Editorial: MS-DOS versus TOS

Die Vorurteile gegenüber dem ATARI ST scheinen kein Ende zu nehmen. Gerade im Lager vieler PC-Benutzer entstehen immer wieder neue Gerüchte, die man sich als ST-Anwender nur schwer anhören kann, ohne den Kopf zu schütteln. “Desktop-Pub-lishing ist mit so einem Spiel-Computer nicht möglich, der Ventura Publisher ist das Nonplusultra. Gibt es überhaupt ein DTP-Programm für den ST?” fragt mein Gegenüber, eingefleischter MS-DOS-Anwender seit einem Jahr. Mit einer kurzen Demonstration von Calamus beweise ich das Gegenteil. Wie es denn mit einer Textverarbeitung aussehe, fragt mein Gegenüber. Eine kurze Demonstration von Script und Wordplus läßt den verdutzten MS-DOSler kurzzeitig verstummen. Die nächste Antwort, die ich ihm gebe, bringt ihn ganz aus dem Konzept, denn er fragt, mit welchem Laserdrucker der Textausdruck gemacht worden sei, der auf meinen Schreibtisch liegt. Belustigt zeige ich auf meinen 24-Nadeldrucker und lade Signum! ein. Nach ungefähr einer Minute wortlosen Herumstehens und Staunens eilt mein Gegenüber aus der Redaktion. Warum er so schnell weglief, konnte ich nicht mehr fragen.

Ein anderes Beispiel: In Frankfurt ist momentan überall Werbung der Sparkasse für “Electronic Banking” zu sehen. Interessiert rief ich meine Sparkasse an, um dort enttäuscht zu erfahren, daß ein Datenträgeraustausch mit dem ATARI ST nicht möglich ist, weil bisher noch kein Programm zur Verfügung stehe, mit dem dergleichen möglich sei. Ob der Spiel-Computer überhaupt für solche Zwecke geeignet sei, fragt mich der freundliche Herr. Ich habe den freundlichen Herrn überzeugen können und in die Redaktion eingeladen. Das Ergebnis des Gesprächs steht schon jetzt fest: Das Programm, das die Sparkasse benötigt, wurde von mir bereits entwickelt und ihr zur Verfügung gestellt. So wird der ATARI ST auch Einzug in den formularlosen Datenträgeraustausch halten.

Anhand dieser Beispiele können Sie leicht sehen, daß das Bild des ATARI ST immer noch nicht das Bild des echten ATARI ST ist. ATARI hat immer noch das Image eines Spiel-Computer-Herstellers, was auch irgendwo verständlich ist - aber das ist ein anderes Thema und soll an anderer Stelle besprochen werden.

Sollten Sie also von einem “Fremd-Betriebssystem-Benutzer” auf den ST angesprochen werden, klären Sie am besten Unklarheiten auf. Nur so kann das Image des doch recht professionellen Geräts ATARI ST aufgebessert werden. Was ATARI selbst nicht schafft, muß eben von den Benutzern in die Hand genommen werden. Ich habe mir jedenfalls schon einen Standard-Antwortenkatalog gegenüber Vorurteilen von MS-DOS-Benutzern zurechtgelegt, der auch in den meisten Fällen anwendbar ist.

Martin Pittelkow

Liehe Leser und Leserinnen.

leider sehen wir uns gezwungen, den Verkaufspreis der ST Computer ab der nächsten Ausgabe auf DM 8,- zu erhöhen. Wenn Sie mal ein bißchen in Ihren alten Ausgaben nachblättern, werden Sie feststellen, daß dies die erste Preiserhöhung seit November 1987 ist. Sie sehen also, daß wir solange wie möglich den Preis gehalten haben, obwohl ständig an der ST Computer verbessert wird und auch ihr Umfang seit damals deutlich zugenommen hat.

Vielen Dank für Ihr Verständnis



Aus: ST-Computer 03 / 1990, Seite 3

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