STemulator GOLD: Atari-Emulator für Win95/98 und NT

Seit Erscheinen des Gemulators im Jahr 1993 ist es allgemein bekannt, daß Atari-Software mit Hilfe von Emulationen auch auf PCs läuft. Und seitdem es gleich mehrere Mitstreiter am Markt gibt, ist die Fortentwicklung und Leistungssteigerung der Emulatoren kaum noch zu bremsen.

Seitdem der STemulator vor gut einem Jahr auf den Markt gekommen ist, kann sich das Produkt einer wachsenden Anwenderschar erfreuen, wenngleich es aufgrund seines niedrigen Preises stets darum zu kämpfen hatte, als vielseitiger und für einige Anwender auch bester Atari-Emulator anerkannt zu werden. Nun endlich nach einem Jahr gibt es eine brandneue Version für Emulator-User mit gehobenen Ansprüchen.

Bislang vermochte der STemulator durch seinen hohen Grad an Kompatibilität und Flexibilität zu überzeugen, doch wenn es dämm ging, professionelle Software wie z.B. Calamus und Bildbearbeitungsprogramme zu emulieren, stießen die Anwender auf Grenzen wie z.B. Limitierung des Speichers auf 14 MB-RAM oder die eingeschränkte Farbtiefe von 256 Farben.

Links: Die Bildschirmeinstellungen wurden um den High-Colour-Modus erweitert.

Nun, das Update des STemulator ist kein direktes Nachfolgeprodukt, denn der STemulator PRO wird für User mit geringeren Ansprüchen weiterhin existieren, doch parallel hierzu kann nun auch der STemulator GOLD erworben werden.

Installation

Die Installation des STemulator ist sehr einfach. Der Käufer erhält zwei HD-Disketten, die nach dem Aufruf der "stemulator.exe" auf seinem Rechner installiert werden. Der Grund, daß der STemulator GOLD nun aus zwei Disketten besteht, liegt darin, daß bei dieser STemulator-Variante der alternative Multifunktions-Desktop Thing 1.28 mit zum Lieferumfang gehört. Anschließend kann der STemulator direkt über die Task-Leiste von Win95/98 aufgerufen werden.

Der Funktionsumfang

Der STemulator GOLD würde nicht diesen Namen tragen, wenn er ihn nicht verdient hätte", so die Aussage des Produzenten. Zunächst einige Sätze zum STemulator (PRO) für diejenigen Leser, die diesen Emulator noch gar nicht kennen: Der STemulator verfügt über ein originales, von Atari lizensiertes TOS 2.06-Betriebssystem, mit Hilfe dessen ein Atari-Computer auf einem Windows-PC emuliert werden kann. Zu diesem Zwecke können seitens des Anwenders verschiedene Einstellungen vorgenommen werden, um eine größtmögliche Kompatibilität zu erreichen.

Bei der Bildschirmausgabe z.B. werden alle bekannten Atari-Modi unterstützt. Außerdem differenziert der Emulator zwischen einer GDI- und einer VDI-Bild-schirmausgabe. Die GDI-Ausgabe greift zur Darstellung des Fenster- oder Bildschirminhaltes der Emulation auf die Windows-Routinen zurück und ist aus diesem Grunde vergleichsweise sehr schnell. Bei der VDI-Ausgabe werden die originalen Atari-Routinen verwendet, um eine höchstmögliche Kompatibilität zu erreichen, die bei einigen älteren und unsauber erstellten Programmen notwendig ist. Verschiedene Zwischenabstufungen der Ausgabe-Modi ermöglichen eine individuelle Abstimmung auf die Bedürfnisse des Anwenders.

Rechts: Interessant für anspruchsvolle Anwender: TT-RAM bis theoretisch 2 GByte kann nun angesprochen werden.

Besonders flexibel zeigt sich der STemulator bei der Handhabung von Laufwerken. Denn hier kann der Anwender bestimmen, ob komplette Windows-Laufwerke auch im Atari-Modus zur Verfügung gestellt werden (dazu zählen auch CD-ROM- und Zip-Drive-Laufwerke) oder ob lediglich einzelne Order (bei Windows Verzeichnisse) im Atari-Modus als Laufwerke dargestellt werden sollen. So kann man z.B. auf Laufwerk C des PC ein übergeordnetes Verzeichnis "Atari" anle-gen, in dem sich wiederum die Unterverzeichnisse "C", "D" usw. befinden. Diese Verzeichnisse kann man nun als Atari-Laufwerke definieren, so daß man unter der Emulation über ein autarkes Atari-System verfügt.

