Report - Theaterbeleuchtung mit einem ATARI ST(E)

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ATARI und Licht? Ein seltener Anblick ist der ATARI im Theater allemal. Ist er im Bereich Technik noch ab und an anzutreffen, sorgt er im Zusammenhang mit Licht für er ungläubige Blicke. Dabei hat er sich bewährt! Es geht hier um eine Lichtregieanlage die zu 100 Prozent auf der ATARI ST(E)-Baureihe basiert.

Mit "Lichtregieanlage" wird ein Gerät bezeichnet das alle mit der Beleuchtung eines Theaterstückes (oder auch anderer Veranstaltungen) zusammenhängenden Größen steuert. Dies sind insbesondere die Helligkeiten der einzelnen Scheinwerfer. Jeder Mensch kennt die Dimmer zur Regelung der Zimmerbeleuchtung. Dabei wird meist über eine Drehbewegung die Spannungsversorgung- und damit die Helligkeit - der Lampe verändert. Im Theater- und Veranstaltungsbereich spielen Dimmer auch eine wichtige Rolle. Diese sind jedoch zu mehreren in einem Gerät zusammengefaßt, und werden nicht einzeln von Hand bedient, sondern eben von einer Lichtregieanlage gesteuert. Neben digital-seriellen Signalen gibt es zu deren Ansteuerung analoge Signale. Weit verbreitet sind 0 bis +10V, d.h. bei 0V liegt am Dimmerausgang nichts an, der Scheinwerfer ist aus und bei 10V läßt der Dimmer die volle Netz-Spannung (220V) durch und der Scheinwerfer leuchtet mit maximaler Helligkeit. In diesem Fall regelt der ATARI über eine zusätzliche Elektronik, die an der Centronics- Schnittstelle Anschluß findet, jene analogen Ausgangssignale. Von den maximal 80 möglichen Ausgängen sind momentan 40 genutzt. Lauffähig ist das System auf allen ATARI ST(E) mit wenigstens 1 MB Arbeitsspeicher. Bis vor kurzem befand sich noch ein 260 ST im Betrieb! Über die Software gibt es umfangreiche Möglichkeiten, jeden der 40 Scheinwerfer in bis zu 250 einzelnen Bildern (Lichtstimmungen) mit jeweils eigener Helligkeit zu versehen. Diese Lichtstimmungen können in beliebiger Folge aufgerufen werden. Es kann von jeder Stimmung zur nächsten überblendet werden. Dabei sind die Parameter der Ausblendung (der momentanen) und die Parameter der Einblendung (der nachfolgenden Stimmung) getrennt wählbar. Außerdem sind kleinere Spezialeffekte möglich. Neben Lauflichtern und Blinklichtern gibt es auch ein Zufallslicht. Dabei lassen sich über Hüllkurven, Frequenzen und Helligkeiten z.B. einfach Blitze nachbilden. Auch ein Kaminfeuer schon überraschend echt simuliert.

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Abbildung 1 zeigt den Hauptbildschirm der Software. Neben einigen kleineren Status-Anzeigen ist das Feld für Texte zu sehen. Hier können Stichworte für den nächsten Lichtwechsel oder beliebige andere Kommentare eingegeben werden. Darunter jeweils alle 40 verwendbaren Kreise (= Scheinwerfer o.ä.) oben für die aktuelle Lichtstimmung, darunter für die nachfolgende. Oben steht jeweils die Nummer des Kreises, darunter die Helligkeit in Prozent, sofern sie größer Null ist.

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Links sind die zugehörigen Stimmungs-Nummern zu sehen. Die Glühlampen (Birnen gibt's im Obstladen!) stehen als Symbol für ein einfaches Licht. Bei Effekten oder komplizierten automatischen Überblendungen ändert sich das Symbol. Eine Variante sieht man in Abb.2. So kann der Bediener vorab erkennen, was ihn in der nächsten Stimmung erwartet. Rechts sind drei Schieberegler zu sehen. Diese werden mit der Maus bewegt.

Der "R" (R wie Regler) regelt die Helligkeit aller Kreise, die mit dem schwarzen Cursor erfaßt werden. Der "M" (wie Master) regelt alle in der Stimmung verwendeten Kanäle und mit dem "Ü" (wie Überblendregler) kann "von Hand" von der aktuellen zur nächsten Stimmung überblendet werden. Natürlich muß nicht penibel mit der Maus auf der Reglerbahn gefahren werden. Ist der Reglerknopf einmal erfaßt folgt er jeder Hoch- und Runterbewegung ohne die Bahn zu verlassen bis er losgelassen wird.

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Das gilt auch für die zehn sogenannten Gruppenregler (s. Abb.3). Hier können 10 Gruppen aus beliebigen Kreisen zusammengesetzt werden. In allen Gruppen kann jeder Apparat mit einer anderen Helligkeit vorkommen. Ausgegeben wird jeweils die größte Helligkeit, die sich aus dem HeIligkeitswert des Kreises in der Gruppe und dem Wert des Gruppenreglers ergibt. Alle zehn Gruppen zusammen erzeugen dann eine eigene Lichtstimmung. Dies ist nützlich wenn mit jeweils mehreren Scheinwerfern einzelne Bereiche einer Bühne ausgeleuchtet werden. Faßt man nun die Apparate der einzelnen Bereiche zu Gruppen zusammen, so lassen sich beliebige Ausschnitte eines Bühnenbildes mit jeweils nur einem Regler beleuchten.
Alle möglichen Funktionen und einstellbaren Parameter aufzuzählen würde hier den Rahmen sprengen. Unser Handbuch zu dem System hat über 70 Seiten. Ein Beispiel eines komplett ausgeleuchteten Bühnenbildes sei hier noch gezeigt (s. Abb. vorige Seite). Es handelt sich um einen Raum aus einer Inszenierung des Stückes "Bezahlt wird nicht" von Dario Fo des Märkischen Theaters Berlin. Ausgeleuchtet ist der komplette Raum mittels verschiedener Scheinwerfer unterschiedlicher Art. Über die Lichtregieanlage ließen sich auch nur einzelne Teilbereiche beleuchten, oder z.B. nur bläuliches Licht für eine Nachtstimmung anwählen. Festzuhalten bleibt noch, daß das System über 250 Vorstellungen "durchlebt" hat, ohne auch nur einmal seine Bediener im Stich zu lassen. Das Sy-stem wurde zum größten Teil mit GFA- BASIC 3.0 programmiert.
Es ist auf Grund der speziellen Anforderungen nicht GEM-konform und nicht multitaskingfähig. Es ist ja nicht möglich, während einer Theatervorstellung entschuldigend mit den Schultern zu zucken, wenn gerade eine andere Applikation Rechenzeit braucht oder gar einen Systemabsturz auslöst.

Till Grab
Johann-Sigismund-Str. 12
10711 Berlin



Aus: ST-Computer 02 / 1996, Seite 16

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