FAX-Aufrüstung von „normalen“ 2400-bps-Modems

2400-bps-Modems sind inzwischen weit verbreitet. Trotz stetig steigender Popularität von Telefax nennen aber nur die wenigsten ein FAX-Modem ihr eigen. Wäre es da nicht schön, normale Modems kostengünstig aufzurüsten?

Der meist verwendete Chip-Satz in 2400-bps-Modems stammt von Sierra Semiconductors. Er besteht aus dem Mikroprozessor SC11011 und dem eigentlichen Modem-Chip SC11006. Tabelle 1 enthält eine Liste mit einigen gängigen Modems, in denen diese Kombination verwendet wurde. In vielen Fällen wird auch noch der SC22201 verwendet, der den nichtflüchtigen Speicher (nonvolatile memory) enthält.

Chip-Satz tauschen

Das Schöne an diesem Chip-Satz ist, daß es zum SC11006 einen pin-kompatiblen Ersatz gibt, der zusätzlich Send-FAX bis 4800 bps beherrcht: den SC11046. Die normalen DFÜ-Funktionen bis 2400 bps funktionieren weiterhin. Der Mikroprozessor SC11011 kann weiterhin verwendet werden. Er versteht übrigens eine Untermenge der Befehle des Intel 8096, arbeitet aber schneller.

Kann nun jedes Modem auf gerüstet werden, das diesen Sierra-Chip-Satz verwendet? Leider nein, aber die meisten. Zusätzlich zum neuen Modem-Chip wird auch eine neue Firmware zur Ansteuerung der neuen Funktionen benötigt. Theoretisch könnte man diese mit einem Cross-Assembler für den Intel 8089 wie z.B. Frankenstein (PD) selbst erstellen bzw. die vorhandene Software modifizieren. Genausogut kann man die EPROMs der Sendfax-Modelle des gleichen Herstellers verwenden, da sich die Platinen i.A. kaum unterscheiden. Diese kann man entweder als Ersatzteil kaufen oder gleich im kompletten Aufrüstsatz zusammen mit dem Modem-Chip (z.B. von Best). Wenn in der 2400-bps-Version die gleiche EPROM-Größe verwendet wird wie im FAX-Modem, ist die Aufrüstung kein Problem und besteht nur im Austausch der beiden meist gesockelten ICs (so z.B. beim Best 2400 L).

Probleme

Ein kleines Problem tritt auf, wenn das 2400-bps-Modem nur ein 16KB-EPROM verwendet und in der FAX-Variante ein 32KB-EPROM verwendet wird, wie dies z.B. bei den Discovery-Modellen 2400 C und H der Fall ist. Bei 16KB-EPROMs (27128) ist Pin 27 auf +5V gelegt, während die 32KB-EPROMs dort eine weitere Adreßleitung erwartet. Man muß also auf der Platine alle Verbindungen zu diesem Pin durchtrennen und per Hand eine Leitung zu Pin 16 des SCI 1011 ziehen. (Bild 1 und 2 zeigen, wie man die entsprechenden Pins findet.) Der Bastler macht sich damit weniger Probleme und biegt Pin 27 des EPROM seitlich ab, bevor er es in den Sockel drückt; allerdings muß die Leitung dann durch eine Bohrung o.ä. auf die Platinenunterseite geführt werden. Beim Umbau kann es Vorkommen, daß der nichtflüchtige Speicher gelöscht wird. Daher sollte man sich vorher den Inhalt ausgeben lassen und notieren.

# Modems mit Sierra-Chip-Satz

Discovery 2400 C
Discovery 2400 H
Best 2400 L
Asta 2000 E
ELSA MicroLink 2400 L
Dr. Neuhaus PC JUNIOR
Hyundai 2400
Quicktel 2400
Phonic 2400 V (aber 5-Volt-Version)

Tabelle 1

Welche Modems?

