Editorial: Falcon 030 - Profisystem oder Video-Spiel?

Das Staatsgeheimnis ist gelüftet! Erstmals sind nun technische Details über ATARIs neueste Entwicklung den Falcon 030 - der Öffentlichkeit zugänglich. Nicht nur das: zur alljährlichen ATARI-Messe in Düsseldorf hat man sich vorgenommen, den neuen Rechner im großen Stil zu präsentieren. "Besonders bunt" soll es laut Aussage von ATARI-Geschäftsführer Alwin Stumpf dabei zugehen. Auch diese Aussage läßt darauf schließen, an welche Zielgruppe der Falcon 030 besonders gerichtet ist. Es geht um Spiele und farbige bzw. musikalische Anwendungen für jedermann - und zwar im heimischen Wohnzimmer!

Schon zur CeBIT war in etwa klar, wie das Gerät aussehen würde: ein Consolen-Computer im 1040er-Design. Zeitgleich kamen bittere Kritiken aus den Reihen der ATARI-Anwender: "Wie kann man in dieser Zeit nur einen Spiele-Computer auf den Markt werfen, wo alle Welt auf DIE Profimaschine wartet?".

Ein Spiele-Computer mit 68030-Prozessor, digitalem Signalprozessor und 8-Kanal--16-Bit-Digital-Sound? Kann man so eine Maschine nur aufgrund des Designs als Spiele-Maschine abtun? Ist es nicht vielmehr so, daß ATARI lediglich versucht, endlich eine Profimaschine in die Wohnstuben zu bekommen? Mit einem Tower--Gehäuse, abgesetzer Tastatur und -zig Steckplätzen wäre das wohl kaum durchzusetzen. So ein Gerät stellt kein Vater dem Sohnemann bzw. der Tochter auf (oder unter) den Schreibtisch. Genau da soll der Falcon 030 aber hin. Das Low-Cost-Home-Computer-Marktsegment ist wesentlich größer als der professionelle EBV/DTP-Markt; schließlich zählen die verkauften Stückzahlen, und nur bei ausreichender Verbreitung des neuen Systems ist auch mit qualitativ hochwertiger Software zu rechnen.

Ein Profi-Falcon-System (mit 68040, VME-Steckplätzen, abgesetzter Tastatur usw. usw ... ) wird mit ziemlicher Sicherheit bald folgen. Es kann doch nur positiv für ein solches System sein, wenn es auf einer stabilen Basis aufbauen kann.

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Aus: ST-Computer 09 / 1992, Seite 3

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