Interview mit Comtex

"Im ATARI-Bereich sehen viele für ihre Anwendungen endlich wieder eine Zukunft"

Die Party ist zu Ende. Zeit also für ein kurzes Gespräch mit H.G. Rappl, Geschäftsführer der Firma Comtex:

ST: Herr Rappl, in den letzten Monaten haben einige ATARI-Fachhändler Hausmessen veranstaltet. Für den Anwender sicherlich eine gute Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und seinen Händler besser kennenzulernen. Sie haben eine Messe speziell zum Thema „MagiCMac“ veranstaltet. Warum?

Rappl: Wir wollten den Anwendern eine Übersicht über die derzeit verfügbaren Betriebssysteme und Hardware-Plattformen für ATARI-Software-Produkte geben. Unser Ziel war, daß sich jeder so umfassend wie möglich darüber informieren konnte, was für ihn vielleicht einmal „die beste Lösung“ sein könnte. Niemand weiß im Moment so richtig, was er mit welchem Rechner überhaupt tun kann. Und so ist die Entscheidung, welcher Rechner für die eigene Anwendung wohl der beste ist, bei vielen zudem mit einigen Unsicherheiten verbunden: soll ich einen ATARI kaufen, eine Medusa, auf den Eagle warten oder lieber doch einen Apple oder PC.

ST: Die Atmosphäre der Messe war gar nicht „messelike". Es fehlten beispielsweise die Aussteller von Software-Firmen. Was bekamen die Besucher zu sehen?

Rappl: Wir wollten ja auch keine Messe im eigentlichen Sinn veranstalten. Es sollte kleiner sein und gemütlicher, nicht nur auf den Verkauf ausgerichtet, sondern mehr auf den Informationsaustausch. Daher haben wir diesmal auch keine Aussteller eingeladen. Vorgeführt haben kompetente Anwender, so daß Diskussionen und Gespräche immer direkt von Anwender zu Anwender stattfanden, was sicherlich auch zur angenehmen Atmosphäre der Messe beitrug. Zu sehen gab es alles rund um den ATARI, darunter auch professionelle Anwendungen mit Calamus und DA's Layout auf Medusa und Performa-Rechnern sowie High-End-Lösungen im Audio/Video-Bereich. Ein wichtiges Moment war natürlich auch das Zusammenspiel der verschiedenen Rechnerplattformen.

ST: Der derzeit einzige noch lieferbare ATARI-Rechner ist der Falcon030. Ist es da als ATARI-Händler nicht etwas problematisch, nun mit der „MagiC Party" eine Messe zu veranstalten, auf der Apple Rechner als Alternative zum Falcon gezeigt werden?

Rappl: Nein, im Gegenteil. Wir haben ja auch erlebt, daß Anwender kamen, um sich den Apple mit MagiC-Mac anzuschauen, dann zum ersten Mal den Falcon gesehen und sich dann für diesen Rechner entschieden haben. Zudem hat der Performa im Vergleich zum Falcon ja immer noch wesentliche Einschränkungen, z.B. im Harddisk-Recording. Ich finde es aber gut, das die Firma Apple nun ATARI-Rechner baut. ATARI selbst stellt uns ja im Augenblick keine neue Hardware-Plattform zur Verfügung. Mit MagiC-Mac und den Performas haben wir als Händler nun eine deutlich größere Hardware-Plattform und können mehr Anwender bedienen.

ST: Zu Ihrer Party haben Sie sowohl ATARI- als auch Mac-Anwender eingeladen. Wie war hier die Resonanz, wo doch oft der eine Anwender nicht viel von der Arbeit des anderen weiß?

Rappl: Auch Apple-User sind bei uns auf der Messe gewesen, und waren sehr angetan von der ATARI-Software und der Geschwindigkeit, mit der diese auf ihren Apples läuft. Hier sind wir natürlich auch als Händler gefragt, denn wer kann MagiCMac nebst Software besser und auch kompetenter anbieten als ATARI-Händler! Vor allem aber im ATARI-Bereich sehen viele für ihre Anwendungen endlich wieder eine Zukunft. Die Anwendungssicherheit ist gegeben, worüber sich ja auch alle Besucher auf unserer Party überzeugen konnten. Bei einem AMIGA-User ist das beispielsweise ganz anders. Wenn ich dem sage: Hör mal, es gibt keine AMIGAs mehr, sagt der: Na und, irgendwann wird's da schon was geben. Ein ATARI-Anwender ist sehr viel empfindlicher. Das mag auch daher kommen, daß viele aus dem professionellen Bereich kommen, da kann man sich ja nicht so auf „Luft“ verlassen. Der „Eagle“ von GE-Soft wäre hier natürlich die Alternative gewesen. Allerdings ist der Eagle ohne 68040er Karte preislich nicht mehr interessant, und wann diese fertiggestellt sein wird, steht wohl noch in den Sternen.

ST: Werden ATARI-Händler jetzt also Mac-Händler?

Rappl: Es ist eine neue Hardware-Plattform, die uns nun zur Verfügung steht: für die ATARI-Software. Ich bin nach wie vor ATARI-Händler. Der Falcon allein ist da aber zu wenig. Im Profibereich ist die Entscheidung eher etwas zögerlich, denn immerhin hat auch der Performa die RAM-Grenze von 36MB. Für diesen Bereich ist da wohl eher die Quadra 950 oder die Medusa interessant. Beide können ja zum Beispiel bis auf 256 MB erweitert werden. Das sind dann schon Alternativen für die professionelle Arbeit mit Calamus und DA’s Layout. Und mit MagiCMac sicher auch für Mac-Anwender auf der Quadra.

ST: Wir danken für das Gespräch.

Mit Herrn Rappl sprach Jürgen Funcke



Aus: ST-Computer 06 / 1995, Seite 80

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