Der Original-DVPI-Volksmusik Partner

„Joh mai, wos’n dees? Koa Mensch net do, abba oa richtige Bayernmusi. Do woll’n mir mal schaun, wos dös is Es handelt sich um den „Original Volksmusik Partner" der Firma DVPI. Im Herbst 91 hatten wir bereits den „Session Partner" unter die Lupe genommen, der eine komplette Band bereitstellt und die verschiedensten Grooves generieren konnte. Dies trifft auf ähnliche Art und Weise auf den Volksmusik-Partner zu, der diesbezüglich aber auf die volkstümlichen Rhythmen zurückgreift.

Er ist kein Sequenzer und auch kein MIDI-Player, der die Generierung von komplexen Melodielinien zuläßt. Hier soll auf einfache Art und Weise die Möglichkeit geschaffen werden, eine Idee umzusetzen, ohne gleich ein halbes Dutzend Musiker herbeirufen zu müssen. Die Musik besteht hauptsächlich aus Schlagzeug, Begleitung (Backing) und einfachen, automatischen Melodiephrasierungen. Auf 13 verschiedenen MIDI-Kanälen geschieht die Generierung der kompletten Grooves; Die Kanäle sind folgenden Instrumenten(-gruppen) zugeordnet: Baß, Trompeten, Gitarre, Rhythmusgitarre, Klarinetten, Melodie, Akkordeon, Percussion, Woodblocks, Kick, Snare, Hihat und Drumfill. Es macht durchaus Sinn, für verschiedene Musikrichtungen eine andere Belegung zu wählen, da ein Wiener Walzer sich mit einer Country-Belegung bestimmt nicht überzeugend anhört. Wie es letztendlich klingt, und welche Sounds zum Einsatz kommen können, entscheidet der am ATARI-Output angeschlossene Klangerzeuger. Womit wir bei der Hardware wären. Erforderlich sind ein ATARI der ST-Reihe mit mindestens 1 MB Arbeitsspeicher, ein monochromer Monitor (SM 124) und ein zweiseitiges Diskettenlaufwerk. Die etwas umständliche Installation des Programms macht eine vorherige Sicherheitskopie zwingend notwendig.

Zur Installation

Da das Programm in einer nicht lauffähigen Version vorliegt, muß ein spezielles, auf der Diskette befindliches Install-Programm gestartet werden. Ohne Festplatte und mit nur einem Diskettenlaufwerk könnte die Installation zu einer bösen Überraschung führen, wenn der ATARI oder die Stromversorgung mal einen Aussetzer haben. Bei einem Absturz käme es nur zu einer unvollständigen Installation und zum Löschen der Original-Files. Beides wäre dann nicht mehr lauffähig. Also nur mit einer Sicherheitskopie installieren. Zu Sicherungszwecken ist dies sogar erlaubt und bereitet keine Probleme, da ein kleiner Hardwarekey im Joystickport für Schutz vor unbefugtem Kopieren sorgt. Ohne diesen Key ist keine Nutzung des Programms möglich.

Etwas sicherer ist die Installation mit zwei Diskettenlaufwerken. Hier legt man einfach die Programmdiskette in Laufwerk A und installiert nach B. Festplattenbesitzer müssen einen kleinen Umweg machen und die Originaldiskette auf eine Partition kopieren und von dort aus auf Diskette installieren. Die direkte Installation ist also nur auf Floppy möglich. Nun einfach das Original von der Partition löschen und von Disk auf Festplatte kopieren, fertig. Umständlicher geht’s nimmer.

Wer ist auf Empfang?

Da auf sage und schreibe 13 MIDI-Kanälen die „Musiker“ angesprochen werden, sind im ungünstigsten Fall 13 Keyboards erforderlich. Aber nur die wenigsten werden so viel Platz und Geld aufbringen wollen. Ein oder zwei multitimbrale Expander oder Keyboards erfüllen ihre Dienste allerdings genauso gut. Wer nicht alle 13 Empfänger realisieren kann, belegt einfach Baß und Trompeten mit demselben Sound und demselben MIDI-Kanal. Ein ähnliches Verfahren mit anderen Sounds kann ebenfalls zum gewünschten Ergebnis führen. Bei den sechs percussiven Sounds wird dies wohl am häufigsten geschehen, da nicht jeder Musiker über mehrere Drumexpander verfügt.