Grundsätzlich ist die Aufrüstung von Modems nicht an diesen Sierra-Chip-Satz gebunden. Auch von anderen Chip-Herstellern gibt es pinkompatible Erweiterungen bestehender Chip-Sätze. So ist z.B. der SSI 73D2417 von Silicon Systems ein pinkompatibler Ersatz für den SSI 73D2407, der zusätzlich FAX und MNP 2-5 beherrscht (Silicon Systems, 14351 Myford Rd., Tustin, CA). Leider ist mir kein Modem bekannt, das diesen Chip-Satz verwendet.

Zum Versenden von FAXen benötigt man dann noch eine FAX-Software, die den entsprechenden Befehlssatz des Modems unterstützt. Den Sierra-Chip-Satz unterstützen jedoch die meisten, wie z.B. ST-FAX II (ATARI ST), FAXPax (Unix), MultiFAX (Amiga) oder BitFAX (MS-DOS).

Es ist zu beachten, daß auch die Firmware in den Modem-EPROMs dem Copyright unterliegt und nicht einfach kopiert werden darf. Außerdem müssen wir an dieser Stelle noch darauf hinweisen, daß der Anschluß nichtzugelassener Modems am bundesdeutschen Telefonnetz der Telekom strafbar ist.

Bezugsquellen für Sierra-Bauteile:
(Preis: zwischen 40,- DM und 60,- DM)

Fa. Neumüller Eschenstr. 2 W-8028 Taufkirchen
BEKA Electronic GmbH Osterbrooksweg 71 W-2000 Schenefeld
VSC Elektronik Vertriebs GmbH Gewerbestr. 8 W-7049
Steinenbronn Electronik GmbH Zum Degenhardt 12 W-7770 Überlingen
Bodamer GmbH Siidl. Münchner Str. 24a W-8022 Grimwald
COSYS Elektronik Vertriebs GmbH Bretonischer Ring 13 W-8011 Grasbrunn

# Der Umbau Schritt für Schritt
  1. Modemeinsteilungen (S-Register) ausiesen (Termmalprogramm) oder notieren; sie werden beim Umbau evtl. gelöscht

  2. Modem-Chip-Satz identifizieren. Enthalt das Modem den SC11006CN und SC11011CV? Sind sie gesockelt?

  3. Neue Bauteile besorgen. Neuen Modem-Chip SCI 1046CN und passende Firmware für Sendfax besorgen. (Beispiele: Im Discovery 2400 C oder H funktioniert das EPROM des Discovery 2448: im Best 2400 L funktioniert das EPROM des Best 2400 LP)

  4. Vorhandenen EPROM-Typ feststellen Es sollten nur die Typen 27128 (bzw. 27C128) und 27256 (bzw 27C256) vorhanden sein.

  5. Falls das vorhandene EPROM vom Typ 27128 ist und das neue vom Typ 27256 ist (wie z.B beim Discovery 2400 C und H), muß die Platine an das größere EPROM angepaßt werden.

Falls auf der Platine dafür bereits eine Lotbrücke vorhanden ist. muß diese umgesetzt werden, andernfalls müssen alle Verbindungen von Pin 27 des EPROM-Sockels zum Rest der Platine durchtrennt werden (Achtung: Oft gibt es mehrere Verbindungen auf Ober- und Unterseite sowie unter dem Sockel!)

Nun muß Pin 27 des EPROM-Sockels mit Pin 16 des SC11011CV verbunden werden (zur Pin-Belegung des SC11011CV siehe Zeichnung).

  1. Altes EPROM gegen neues mit Sendfax austauschen, dabei muß unbedingt auf die Richtung der Kerbe im EPROM geachtet werden

  2. Modem-Chip SC11006CN gegen SC11046CN austauschen; auch hier muß unbedingt die Richtung der Kerbe beibehalten werden.

  3. Modem mit wiederholtem ATZ und AT&F in einen definierten Zustand bringen und diesen mit AT&W speichern


Jan Willamowius
Aus: ST-Computer 12 / 1992, Seite 131

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