Q-Fax - Bilder übers Telefon

Neben dem Computer hat sich seit einigen Jahren ein weiteres Gerät einen festen Platz auf den Schreibtischen der Nation erobert: das Fax-Gerät. Kaum eine Firma kann es sich leisten, nicht per Fax erreichbar zu sein. Selbst im privaten Bereich halten Fax-Geräte verstärkt Einzug.

Wer schon einen Computer zu Hause hat, kann überlegen, ob der Kauf eines faxtauglichen Modems nebst der dazugehörigen Software nicht kostengünstiger ist als die Neuanschaffung eines Fax-Gerätes. Auch auf dem ST-Markt sind solche Fax-Pakete schon seit längerer Zeit erhältlich (siehe ST-COMPUTER 10/90, Seite 154 bzw. 10/91, Seite 62). Bislang waren solche Komplettangebote kaum unter 700,-DM zu erwerben. Die Firma Rich-ter-Distributor bietet nun erstmalig ein Fax-Modem inklusive der brandneuen Fax-Software "Q-Fax" zu einem Preis unter 500,-DM an. Die Software, die uns in einer Vorabversion vorlag, lohnt einen ausführlicheren Testbericht.

Das Programm Q-Fax ist als Accessory konzipiert und belegt knapp 200 KB Speicher. Wer lediglich über 1 Megabyte RAM verfügt, sollte also sparsam mit weiteren Accessories und residenten Autostartprogrammen umgehen. Dieser Speicher wird aber benötigt um - zum einen - den umfangreichen Funktionen von Q-Fax gerecht zu werden und - zum anderen - die Extrahierung und Darstellung der zu sendenden bzw. empfangenden Faxe in einer erträglichen Zeit zu erledigen.

Das Prinzip

Ein wichtiger Aspekt vorweg: Q-Fax kann nur Faxe verschicken, wenn diese schon in einem speziellen Dateiformat vorliegen. Texte oder Grafiken in dieses Format konvertieren kann Q-Fax nicht. Dazu müssen Sie ihre Textverarbeitung bzw. ihr Grafikprogramm mit einem Q-Fax-Treiber versehen, der anstelle des üblichen Druckertreibers installiert wird. Dieses Prinzip hat den Vorteil, daß eine langwierige separate Konvertierung entfällt. Das Fax wird bereits in der entsprechenden Anwendung versandfertig erzeugt und durch Aufruf des Q-Fax-Accessorys verschickt. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß auch ein Fax-Treiber für die Hauptanwendung existiert. Mit Q-Fax werden Treiber für die Textverarbeitung "Cypress" und das DTP-Programm "Calamus" ausgeliefert. Weitere werden sicherlich folgen. Eine Library, die die entsprechenden Funktionen zum Erstellen eines Fax-Treibers enthält, ist vom Autor als PD freigegeben, so daß es nicht lange dauern wird, bis für jedes wichtige Programm ein solcher Fax-Treiber erscheinen wird. Um aber dennoch sofort einfach* Faxe verschicken zu können, befindet sich auf der Diskette ein separates Programm, mit dem normale ASCII-Texte in Faxdateien konvertiert werden können.

Die Bedienung

Q-Fax wird über Dialogboxen bedient, die nach dem "Fly-Dial"-Prinzip programmiert wurden. Dadurch lassen sie sich auf dem Bildschirm verschieben - praktisch für Großbildschirmbesitzer. Allerdings erfolgt auch die Darstellung eines Faxes vor dem Senden (Preview) unüblicher-weise in einer Dialogbox und nicht in einem GEM-Fenster. Da diese Funktion aber lediglich zur Kontrolle dient, wiegt der Punkt nicht allzu schwer. Erstellte Fax-Seiten werden automatisch in einer

Queue (sprich: Kju) gespeichert und nacheinander versendet. Die Adressierung erfolg dabei auf verschiedenen Wegen. Zunächst kann die anzurufende Fax-Num-mer direkt im Hauptdialog eingegeben werden. Nach Anwahl des Buttons "Dial Send" wird, nachdem das Fax durch die schon beschriebene Preview-Funktion begutachtet wurde, der erste Anwahlversuch unternommen. Kommt eine Fax-Verbindung zustande, werden alle Seiten in der Queue an den Empfänger verschickt.

