Gemulator V4.6

Wieder steigen wir in eine neue Runde des Emulator- Rennens ein. Zugegebenermaßen wäre es mir persönlich lieber, wenn spezielle ATARI-Programme mit einem so rasanten Tempo und Konkurrenzdenken entwickelt würden. Aber man muss die Angelegenheit mit den Emulatoren eben von der positiven Seite sehen: Wer z.B. berufsbedingt auf ein anderes Rechnersystem umsteigen muss, wird dem ATARI nicht mehrzwangsläufig den Rücken kehren... Nun bietet Compo eine neue Gemulator-Version, die in einigen wesentlichen Punkten weiterentwickelt wurde. Der preiswerteste und wohl auch älteste ATARI-Emulator hat den Umstieg von der TOS-Karte auf einen reinen Softwareemulator geschafft!

Wie geht das?

Die Lösung des Problems ist eigentlich simpel: Das ATARI-TOS-Betriebssystem ist bekannterweise auf Eprom-Speicherbausteinen gespeichert und in der Version 2.06 knapp 300 KB groß (oder klein). In den vergangenen Gemulator-Versionen musste das TOS noch auf einer ISA-Steckkarte ausgeliefert werden. Heute erhält der Kunde ein Programm, mit dessen Hilfe man ein Original-Betriebssystem des ATARI auslesen kann.

Der neue Gemulator verfügt nun über die Option, das Betriebssystem nicht auf einer Hardware, sondern auch auf einer Diskette oder Festplatte zu suchen und von dort aus zu laden. Alternativ können laut Herstellerangaben auch die Betriebssysteme von MagiC-PC und der Demoversion von M-PC verwendet werden. Die Verwendung der M-PC-Demo ist aber laut ASH ausdrücklich untersagt.

Der erste Start

Sie sollten das Betriebssystem und den Auto-Ordner, in dem sich eine Software zum Selektieren der Auflösung befindet, in das von Ihnen gewünschte Bootlaufwerk kopieren. Nach dem Start des Gemulators können Sie in dem neuen Einstellungsdialog diverse Einstellungen Ihren Wünschen entsprechend vornehmen. Hierbei können neben der Darstellung auch die seriellen und COM2o4 (Drucker-) Anschlüsse konfiguriert werden. Beim Auswählen eines Druckerports ist dieser bei laufendem Gemulator für Windows-Programme gesperrt. Durch die Option "Share" wird der Gemulator-Drucker nach einer Dauer von 30 Sekunden der Nichtbenutzung an Windows übergeben und nur dann reaktiviert, wenn auf ATARI-Seite wieder gedruckt werden soll.

Weiterhin wichtig ist der ATARI-Disk-Modus. Alle ab TOS 1.4 formatierten ATARI-Disketten sind auch PC-tauglich und stellen somit kein Problem dar anders verhält es sich bei älteren TOS-Versionen. Wenn Sie auf die Verwendung alter ATARI-Disketten (Boot-Disketten, 360KB- und 720-KB-Disktten) angewiesen sind, kopieren Sie lediglich eine Reihe mitgelieferter Programme in den Gemulator-Ordner. Dadurch verwendet der Gemulator nun außerdem vier virtuelle Laufwerke, die jeweils 32 MB groß sind. Somit sind Sie sowohl auf Disketten- als auch auf Festplattenseite voll ATARI-kompatibel.

Wurden alle Einstellungen wunschgemäß vorgenommen, kann der Emulator gestartet werden. Auf Ihrem Bildschirm erscheint ein ATARI- Desktop, der nun einsatzbereit ist. Dank der Tatsache, dass auch Bildschirmbeschleuniger wie z.B. NVDI unterstützt werden (ein eigener Beschleuniger liegt dem Paket aber bei), sind die Ergebnisse durchaus passabel. Auch die Kompatibilität ist zufriedenstellend. So läuft selbst Calamus SL ohne zusätzliche Treiber und aufwendige Entwicklungsarbeiten.

Und außerdem...

