Combo - Eins und zwei und drei, und ab geht’s

In einer Zeit in der es die großen Heimorgeln immer schwerer haben, sich durchzusetzen und die transportableren Rhythmuskeyboards den Markt mit riesen Schritten erstürmen, steigt auch das Interesse an reinen Software-Lösungen.

Das sind Programme, die eine Bedienung wie auf einem Keyboard mit Begleitautomaten zulassen, jedoch mit dem Unterschied, daß dem ATARI keine Sounds entlockt werden, sondern ein x-beliebiger(s) Expander oder Keyboard angesteuert wird. Das eigentliche Klangergebnis bestimmt also der Klangerzeuger, der über multitimbrale Fähigkeiten verfügen sollte. Alles andere erledigt der ATARI.

Legen wir los

Das Produkt, um das es gehen soll, ist COMBO, eine MIDI-Begleitsteuerung, die auf allen ATARI ST-Modellen mit mindestens 1MB Arbeitsspeicher und monochromen Monitor (SM124/144/146) läuft. Der Aufbau ist einfach und gleichermaßen genial. Wie sich ein jeder das Display eines entsprechenden Keyboards wünscht, so gestaltet COMBO sein Bedienfeld. Abbildung 1 zeigt den Aufbau mit den drei aufgeteilten Bereichen.

Der größte Bereich ist mit 100 Rhythmen gefüllt und stellt eine gesunde Auswahl an Styles dar. Sie werden mit den Cursor-Tasten angefahren und mit der entsprechenden Funktionstaste gestartet. Am unteren Bildschirmrand ist der zweite Bereich zu sehen, der die Combo-Steuerung übernimmt. Zum einen sind dies die 10 Funktionstasten inklusive ihrer Shift-Funktionen, also insgesamt 20, und zum anderen die beiden symbolisierten Maustasten, die die Funktionstasten Fl und F2 simulieren. Wenn die Mausstrippe bis auf das Keyboard reicht entfällt die Suche nach F1 und F2. Für Bastler besteht noch die Möglichkeit, sich einen Vierfachschalter zu bauen und diesen in den Joystickport zu stecken. Die 4 Joystick-Schalter „vor“, „zurück“, „links“ und „rechts“ sprechen dann die Funktionen Fl bis F4 an. Selbstverständlich steht jedem die Entscheidung frei, gleich seinen superintergalaktischen SPOCKKIRKSULUBEAM-Joystick auf das Keyboard zu stellen. In der Regel wird man aber wohl eine Konstruktion für die Fußbedienung vorziehen. Im dritten Bereich sind die aktuellen Werte wie Rhythmus, Geschwindigkeit, Taktart, Split-Punkt, Transponierung und sogar 6 MIDI-Indikatoren für die Sendebereiche zu sehen. Bei einer so guten Übersicht fühlt man sich gleich wohl und beginnt, ohne die Betriebsanleitung vorher zu lesen, mit COMBO zu arbeiten. Als ein kleines Manko empfinde ich die fast ausschließliche Bedienung per ATARI-Tastatur, was sicherlich ein schnelles Arbeiten ermöglicht, bei manchen Anpassungen aber die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Geschehen ablenkt. Eine interaktive Mausbedienung würde bestimmt niemanden stören.

Abb.2: Das COMBO-Setup ist schon fast zu umfangreich für eine Bildschirmseite.
Abb. 3: Man könnte glauben, einen Sequenzer vor sich zu haben.

Was macht COMBO denn so?

COMBO läßt sich von einem MIDI-Keyboard ansteuern und macht aus den eintreffenden Daten eine komplette Begleitung. Diese beinhaltet die Drums, den Bass, ACC 1, ACC 2, ACC 3 und Harmony. Das Schlagzeug wird komplett von COMBO gestellt. Einige Anpassungen an gängige MIDI-Geräte werden auf Diskette mitgeliefert. Der Baß paßt sich entsprechend den gespielten Harmonien und des gewählten Styles an. ACC 1 ist eine flächige Begleitung und spielt eigentlich das, was auf dem Key board gedrückt wird (bis zum Harmoniewechsel). ACC 2 spielt im Einklang mit dem Baß-Sound rhythmische Begleitungen. ACC 3 erzeugt Melodielinien, Einwürfe und Arpeggien. Ein einstellbarer Split-Punkt legt den Tastaturbereich für die Begleitung fest und teilt auch ein nicht splitbares Gerät in 2 Hälften auf.

Im Upper-Bereich ist dann in ganz normaler Manier ein Solo zu spielen. Mit der Funktionstaste F5 ist zusätzlich eine Melodieharmonisierung mehrstimmig zu-schaltbar. Der gespielten Solostimme wird somit ein ganzer Akkord gemäß der gespielten Harmonie hinzugefügt. Unabhängig hiervon ist noch ein weiterer Upper-Kanal zuschaltbar. Dies erinnert schon an die großen schwarzen Kisten, die auch Rhythmus-Keyboard genannt werden. Wer nun an den Einsatz auf der Bühne denkt, kann dies ohne weiteres tun. COMBO läuft auch ohne Monitor und ist fernsteuerbar. Einige Geräte können sogar Display-Funktionen von COMBO empfangen und somit auf mehreren LCD-Seiten Informationen darstellen. Die Floppy-LED blinkt im Vierteltakt des momentan gewählten Grooves. Keine Angst, Diskettenzugriffe werden dadurch nicht verursacht. Wer sich dadurch gestört fühlt, möge die Diskette entfernen.

SETUP

Was wäre wenn man eine MIDI-Begleitsteuerung nicht anpassen könnte? Das komplette MIDI-Equipment müßte umprogrammiert werden. Dem Programmierer sei es gedankt: COMBO stellt alle erdenklichen Anpassungsmöglichkeiten bereit und speichert diese auch ab. Das Laden und Speichern der Einstellungen kann für jeden Bereich einzeln geschehen. Dies betrifft das Drum Kit, ACC.Kit, Song, MIDI Kit und die Presets. Abbildung 2 zeigt einen Überblick der zur Verfügung stehenden Parameter.

Jedes Kit sowie die Drummap sind vollständig änderbar. Rhythmen, Presets und Songs können an jede beliebige Position kopiert werden. Wer sich mit diesem Setup erst einmal richtig befaßt hat, wird das Bestmögliche aus COMBO herausholen können.

Der Style-Editor

COMBO ist nicht nur eine Begleitmaschine, die den Benutzer an Vorhandenes kettet, sondern stellt darüber hinaus noch einen Style Editor bereit, mit dem eigene Grooves nebst Begleitung erstellt werden können. Der Grid ermöglicht, allen 100 Rhythmen ein neues Gewand zu geben und diese sogar als Block abzuspeichern. Die Anzahl der verfügbaren Begleitungen wächst somit ins Unendliche.

Durch Abspeichern einzelner Styles, zum Beispiel in einen selbst angelegten Ordner STYLE, ist es möglich sich die besten Kreationen zusammenzustellen und nach und nach einzuladen. Anschließend wird dann als 100er Block gesichert und alles steht beim nächsten Mal wieder bereit. Eine sehr schöne Einrichtung für das Arrangieren eines umfangreichen Abendprogramms.

Resümee

COMBO ist eine MIDI-Begleitsteuerung, die die großen Hardware-Brüder das Fürchten lehrt. Der Vorteil bei der Arbeit mit dem ATARI hegt schon mal darin, daß ein billiges Speichermedium in Form von mindestens einem Floppy-Laufwerk vorhanden ist. Eine nicht zu unterschätzende Einrichtung, die nicht bei jedem Arrangerkeyboard zu den Selbstverständlichkeiten gehört, oder mit hohem Aufpreis erworben werden muß. Style-Editor und Eventrecorder für 128 Songs runden die Flexibilität nach oben ab. Der Betrieb ohne Monitor und die Ansteuerung des Keyboard oder Expanderdisplays lassen die Bühnenmusiker aufhorchen. Ein Fill-In per Velocity und mal ein Ritartando (Verlangsamen) per Aftertouch geben dem Begleitautomaten einen Hauch von Menschlichkeit. Alles in allem eine sehr runde Sache. An einigen Stellen wünscht man sich schon die Bedienung mit der Maus, was ja eventuell im nächsten Update berücksichtigt werden kann, oder? Das DIN-A5-Bedienungshandbuch umfaßt 43 Seiten und ist in verständlicher deutscher Sprache verfaßt. Für die mir vorliegende Version 2.0 ist eine 15seitige Ergänzung beigelegt worden. Das Programm läuft ohne Hardware-Kopierschutz und ist ohne Probleme auf eine Festplatte kopier- und von dort aus betreibbar, ohne die Originaldiskette im Laufwerk stecken lassen zu müssen. All denen, die mal in die Begleitautomatenwelt schnuppern wollen, möchte ich dieses Programm wärmstens ans Herz legen. Das Preis/Leistungsverhältnis ist bei einem Preis von DM 279,- auf jeden Fall interessant.

Bezugsquelle:

Dipl.-Ing. Bernd Albert Waldstraße 22 W-6704 Mutterstadt

Combo

Positiv:

gutes Preis/Leistungsverhältnis
übersichtliche Gestaltung
mächtiges Setup
bildschirmloser Betrieb möglich (wichtig für Live-Einsatz)
guter Style-Editor

Negativ:

Mausbedienung der Hauptseite nicht möglich
Hardware-Kopierschutz


Wolfgang Weniger
Aus: ST-Computer 12 / 1992, Seite 54

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