Wenn man den Autoordner und die Ac-cessories nicht Atari-typisch im Wurzelverzeichnis des Laufwerkes C unterbringen möchte, hat man die Möglichkeit, dafür gesonderte Pfade einzugeben.

Über die Einstellung "Schnittstellen" kann man den Modem-Anschluß, Joystick-Anschlüsse etc. zuweisen. Hier wird auch zwischen einem exklusiven und einem Spooler-Timeout-Druckerzugriff differenziert. Ist der exklusive Modus gewählt. kann keine andere Windows-Applikation auf den Drucker zugreifen, ansonsten wartet der Spooler die vom Anwender eingestellte Zeit, bis er den Drucker nach der Verwendung unter dem STemulator wieder freigibt.

In der Regel unterscheidet der STemula-tor nicht zwischen der Atari- und der PC-Maus so daß man fließend zwischen der Emulation und PC-Programmen wechseln kann. Da es aber einige ältere Atari-Programme gibt, die mit dieser Art der Mausdarstellung nicht umgehen können, hat der Anwender hier die Wahl, auf den exklusiven Mausmodus umzusteigen.

Die GOLD-Funktionen

Kommen wir nun zu den Verbesserungen, die einen neuen Programmnamen und damit einhergehend auch einen höheren Anschaffungspreis rechtfertigen.

Für Grafiker und Layouter dürfte insbesondere interessant sein, daß der STemulator in dieser Variante nun auch über TT-RAM verfügt, das separat zum ST-RAM eingestellt werden kann. Hierbei bedient sich die Emulation des Speichers, den Windows zur Verfügung stellen kann, und unter Zuhilfenahme des virtuellen Speichers können bis zu 2 GB theoretisch verwendet werden. Aus Gründen der Arbeitsgeschwindigkeit empfiehlt es sich aber, auf die Verwendung des virtuellen Speichers zu verzichten.

Aber auch in puncto Grafikausgabe hat es eine wesentliche Neuerung gegeben: Der STemulator verfügt nun endlich auch über einen High-Colour-Modus, der das Arbeiten mit maximal 65536 Farben zuläßt (dieser Modus kann auch gewählt werden, wenn der PC über eine größere Farbtiefe verfügt). Zwar kann Calamus als reines 256-Farben-Programm keinen direkten Nutzen daraus ziehen, doch eine Reihe weiterer Programme z.B. aus dem EBC-Bereich, wird deutlich attraktiver auftreten können.

Die wohl wichtigste Neuerung, und diese zeichnet den STemulator als Unikat unter den Emulatoren aus, ist die neue Druckfunktion. Als erster und einziger Emulator kann der STemulator nun, sofern ein GDOS-Druckertreiber für das jeweilige Programm zur Verfügung steht, auf jeden beliebigen Windows-Drucker drucken. Bislang wurden die Drucksignale des Atari-Modus lediglich durchgeschleift, so daß man dringend einen korrekten Atari-Druckertreiber für den am PC angeschlossenen Drucker benötigte.

Der STemulator GOLD ist nun in der Lage, die GDOS-Druckausgabe des Atari abzufangen und diese in den Drucker-Spooler von Windows umzulenken, so daß der Ausdruck nun in Farbe oder s/w auf jedem Drucker, egal ob Farblaser oder GDI-Drucker, erfolgen kann.

Darüber hinaus verfügt der STemulator Gold über eine Funktion, die sich Speedo GDOS-Emulation nennt. Hierbei werden sämtliche Fonts, die unter Windows als True-Type-Fonts installiert sind, direkt an die Atari-Emulation weitergegeben, so daß man ähnlich wie beim Einsatz von NVDI über eine beliebige Auswahl an True-Type-Fonts verfügen kann. Bedenkt man, daß der STemulator ohnehin eine beschleunigte Bildschirmausgabe besitzt, wird der Einsatz von NVDI nun gänzlich überflüssig (es sei denn, man benötigt Metyfiles und Memory-Devices).

In zwei weiteren Punkten wurde auf den Wunsch einer Vielzahl von Anwendern eingegangen: Soundausgabe und Modem-Ansteuerung.

Bislang mußten STemulator-Kunden gänzlich auf eine Soundausgabe verzichten. Zwar verfügt die Gold-Version noch nicht über eine Yamaha-Soundchip-Emulation, doch immerhin kann nun auch DMA-Sound ausgegeben werden, so daß DMA-kompatible Programme, die mit Samples arbeiten, nun auch auf dem STemulator Töne von sich geben können (DiretX sollte installiert sein).

Links: Die GOLD-Version verfügt nun auch über einen HSMODEM kompatiblen Mode-Treiber. Rechts: Die Extra-Funktionen wurden so mächtig erweitert, daß NVDI gänzlich entfallen kann.