Der Aufbau

In Abbildung 1 sehen wir die Hauptseite, von der aus alle weiteren Funktionen erreichbar sind. Jeder Button, neben dem sich ein Würfel befindet, stellt eine durch den Zufallsgenerator beeinflußbare Funktion dar. Welche Instrumente einer Beeinflussung unterzogen werden sollen, ist durch Umschalten neben dem jeweiligen Instrumentenwürfel einstellbar. Insgesamt sind 16 Parts mit normalerweise 8 Takten generierbar. 8 dieser Parts sind nach Programmstart gleich sichtbar und tragen die Benennungen Al bis A8. Auf die B Bank wird mit dem „+-Bank“-Button umgeschaltet. Alle Parts können beliebig miteinander verknüpft werden. Dies geschieht im Songtable, der am oberen Bildschirmrand zu sehen ist. Somit ist es möglich, komplette Songs zusammenzusetzen und als MIDI-File abzuspeichern. Das Einfügen von Solostimmen und diversen Verschönerungen ist dann per Sequenzerprogramm kein Problem mehr. Hier liegt die Stärke vom „Original Volksmusik Partner“. Mußte man vorher mühselig einen Schlagzeug-Groove mit einem Keyboard einhämmern, bevor die eigentlichen Akkorde Stück für Stück gesetzt werden konnten, so wird dies mit diesem Programm alles in einem Rutsch erledigt. Müssen Sie auch auf der Bühne mit Sequenzer spielen? Müssen Sie ein Stimmungsmedley programmieren? Nichts einfacher als das. Man nehme seine Noten, wähle den richtigen Rhythmus und gebe die Akkorde taktweise ein. Mit einem Sequenzer-Programm verpaßt man dem ganzen den letzten Feinschliff, und schon steht das komplette Medley. Die größten Probleme beim Erstellen von Songs nimmt uns der Volksmusik Partner ab und gestaltet die Arbeit darüber hinaus noch flexibel, da jedes Instrument nachträglich noch einmal generiert werden kann. Besonders gelungene Kreationen legt der Benutzer einfach selektiv auf seinem Datenträger ab, um sie später wieder in andere Stücke einladen zu können.

Das Einladen eines MIDI-Files ist nicht möglich, so daß auf jeden Fall im Format vom Volksmusik Partner gespeichert werden muß, um eine nachträgliche Bearbeitung sicherzustellen. Durch Klick auf einen bestimmten Part öffnet sich ein Fenster, in dem alle Akkordeinträge frei änderbar sind. Es ist sogar möglich, einen Part auf einem Klemmbrett abzulegen und ihn später wieder in den Song einfließen zu lassen. Eine zunächst nicht erkennbare Besonderheit ist die unterschiedliche Behandlung der Parts 1-4 und 5-8. In den ersten 4 Parts wird der Groove recht ruhig gespielt, in den nächsten 4 Parts dann mit etwas mehr Elan. Dies hat den Vorteil, sich schnell der gewünschten Rhythmen im richtigen Stil bedienen zu können.

Die Schaltzentrale vom „Volksmusik Partner“ bietet einen guten Überblick über das Instrumentarium und den Songablauf.
Selektives Speichern und Laden macht Anpassungen zu einem leichten Spiel.
Für jede Instrumentengruppe steht ein komplettes speicherbares Setup bereit.
Die MIDI-Steuerung bietet sogar eine Akkorderkennung.

MIDI-Setup

Unter dem Eintrag MIDI-Setup in der Menüleiste sind die 13 Instrumentengruppen zu finden, die per Mausklick eine Dialogbox öffnen.

Um eine neue Box einer anderen Gruppe zu öffnen, muß nicht unbedingt auf einen der unteren Buttons geklickt werden. Es besteht die Möglichkeit, mit den beiden Spultasten (Pfeilen) die Instrumentengruppe direkt zu wechseln. Links oben ändert sich dann der Name der gewählten Gruppe. Des weiteren sind der Soundname, Stil, Programchange-Nummer, Lautstärke (Controller 7), Velocity und die Oktavlage einstellbar. Das geschieht für jedes Instrument und für jeden der 15 Styles. Alle Einstellungen befinden sich nach dem Abspeichern bei Programmstart wieder im Rechner. Besitzer der neueren GM-Geräte können sofort loslegen, da die „General-MIDI"-Standardparameter bereits voreingestellt sind. In knappen Worten ausgedrückt, bedeutet dies, daß die MIDI-Instrumente mit diesem GM-Standard die standardisierten Sounds wie Bläser, Baß, Strings, Piano, etc. immer mit denselben Programchange-Nummern bereitstellen. Dies erleichtert die Neuanpassung bei Umstellung des MIDI-Equipments ungemein.

Instrument-Stil-Eingabe

Durch Klick auf ein Instrument-Icon öffnet sich eine weitere Dialogbox, die der individuellen Anpassung des entsprechenden Instruments dient. Um nicht monotone langweilige Grooves zu erzeugen, läßt sich hier die Gewichtung innerhalb eines Parts flexibel gestalten. Anhand einer Hüllkurve wird der Verlauf der Dynamik eingestellt oder direkt per Maus ein gegeben. Der Vorteil bei der Hüllkurvenbenutzung besteht darin, daß man sich der 5 Speicher-Buttons bedienen kann, die wie Klemmbretter einer Textverarbeitung zu bedienen sind. Mit Rechtsklick wird gespeichert und mit Linksklick abgerufen. Diese Dialogbox ist für jedes Instrument speziell angepaßt und unterscheidet sich in einigen Einstellungen. Die mannigfaltigen Möglichkeiten sorgen garantiert für Abwechslung und lassen die Songs nicht im statischen Sequenzer-Look erscheinen. Hier macht sich die Aufteilung in mehrere Percussion-Gruppen bezahlt, da es kaum ein komplizierteres und komplexeres Instrument gibt als das Schlagzeug.

Globales

Der „Original Volksmusik Partner“ läßt sich ebenfalls über MIDI ansteuern und stellt somit einen Begleitautomaten bereit, der auch an definierbaren Songpositionen einsteigen kann. Aus Abbildung 4 ist die großzügig angelegte Auswahl an Parametern für die MIDI-Steuerung zu ersehen. Er ist zwar nicht mit einem Begleitautomaten der heutigen Zeit zu vergleichen, dennoch sind die wichtigsten Möglichkeiten der Steuerung implementiert.

Wozu?

Jetzt bleibt noch die Frage, wer den Volksmusik Partner überhaupt gebrauchen kann. Musiker, die ihre Songs ohnehin als komplett arrangiertes MIDI-File kaufen, werden dieses Programm eventuell nicht benötigen, es sei denn, sie kommen in die Verlegenheit, mal ein Stück schnell - die Betonung liegt hier besonders auf „schnell“ - erstellen zu müssen. Durch die 15 vorgegebenen Styles bleibt natürlich auch der Lerneffekt nicht aus. Seit den Anfängen mit Session Partner hat sich DVPI eine Menge einfallen lassen, um die Programme benutzerorientiert zu gestalten, was letztendlich auch durch die Umsetzung der Kundenwünsche möglich war. Die Bedienung ist schnell zu erlernen und mit der Maus oder der Tastatur zu bewerkstelligen. Das unbegrenzte Einsatzgebiet reicht von der Filmnachvertonung bis zum kompletten Sequenzer-Song. Eine einzige Ausnahme bildet die gezielte Melodiebearbeitung. Aus diesem Grund könnten einige Musiker eventuell einen herkömmlichen Sequenzer vorziehen, da schon seit langem fertige Grooves als Patterns käuflich sind. Aber an diesem Manko wird DVPI sicherlich schon arbeiten, oder? Das ca. 100 Seiten umfassende Handbuch ist klar gegliedert und erklärt in einem verständlichen Deutsch alle Bedienungsschritte. Eine erfreuliche Nachricht für registrierte Session-Partner-User dürfte sein, daß für sie der „Original Volksmusik Part ner“ nur 200,- DM kostet. Der offizielle Verkaufspreis liegt bei 298,- DM.

Bezugsquelle:

DVPI GmbH Mail & Support Postfach 1260 W-W68 Urbach

Volksmusikpartner

Positiv:

schnelle und flüssige Bedienung
gutes Preis/Leistungsverhältnis
selektives Speichern und Laden
Senden auf 13 MIDI-Kanälen

Negativ:

sehr umständliche Installation
Hardware-Kopierschutz


Wolfgang Weniger
Aus: ST-Computer 12 / 1992, Seite 126

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