppy geöffnet. Dazu sind die vier äußersten Schrauben, die sich auf dem Gehäuseboden befinden zu öffnen. Darunter befindet sich das eigentliche Floppy Laufwerk, welches durch ein Metallblech rundherum abgeschirmt ist, und die Anschlußplatine auf der deutlich zwei Spulen zu erkennen sind. Diese Platine ist über ein graues 34-poliges Flachbandkabel, das in der Pinbelegung dem Standardbus entspricht, mit dem eigentlichen Laufwerk verbunden. Außerdem sind zusätzlich vier Leitungen für die Stromversorgung vorhanden (siehe Bild 1). Die soeben beschriebenen Kabel müssen vom Laufwerk abgezogen werden. Im folgenden Schritt ist das 12-adrige Kabel wie das Foto zwei und die Tabelle zeigen von unten an die Anschlußplatine anzulöten. Dabei ist darauf zu achten, daß das Signal „Drive Select 1“ (Erkennungssignal für das neue Laufwerk) an die DIN Eingangsbuchse an Pin sechs angelötet wird. Da die meisten Laufwerke über vier Ansprechleitungen (Drive Select 0 bis Drive Select 3) verfügen, spielt es keine Rolle an welche die vorher beschriebene Leitung (vom Pin 6 der DIN Buchse) am neuen Laufwerk angeschlossen wird. Jedoch ist der Jumper (kleiner Verbindungsstecker oder Drahtbügel auf ihrer 5 1/4-Zoll Floppy Platine) auf die entsprechende Verbindung zu stecken. Das bedeutet: lötet man das von der ATARI Floppy kommende Drive Select 1 (DS1) Signal z. B. an Drive Select 0, der neuen Floppy an, so muß der Jumper (Brücke) auch auf Drive Select 0 (DSO) stecken. Alle anderen Kabel werden 1:1 verbunden. Dies bedeutet, daß eine Leitung von Pin acht kommend, auch wieder auf Pin acht der neuen Floppy geht. Es sei bemerkt, daß alle ungrad-zahligen Pins, folglich eine ganze Steckerseite, des 34-poligen Steckverbinders mit Masse verbunden ist. Also die Pins 1, 3, 5, ..., 33. Bevor wir die zweite Methode zur Herstellung der Verbindung beschreiben, muß folgendes erwähnt werden, was grundsätzlich zu beachten ist.

Die meisten Laufwerke (uns ist kein anderes bekannt) besitzen in der Eingangsstufe sogenannte Pull-up Widerstände. Diese sind oft in Widerstands Arrays zusammengefaßt. Sämtliche dieser Pull-up Widerstände müssen entfernt werden, da solche schon in der original ATARI Floppy enthalten sind. Entfernt man diese Widerstände nicht, überlastet man den Floppy-Controler im ATARI ST, was zur Folge hat, daß keines der Laufwerke mehr anspricht. Der Widerstandswert, solcher Pull-up Widerstände beträgt meistens zwischen 100 und 1000 Ohm. Bei unserem FD-55 FV Laufwerk ist dieses Widerstands Array sogar in einer 14-poligen IC-Fassung steckbar gewesen, so daß es nur herausgenommen werden mußte.

Zur Durchführung der zweiten Methode benötigt man eine 34-polige Quetschverbindung, bestehend aus Buchse und Stecker (jeweils zum Quetschen). Die Buchse wird nun auf das kurze 34-adrige Kabel der ATARI Floppy gepreßt. Somit hat man sich einen passenden Anschluß für das neue Laufwerk geschaffen. Jetzt braucht man sich nur noch ein 34-poliges Verbindungskabel zu basteln, das auf der einen Seite, den zur oben genannten Buchse, entsprechenden Stecker erhält, und am anderen Ende des Flachbandkabels eine 34-polige Quetschbuchse, die auf die Platine der 5 1/4-Zoll Floppy paßt. Und schon haben wir unsere Signale an der zweiten Floppy! Das heißt eine Leitung fehlt noch. Es ist das Select Signal für das zweite Laufwerk (Drive Select 1). Diese Leitung hat ATARI von der DIN Eingangsbuchse (Pin 6) auf die DIN Ausgangsbuchse auf Pin 5 gelegt, so-daß ein dort angeschlossenes Laufwerk immer als zweites Laufwerk vom Rechner erkannt wird. Leider fehlt dieses Signal jedoch auf unserem 34-poligem Flachbandkabel. Folglich müssen wir nur noch eine Drahtbrücke von Pin sechs, der DIN Eingangsbuchse zum Anschluß 12 des Flachbandkabels auf der Platinenunterseite löten. Mit dieser Brücke auf Pin 12 der Anschlußleiste erfolgt die Selektierung des neuen Laufwerks immer durch Drive Select 1 (DS1). Folglich ist der Jumper im Zweitlaufwerk auf DS1 zu setzen. Diese Methode scheint uns die sicherste zu sein (man hat nur eine kleine Drahtbrücke zu löten). Hat man alle Verbindungen noch einmal kontrolliert, kann es zum ersten Probedurchlauf kommen.