Und eine Schwäche des STemulator war bislang die unzureichend funktionierende serielle Schnittstelle, die für Connect- und CAT-Anwender nicht ausreichend kompatibel war. Doch seit der neuesten Version wurde diese Schnittstelle stark optimiert und (bei der GOLD-Variante) mit einer HS-Modem-Emulation versehen, so daß eine absolut Atari-kompatibler Anschluß mit bis zu 115000 bps zur Verfügung gestellt wird.

Soweit die wichtigsten Funktionen des STemulator GOLD, wobei zu bemerken ist, daß z.B. die HS-Modem-Schnittstelle auch in die PRO-Version 1.4 integriert wurde.

Der neue Desktop

Damit der STemulator auch optisch den Ansprüchen der heutigen Zeit genügt, verfugt die GOLD-Version ab sofort von Haus aus über den alternativen Desktop Thing 1.27. Thing wurde bereits im Zuge der Milan-Vorstellungen mehrfach vorgeführt und sollte allen Atari-Anwendern ein Begriff sein. Thing für den STemulator GOLD wird automatisch installiert. Über das Menü Extras kann man nun selektieren, ob Thing als Standard-Desktop verwendet werden soll oder nicht.

Die schon seit einigen Monaten in jedem STemulator enthaltene "Mint-Directory-Funktion", die die langen Dateinamen von Windows an das Atari-System weitergibt, kann nun Dank des Einsatzes von Thing auch endlich genutzt werden.

Alles in allem erweist sich Thing als die optimale Ergänzung zum Stemulator, denn neben der Frage der modernen Optik enthält Thing eine Reihe von Funktionen, die das tägliche Arbeiten mit Atari-Software mindestens ebenso modern und komfortabel gestalten wie das Arbeiten mit Windows-Systemen. Wenn Sie z.B. den Font für die Darstellung in den Fenstern verändern wollen, öffnen Sie einfach die Fontauswahl-Box von Thing, suchen sich einen Font aus und ziehen diesen mit Hilfe der Maus lediglich auf ein geöffnetes Fenster (siehe Titelbild 1).

Aber auch die kontextsensitive Unterstützung der rechten Maustaste macht das Arbeiten unter größeren Auflösungen einfacher, denn wenn z.B. ein Dateiname geändert oder eine Datei-Information angezeigt werden sollen, reicht es nun, die rechte Maustaste zu betätigen, um die entsprechenden Optionen angezeigt zu bekommen.

Fazit

Wenngleich es in der Vergangenheit nur geringe Versionssprünge gab, sind die Entwickler des STemulator nicht tatenlos gewesen. Die GOLD-Version ist die logische Weiterentwicklung eines beliebten Produktes. Aus monetärer Sicht ist als positiv zu bemerken, daß der Käufer nach wie vor entscheiden kann, ob er die GOLD-Version wirklich benötigt oder ob er mit dem einfachen Funktionsumfang, die ihm in der GOLD-Version 1.4 geboten wird, klarkommt. Die Tatsache, daß der STemulator GOLD nun kein NVDI mehr benötigt und daß die Druckausgabe für den Fall, daß ein GDOS-Treiber vorhanden ist, auf jedem beliebigen Windows-Drucker erfolgen kann, ist sehr bemerkenswert. Damit hat sich dieses Produkt in einem dicht umdrängten Markt mit einer Reihe von Mitstreitern wieder eine Sonderstellung erarbeitet.

Aber auch viele kleine Schmankerl machen den STemulator wertvoll. So z.B. die Tatsache, daß man durch Bestätigen von "ALT+Fll" den aktuellen Bildschirminhalt als BMP-File abspeichem kann, um auf diese Weise schnell an ein Screenshot eines Atari-Programmes zu gelangen.

Hinsichtlich der Kompatibilität gibt es keine nennenswerten Einschränkungen, wobei angemerkt werden sollte, daß die kommerziellen Emulatoren in diesem Punkt alle ein vergleichbar hohes Niveau erreicht haben und sich kaum noch voneinander unterscheiden. Lediglich die Midi-Schnittstelle wird nach wie vor nicht unterstützt. Aber vielleicht tut sich in einem der nächsten Updates ja etwas.

Preis: STemulator GOLD: 99,- DM
Update von >= 1.20: 39,- DM
Update von <1.20: 49,- DM
STemulator PRO: 69,- DM

Bezugsquelle:

Falke Verlag Moorblöcken 17 24149 Kiel

Wir möchten Sie darauf hinweisen, daß das hier vorgestellte Produkt aus dem Hause der Redaktion "ST-Computer" stammt.



Aus: ST-Computer 11 / 1998, Seite 51

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