Adressaten in der Datenbank

Wird zusätzlich zu der Fax-Nummer auch ein Adressat in Textform angegeben, so legt Q-Fax diesen zusammen mit der Fax-Nummer in einer Datenbank ab. Aus dieser kann er jederzeit wieder abgerufen werden. So erspart man sich eine Menge "Zettelwirtschaft". Aber nicht nur an einzelne Empfänger kann Q-Fax die Queue verschicken. Es lassen sich auch Gruppen von Adressaten anlegen, die alle nacheinander angewählt werden und die Seiten zugefaxt bekommen. Der Q-Fax-Anwen-der braucht sich darum also nicht länger zu kümmern. Eine Gruppendatei kann sehr einfach mit einem Texteditor als ASCII-Datei erstellt werden. So kann man beispielsweise an alle Freunde oder Geschäftspartner einen frohen Ostergruß oder das allerneueste brandheiße Angebot verschicken.

Fax-Empfang

Da Q-Fax ein Accessory ist, kann es selbständig aus jedem anderen GEM-Programm heraus die Kontrolle über den Rechner übernehmen, um ein ankommendes Fax entgegenzunehmen. Dies geschieht, sobald das angeschlossene Modem einen Fax-Anruf meldet. Es kommt aber noch besser: Stellt das Modem fest, daß kein Fax-Gerät am anderen Ende der Leitung piepst, sondern ein normales Datenmodem, bricht es den Verbindungsaufbau nicht etwa ab, sondern stellt eine normale .Datenverbindung her. Q-Fax zieht sich dann wieder zurück. Sollte als Hauptapplikation eine Mailbox oder ein Terminalprogramm laufen, kann dieses dann ungestört die Verbindung übernehmen. Dies ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb von Fax-Empfang und Mailbox auf ein und derselben Telefonleitung. Ein Feature, das bis dato noch seinesgleichen sucht.

Das Log-'Buch'

Alle Fax-Aktivitäten werden in einem LogFile mitprotokolliert. So kann der Anwender jederzeit nach vollziehen, wann welches Fax wohin geschickt wurde bzw. wann eines ankam. Das Logfile ist eine normale ASCII-Datei, kann aber auch direkt von Q-Fax angezeigt werden. Überhaupt scheint der Autor von Q-Fax eine besondere Vorliebe für ASCII-Dateien zu haben. Alle Parameter wie Pfade, Modem-einstellungen und andere Q-Fax-spezifi-sche Einstellungen lassen sich in der Q_FAX.INF-Datei festlegen. Diese ist natürlich ebenfalls eine ASCII-Datei und kann von jedem Text-Editor bearbeitet werden. Das Prinzip ist sehr löblich, da der Anwender einen besseren Überblick über alle Einstellungen erhält und im Notfall selbst Änderungen direkt an der .INF-Datei vornehmen kann.

Fazit

Mit Q-Fax schickt sich die Fax-Software für den ATARI-ST/TT an, in die zweite Generation einzutreten. Das Konzept, die eigentliche Fax-Erstellung den jeweiligen Anwenderprogrammen zu überlassen, ist als wegweisend zu bezeichnen. Bleibt zu hoffen, daß es auch von den Herstellern diverser Textverarbeitungssystemen angenommen und mit der Erstellung der notwendigen Fax-Treiber beantwortet wird. Bei alledem ist der Preis von 495,-DM für Q-Fax inkl. Fax-Modem (zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses stand noch nicht fest, welches Modem Richter-Distributor ausliefern wird) als sehr preisgünstig anzusehen.


CM
Aus: ST-Computer 02 / 1992, Seite

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