Nach dem Einschalten aller Geräte, sollte der Rechner das TOS von der ATARI Floppy booten. Meldet sich das Desktop in gewohnter Weise, so ist die erste Hürde überwunden. Klickt man nun das Laufwerk B an, müßte das neu angeschlossene Laufwerk anfangen zu arbeiten. Natürlich kann der Rechner die 5 1/4-Zoll Diskette, da sie noch nicht oder nicht im richtigen Format formatiert ist, nicht lesen. Es sollte folgende Fehlermeldung erscheinen: „Laufwerk B spricht nicht an, bitte überprüfen...“. Als darauffolgender Schritt muß die Diskette formatiert werden. Erscheint kurz danach die Meldung, daß entweder ca. 360 bzw. ca. 720 KBytes freier Speicherplatz zur Verfügung steht, kann man beruhigt aufatmen, denn die Arbeit ist erfolgreich beendet. Unser TEAC Laufwerk läuft seit geraumer Zeit fehlerfrei. Erscheint jedoch die Fehlermeldung „Bitte Diskette B in Laufwerk A einlegen“, so hat der Rechner beim booten des Betriebssystems das neue Laufwerk gar nicht anerkannt, somit muß also ein Fehler vorhanden sein. Hier müssen nochmals alle Verbindungen, Jumper und Pull-up Widerstände kontrolliert werden.

Bild 2: Anschlußplatine der ATARI-Floppy von unten gesehen. Unten: Pin 6 der DIN Eingangsbuchse (Drive Select 1), ganz oben: Anschlußstecker (J2), oben: Masse

Zum Schluß sei noch bemerkt, daß natürlich auch 3 1/2-Zoll Laufwerke mit Shugart-Bus angeschlossen werden können. Ebenso spielt es keine Rolle, ob man ein Laufwerk mit nur einem oder eines mit zwei Köpfen benutzt. Es können jedoch nur maximal zwei Floppies angeschlossen werden. Generell sollte die Stepprate des Steppermotors kleiner oder gleich fünf Millisekunden betragen. Diese Forderung wird jedoch von fast allen modernen Laufwerken erfüllt. Es ist übrigens normal, daß die Antriebsmotoren beider Floppies anfangen zu laufen, wenn eine angesprochen wird.

Bild 3: Rückansicht der Floppies. Links: 34-poliges Flachbandkabel, unten: Platinenstecker (34-polig) dahinter: 14-polige Fassung der Pull-up Widerstände

Belegung des 34-poligen Standard-Busses

ATARI Floppy (Epson)
Belegung des Anschlußsteckers (J2)
auf der Anschlußplatine
5 1/4-Zoll Floppy
(z. B. FD-55 FV)
Platinenstecker
Signal Pin Pin Signal engl. Bezeichnung
2 2 --- ---
4 4 In Arbeit IN USE/HEAD LOAD
6 6 Selekt Laufwerk 3 DRIVE SELECT 3
Index Impuls 8 ---- 8 Index/Sektor INDEX/SECTOR
Selekt Laufwerk 0 10 10 Selekt Laufwerk 0 DRIVE SELECT 0
12 ★--- 12 Selekt Laufwerk 1 DRIVE SELECT 1
14 14 Selekt Laufwerk 2 DRIVE SELECT 2
Motor ein 16 ---- 16 Motor ein MOTOR ON
Richtung 18 ---- 18 Selekt Richtung DIRECTION SELECT
Schritt-Impuls 20 ---- 20 Schritt-Impuls STEP
Schreibdaten 22 ---- 22 Schreibdaten WRITE DATA
Schreibgatter 24 ---- 24 Schreibgatter WRITE GATE
Spur 00 26 ---- 26 Spur 00 TRACK 00
Schreibschutz 28 ---- 28 Schreibschutz WRITE PROTECT
Lesedaten 30 ---- 30 Lesedaten READ DATA
Selekt Seite 0 32 ---- 32 Selekt Seite 0 SIDE ONE SELECT
34 34 Fertig READY
Masse 1,3,- 31,33 ---- 1,3,- 31,33 Masse GROUND (OV)

Die 12 gestrichelt dargestellten Leitungen sind die benötigten Signale.

★ von der DIN-Eingangsbuchse (Pin 6) kommend!



Aus: ST-Computer 01 / 1986, Seite 10

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