Kommen wir zum Lieferumfang. Dieser besteht aus zwei Disketten (der eigentlichen Gemulator-Diskette sowie einer Utility-Disk) und einem umfangreichen Handbuch, welches ausführlich die Bedienung des Emulators beschreibt. Speziell die Utility-Diskette macht einen guten Eindruck, denn sie weist auf ein ausgereiftes Paket hin. Auf dieser Diskette findet der Anwender viele nützliche Programme, angefangen vom alternativen Dateiauswahldialog, einem Mausbeschleuniger, einem Bildschirmbeschleuniger, der TOS-Auslese-Software bis hin zur Vollversion des Grafikkonverters "Convert", der die meisten gängigen Datenformate beider Rechnerwelten beherrscht und so den Grafiktransfer zwischen TOS und Windows erleichtert.

Fazit

Für einen Preis von 49,- DM ist das Update trotz des kleinen Versionsnummern-Sprungs durchaus preiswert und rentabel. Schließlich kann der Gemulator-Besitzer nun seine alte TOS-Karte aus dem Rechner hinauswerfen, wichtige "Interrupts" für andere Karten freimachen (so etwas gibt es auf PCs) und den Emulator außerdem auf einen Laptop kopieren bzw. auf einer einzigen HD-Diskette mit sich herumschleppen. Aber welcher Emulator soll es nun sein, wenn man beabsichtigt, erst neu in dieses Metier einzusteigen? Wir können Ihnen kaum konkrete Einkaufstips geben, da die einzelnen Firmen mit ihren Emulatoren verschiedene Prioritäten gesetzt haben:

Der Gemulator ist für der preiswerteste aller Emulatoren. Er ist sehr ATARI-kompatibel und außerdem recht schlank, was den Umfang betrifft. Hervorzuheben ist, dass der Gemulator auch unter Windows 3.11 und Windows NT problemlos seine Arbeit verrichtet In diesem Punkt hängt der Gemulator seine softwarebasierten Mitstreiter deutlich ab.

Nachteilhaft ist die Tatsache, dass man ein originales ATARI-TOS benötigt. Außerdem macht sich die geringere Darstellungsgeschwindigkeit ohne den Einsatz von ab NVDI deutlich bemerkbar. Hinzu kommt ein Pseudo-Multitasking wie bei TOS2WIN, welches dadurch erreicht wird, dass der Gemulator mehrfach gestartet werden kann. Ferner besteht leider noch immer die 14-MB-Grenze beim RAM-Speicher.

Der Kontrahent TOS2WIN hat ein eigenes Prinzip. Er emuliert das ATARI-Betriebssystem und verwendet außer dem keinen eigenen Mauszeiger. Man verfügt standardmäßig nicht über eine ATARI-Oberfläche, sondern startet im Windows-Modus einfach ATARI-Programme - wer es nicht wüsste, könnte meinen, ein PC-Programm sei parallel zu den anderen Programmen am Laufen.

Lobenswert ist die Darstellungsgeschwindigkeit. Nachteilhaft sind aber der höhere Preis, der komplette Ausschluss alter Auflösungen wie 320x200 bei 16 Farben (z.B. für Spiele) und das fehlende Multitasking. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass TOS2WIN auch mehr kostet.

MagiC-PC ist der einzige Emulator, der ein echtes Multitasking bietet. Allen ATARI-MagiC-Besitzern wird auf dem PC, eine absolut gewohnte Arbeitsumgebung geboten. Allerdings kostet MagiC-PC rund 300,- DM und erreicht auch nur in Zusammenarbeit mit NVDI für MagiC-PC akzeptable Darstellungsgeschwindigkeiten. Summa summarum gibt man für diesen Emulator also rund 450,- DM aus!

Derzeit unterstützt keiner der drei Emulatoren vernünftig alle MIDI-Ports des ATARI, so dass dies kein ausschlaggebendes Kriterium sein dürfte. Entscheiden Sie also selbst, auf welches System Sie setzen möchten. Support ist Ihnen von allen Seiten garantiert.

Preise:
Gemulator 96 Diskversion: 149,-
Update von Ve. 4.5: DM 49,-
Updates von V. 1,2, 3: DM 129,-
Bezugsquelle: Compo Software GmbH Vaalser Straße 540 52074 Aachen


Helge Bollinger
Aus: ST-Computer 07 / 1997, Seite 20

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite